Über Ulm
Ulm ist eine Universitätsstadt in Baden-Württemberg und liegt an der Donau, am südöstlichen Rand der Schwäbischen Alb. Die Stadt hat über 120.000 Einwohner, bildet einen eigenen Stadtkreis und ist darüber hinaus Sitz des Landratsamtes des Alb-Donau-Kreises. Nächste größere Städte sind Augsburg und München im Südosten, etwa 70 km beziehungsweise 130 km entfernt, und Stuttgart im Nordwesten, etwa 90 km entfernt.
Ulm ist nach dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg eines von insgesamt 14 Oberzentren des Landes und bildet mit Neu-Ulm (zusammen über 170.000 Einwohner) eines der länderübergreifenden Doppelzentren Deutschlands. Ulm ist die größte Stadt im Regierungsbezirk Tübingen und der Region Donau-Iller, zu der auch Gebiete des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben gerechnet werden.
Die Stadt ist bekannt für ihr gotisches Münster, dessen Kirchturm mit 161,53 Metern der höchste der Welt ist. Weiterhin bemerkenswert ist die lange bürgerliche Tradition Ulms mit der ältesten Verfassung einer deutschen Stadt und einem Stadttheater, dessen Anfänge bis ins Jahr 1641 zurückreichen. In der Vergangenheit war Ulm Ausgangspunkt der Auswanderung der Donauschwaben, die donauabwärts mit sogenannten Ulmer Schachteln in ihre neuen Heimatländer im Südosten Europas fuhren.
Ulm, erstmals urkundlich genannt am 22. Juli 854, war Königspfalz und Freie Reichsstadt, ab 1802 bayerisch, ist seit 1810 württembergisch und seitdem getrennt von seinem Gebiet rechts der Donau, das bei Bayern blieb und auf dem sich die Stadt Neu-Ulm entwickelte. Als berühmtester Sohn der Stadt gilt Albert Einstein, der 1879 hier geboren wurde.
Die Stadt Ulm liegt auf einer mittleren Höhe von 479 m ü. NN (Messpunkt: Rathaus). Das Stadtgebiet ist geographisch reich gegliedert und reicht von 459 m ü. NN (Donauufer) bis 646 m ü. NN (Klingensteiner Wald). Das historische Stadtzentrum liegt ungefähr zwei Kilometer unterhalb (östlich) der Einmündung der Iller an der Mündung der Blau in die Donau. Die Stadt liegt am südlichen Rand der Ulmer Alb (Teil der mittleren Flächenalb) und der Hochfläche des durch das ehemalige Tal der Urdonau (Blau-, Ach- und Schmiechtal) hiervon nach Süden abgetrennten, so genannten „Hochsträß“. Die durch kleinere oder größere Täler voneinander abgetrennten Erhebungen von Hochsträß und Alb (von West über Nord nach Ost: Galgenberg, Kuhberg, Roter Berg (Hochsträß), Eselsberg, Kienlesberg, Michelsberg, Safranberg (Ulmer Alb)) umgeben im Westen, Norden und Osten das Stadtzentrum. Im Süden wird dieses durch den Lauf der Donau begrenzt.
Das Stadtgebiet Ulms erstreckt sich größtenteils nördlich der Donau, die hier für einige Kilometer die Landesgrenze zwischen den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern, mit der auf dem südlichen Donauufer gelegenen, bayerischen Schwesterstadt Neu-Ulm bildet. Im Westen, Norden und Osten greift das Stadtgebiet mit den Teilorten Harthausen, Grimmelfingen, Einsingen, Ermingen, Allewind und Eggingen auf die Hochflächen des Hochsträß, mit Lehr, Mähringen und Jungingen auf die Hochflächen der Ulmer Alb aus. Westlich des Stadtzentrums liegt der Teilort Söflingen südlich der Blau am Rande des Hochsträß. Der Teilort Böfingen schließt nordöstlich an das Stadtzentrum an und liegt an den Hängen der Alb nördlich der Donau. Lediglich oberhalb der Mündung der Iller in die Donau greift das Stadtgebiet Ulms mit den Stadtteilen Wiblingen, Gögglingen, Donaustetten und Unterweiler auf die südwestlich von Donau und Iller gelegenen Flussauen und Schwemmterrassen der Donau und Iller aus.
Zahlreiche, teils international bedeutsame prähistorische Funde aus nahezu allen Epochen der europäischen Ur- und Frühgeschichte in nächster Nähe Ulms weisen darauf hin, dass die Gegend Ulms bereits in vorrömischer Zeit am Schnittpunkt mehrerer überregional bedeutsamer Verkehrs- und Handelswege lag. Eine wichtige Rolle für Ulm als zentralen „Verkehrsknotenpunkt“ nahmen und nehmen dabei bis heute die Flüsse Donau und Iller, sowie der zwischen Ulm und Geislingen besonders leicht zu bewältigende Übergang über die Schwäbische Alb mittels der von Süden und Norden weit in die Albhochfläche einschneidenden Täler von Blau, Kleiner Lauter, Lone, Brenz, Kocher und Fils ein.
Die nahe Ulm zwischen den römischen Kastellen Unterkirchberg und Burlafingen bzw. Nersingen verlaufende Römerstraße und das am hiervon nach Norden abzweigenden Römerweg ins Filstal in Lonsee-Urspring gelegene Kastell Ad Lunam sowie der überaus dichte Nachweis römischer Fundplätze und Gutshöfe auf der Ulmer Alb unterstreichen die strategisch wie verkehrsgeographisch wichtige Lage des Ulmer Gebietes bereits in der Antike.
Die aus dem 6. und 7. Jahrhundert n. Chr. stammenden, teils mit Importgütern aus dem Ostsee- und Mittelmeerraum ausgestatteten Bestattungen des großen alamannen- bzw. merowingerzeitlichen Gräberfeldes am Kienlesberg (unmittelbar nordwestlich des Stadtzentrums), sowie die frühmittelalterliche karolingische Königspfalz auf dem Weinhof bzw. im Bereich des Hl. Geist Spittals (urkundlich erstmals erwähnt 854 n. Chr.) unterstreichen die herausragende Lage Ulms als strategisch bedeutsamer Verkehrsknotenpunkt auch während des Frühen Mittelalters.
Dank seiner Lage am Knotenpunkt mehrerer internationaler Handels- und Pilgerrouten zu Lande und zu Wasser stieg Ulm während des Hoch- und Spätmittelalters als freie Reichsstadt zu einem der führenden Handels- und Kunstzentren Süddeutschlands auf. Bereits im Spätmittelalter unterhalten Ulmer Kaufleute ein dichtes Netz von Handelskontakten, welches von Skandinavien bis nach Nordafrika, von Syrien bis nach Irland und darüber hinaus reicht. Wichtigste Beispiele für Handels- und Pilgerrouten sind hier insbesondere die Verbindungen: Östlicher Ostseeraum/Russland – Danzig – Krakau – Prag – Nürnberg – Ulm – Konstanz – Venedig/Mailand – Rom; Westliches Skandinavien/Norddeutschland/Niederlande – Köln – Frankfurt – Heilbronn – Esslingen – Ulm – Konstanz – Frankreich/Italien; Paris – Dijon – Straßburg – Freiburg – Ulm – Regensburg – Wien – Budapest – Belgrad – Konstantinopel/Istanbul), sowie der international bedeutsame Pilgerweg nach Santiago de Compostela zum Grab des Heiligen Jakobus (Jakobsweg), welcher von Krakau über Prag nach Nürnberg, Ulm, Konstanz, Basel, Dijon und Vézlay nach Santiago de Compostela (Spanien) führte.
Ab dem späten 17. Jahrhundert wurde Ulm zum zentralen Sammlungsort für meist (aber nicht immer) schwäbische Auswanderer, welche in den neueroberten Gebieten des Habsburgischen und Russischen Reiches in Südosteuropa und im Südlichen Russland angesiedelt wurden.
Eine erste Auswanderungswelle erreichte zwischen dem späten 17. und Mitte des 18. Jahrhunderts auf Ulmer Schachteln die neueroberten Länder des Habsburgischen Reiches in südöstlichen Europas. In ihren neuen Siedlungsgebieten im heutigen Rumänien, Ungarn und Serbien, entstanden die Volksgruppen der Ungarndeutschen und/oder Donauschwaben.
Eine zweite Auswanderungswelle folgte Anfang des 19. Jahrhunderts. Von 1804 bis 1818 gelangten tausende Auswanderer auf dem Wasserweg ins Mündungsgebiet der Donau (Dobrudscha) im heutigen Bulgarien und Rumänien, sowie nach Bessarabien (heutiges Moldavien) ans nördliche Schwarze Meer (heutige Süd-Ukraine) und von dort nach Süd-Russland insbesondere in das Gebiet des Kaukasus. Die zumeist schwäbisch-stämmigen Auswanderer schifften sich in Ulm auf Flößen und Ulmer Schachteln ein und fuhren die Donau abwärts bis zu deren Mündung ins Schwarze Meer bei Ismajil. Reiseerzählungen berichten von äußersten Strapazen der Auswanderer während der rund 2.500 Kilometer langen Fahrt. Zahlreiche Unglücksfälle, und nach dem Genuss von verschmutztem Flusswasser und aufgrund schlechtester hygienischer Bedingungen in der drangvollen Enge der meist überfüllten Boote ausbrechende Krankheiten forderten zahllose Todesfälle. Ergebnis dieser zweiten großen donauabwärts gerichteten Auswanderungsbewegung waren die Volksgruppen der Dobrudschadeutschen, Bessarabiendeutschen, Schwarzmeerdeutschen, und Kaukasiendeutschen.
Durch diese Auswanderungswellen wurden die bereits vor dieser Zeit vorhandenen engen Kontakte Ulmer Kaufmanns- und Schifferfamilien in diesen Raum nachhaltig verstärkt. Nach der Vertreibung der Ungarndeutschen und Donauschwaben aus Serbien und Ungarn in Folge des Zweiten Weltkrieges sowie einer nach 1990 einsetzenden Auswanderungswelle von Donauschwaben aus Rumänien siedelten sich diese häufig in den ehemaligen Herkunftsgebieten ihrer Vorfahren an. Hierdurch entstand seit den späten 1940er Jahren rund um Ulm eine starke donauschwäbische Gemeinde. Heute bezeugen mehrere im Stadtgebiet aufgestellte Denkmäler, welche an Geschichte und Vertreibung der Donauschwaben erinnern, das im Jahr 2000 in den Räumen der Oberen Donaubastion (Bundesfestung Ulm) eröffnete Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) und zahlreiche Städtepartnerschaften und Kooperationsprojekte mit Gemeinden und Städten entlang der Donau die enge Verbindung Ulms mit den Donauschwaben und Südosteuropa.
Die seit dem Mittelalter kontinuierlich gewachsenen, weitgespannten geistigen wie kommerziellen Verbindungen Ulms spielen auch heute noch im Bewusstsein vieler Ulmer als Basis gegenwärtigen und zukunftsorientierten Denkens und Handelns eine zentrale Rolle. Sie werden sehr bewusst als Teil der eigenen Geschichte und Identität gepflegt. Die Beispiele hierfür sind zahlreich: So wurde 1997 der historische Jakobsweg als Zeichen der europäischen Einigung auch in der seit 1531 mehrheitlich protestantischen Stadt Ulm durch internationale Wegzeichen neu kenntlich gemacht und wird seither von Pilgern rege begangen. Zwischen Ulm und Konstanz nennt sich der Weg „Oberschwäbischer Jakobsweg“, der nach dem Bodensee als Schwabenweg fortgeführt wird. Das seit 1998 alle zwei Jahre stattfindende internationale Donaufest mit Vertretern aller Donauanrainerstaaten, die kürzlich gegründete DonauAkademie, der „lebende Kreuzweg“ der großen italienischen Gemeinde oder ein alljährlich stattfindendes „französisches Weinfest“ unterstreichen die engen und über Jahrhunderte hinweg gewachsenen und im Alltag gelebten gegenseitigen Verbindungen.
Das Stadtgebiet von Ulm ist in 18 Stadtteile eingeteilt: Mitte, Böfingen, Donaustetten, Donautal, Eggingen, Einsingen, Ermingen (mit Allewind und Schaffelkingen), Eselsberg, Gögglingen, Grimmelfingen, Jungingen, Lehr, Mähringen, Oststadt, Söflingen (mit Harthausen), Unterweiler, Weststadt und Wiblingen. 9 Stadtteile, welche im Zuge der jüngsten Gemeindereform in den 1970er Jahren eingemeindet wurden (Eggingen, Einsingen, Ermingen, Gögglingen-Donaustetten, Jungingen, Lehr, Mähringen und Unterweiler) verfügen über eigenständige Ortschaftsräte, welche eine wichtige Beraterfunktion des Gesamtstadtrates zu die Stadtteile betreffenden Angelegenheiten wahrnehmen.
Im frühen Mittelalter, wohl um 850, wurde Ulm zur Königspfalz. Die erste urkundliche Erwähnung datiert vom 22. Juli 854. König Ludwig der Deutsche besiegelte eine Urkunde in „Hulma“. Der Name ist ein germanischer oder vorgermanischer Gewässername (indogermanische Wurzel *uel: drehen, winden, wälzen oder *el-/*ol-: fließen, strömen, feucht sein, modrig sein), der auf einen Zusammenhang mit der Mündung der Blau in die Donau deutet.[5] Ulm war in den nächsten 50 Jahren ein wichtiger Pfalzort, was sich in den zahlreichen Königsbesuchen widerspiegelt.
Der Große Schwörbrief, die Ulmer Verfassung, trat 1397 in Kraft, nachdem der Kompromiss des Kleinen Schwörbriefs „immer unbefriedigender wurde“.[10] Er regelte die Machtverteilung und die Aufgaben des Bürgermeisters. Die Zünfte hatten nun 30, die Patrizier nur noch 10 Ratssitze. Gleichzeitig wurde den Patriziern das aktive Wahlrecht verweigert. Der Bürgermeister musste den Einwohnern Rechenschaft ablegen. Der Schwörmontag (vorletzter Montag im Juli) ist seither ein Ulmer Feiertag.
Ihren wirtschaftlichen wie kulturellen Höhepunkt erreichte die Stadtentwicklung um 1500: Ulm besaß das nach Nürnberg zweitgrößte reichsstädtische Territorium auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Drei Städte (Geislingen, Albeck und Leipheim) sowie 55 Dörfer gehörten zum Gebiet. Die Stadt war wichtiger Umschlagplatz für Eisen, Textilwaren, Salz, Holz und Wein. Gleichzeitig entwickelte sich Ulm seit Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten Kunstzentren Süddeutschlands. Kunstwerke aus Ulmer Produktion (vor allem aufwändig gestaltete Skulpturen und Flügelaltäre) wurden weit über die Stadtgrenzen hinaus zu „Exportschlagern“ und bis nach Wien, Sterzing (Südtirol) und die Niederlande gehandelt. Aus dieser Zeit stammt auch der Reim, der die Stellung der Stadt in der damaligen Welt untermauerte:
- Venediger Macht,
- Augsburger Pracht,
- Nürnberger Witz,
- Straßburger Geschütz,
- und Ulmer Geld
- regier’n die Welt.
Mit dem Ulmer Geld im Vers ist neben dem in Ulm geprägten und von Ulmer Handelsleuten und Bankiers reichlich verwendeten Münzgeld auch das gemeint, was den eigentlichen Reichtum Ulms ausmachte – das Barchent, ein Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen. Das nach strengster Prüfung mit dem Ulmer Siegel versehene Barchent bürgte für eine so außergewöhnlich hohe Qualität, dass es, da in ganz Europa begehrt, so gut wie Geld war.
Im Laufe der nächsten Jahrhunderte wurde der einstige Reichtum der Stadt durch weitere Kriege, besonders während des Dreißigjährigen Krieges und des Spanischen Erbfolgekrieges, durch verheerende Seuchen, Reparationszahlungen und Erpressungen verschiedenster Belagerer und Besatzer derart verringert, dass die Stadt um 1770 bankrott war und weiteren Grund (Herrschaft Wain) veräußern musste.
Am 14. Oktober 1805 fand nahe Ulm bei Elchingen eine entscheidende Schlacht der napoleonischen Kriege statt (Schlacht von Elchingen) die zur Schlacht von Ulm am 16. bis 19. Oktober führte, aus der Napoleon als Sieger herausging. Nachdem Marschall Ney (Michel Ney, als Herzog von Elchingen und Fürst von der Moskwadie) die Österreicher vernichtend geschlagen hatte, zogen sich diese nach Ulm zurück, wo sie belagert wurden und kurz darauf kapitulierten. Damit war für Napoleon der Weg nach Osten frei für die Entscheidungsschlacht gegen die Russen und Österreicher bei Austerlitz. 1810 gelangte Ulm durch einen bayerisch-württembergischen Gebietsaustausch an das Königreich Württemberg. Für Ulm hatte der Übergang an Württemberg schwerwiegende und bis heute andauernde Folgen. Zwar kam der weitaus größere Teil des ehemaligen reichsstädtischen Territoriums nördlich der Donau mit Ulm an Württemberg, unterlag jedoch zu großen Teilen nicht mehr direkter Ulmer Verwaltung, sondern wurde anderen Ämtern- und Oberämtern (v.a. Geislingen, das vorher selbst zum Ulmer Gebiet gehört hatte) zugeschlagen. Der kleinere, aber für Ulm wirtschaftlich wichtigere südliche Teil des vormaligen Ulmer Territoriums blieb bayerisch, wurde „Ausland“ und bildete den Grundstock der künftigen Stadt Neu-Ulm.
1811 sollte Albrecht Ludwig Berblinger „der Schneider von Ulm“ anlässlich des Antrittsbesuchs des württembergischen Königs in der Stadt das von ihm entworfene Fluggerät vorführen. Nach Aussage von Augenzeugen absolvierte Berblinger im Bereich des oberen Michelsbergs mit seinem Fluggerät erfolgreich mehrere Gleitflüge von mehreren Dutzend Metern „über Wiesen und Gärten“. Ungünstigerweise sollte Berblinger seine Flugkünste nun nicht dort, sondern am hohen Ufer der Adlerbastei nahe der Herdbrücke präsentieren. Berblinger scheute die Demonstration, weil er richtigerweise die dort herrschende Thermik als für Flugversuche extrem ungünstig einschätzte. Am Tag darauf, der König war nicht mehr anwesend, dafür aber sein Sohn, stand der Ulmer Flugpionier wieder am Start. Einem Ondit zufolge soll der immer noch zögernde Berblinger von der Adlerbastei gestoßen worden sein und landete, statt am bayerischen Ufer, in der Donau. Neuzeitliche Flugwettbewerbe zeigten denn auch, dass die für die Flugvorführung Berblingers gewählte Stelle in jedem Falle für das Hinübergleiten mit nichtmotorisierten Fluggeräten sehr problematische Bedingungen bietet. Für Albrecht Berblinger hatte die gescheiterte Flugvorführung verheerende Folgen. Weit über Ulm hinaus wurde er zur lächerlichen Witz-Figur und war dem Spott seiner Zeitgenossen schutzlos preisgegeben. Er selbst gab verbittert seine Experimente auf, zog sich zurück und starb verkannt und völlig verarmt. Inzwischen ist (zumindest in Ulm) die Ehre Berblingers als einem der ersten Flugpioniere wiederhergestellt. Neben den zeitgenössischen Berichten haben auch moderne Nachbauten von und Versuche mit Berblingers Fluggerät eindeutig bewiesen, dass es tatsächlich flugtauglich war und sich mit ihm bei guter Thermik beachtliche Strecken zurücklegen lassen.
Folge dieser Belebung war eine stark ansteigende Einwohnerzahl und die Gründung zahlreicher Wirtschafts- und Industrieunternehmungen. So entdeckte der Ulmer Apotheker Ernst Gustav Leube die seit der Spätantike vergessene Kunst der Zementherstellung neu, und gründete 1838 mit seinen Brüdern, Dr. Wilhelm und Julius Leube, die erste Zementfabrik Deutschlands. Conrad Dietrich Magirus, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ulm, beschäftigte sich mit der Konstruktion von Gerätschaften zur Feuerbekämpfung. Er gilt als Erfinder der fahrbaren Feuerleiter. 1864 wurde Magirus Kommanditist der neu gegründeten Gebr. Eberhardt offene Handels- und Kommanditgesellschaft, die Feuerwehrgeräte herstellte und vertrieb. Nach Unstimmigkeiten zwischen Magirus und den Gebrüdern Eberhardt gründete Magirus dann 1866 seine eigene Firma, der er den Namen Feuerwehr-Requisiten-Fabrik C. D. Magirus gab. 1893 gründete Karl Kässbohrer senior, Spross einer alten Ulmer Fischer- und Schifferdynastie die Wagenfabrik Kässbohrer. Ab 1910 wurden dort erstmals Karosserien für Personenwagen-Fahrgestelle in Serie gefertigt. Auch erhielt die Firma das erste Patent für einen kombinierten Omnibusaufbau für Personen- und Gütertransport. 1922 entwickelte Kässbohrer den ersten Lastwagen-Anhänger.
Eine bedeutende Rolle für die Entwicklung Ulms und Neu-Ulms spielten auch die seit Mitte des 19. Jahrhunderts stationierten Truppen der Bundesfestung. So zählte Ulm 1913 60.000 Einwohner, davon über 10.000 Soldaten. Die tolerant-reichsstädtisch geprägten Ulmer waren kriegerischen Handlungen und dem Militär an sich nicht besonders zugetan. Selten hatte Krieg in der Geschichte der Stadt Gutes gebracht. Die Abneigung der Ulmer gegen alles allzu Militärische zeigte sich z. B. darin, dass die Reichsstadt bereits sehr früh große Teile der Verteidigung der Stadt auswärtigen Söldnern überließ, für die entlang der Stadtmauer eigens die sog. „Grabenhäuschen“ gebaut wurden.
Der Erste Weltkrieg und die folgende Weltwirtschaftskrise traf Ulm besonders hart, da die Wirtschaftsunternehmen der Stadt stark exportorientiert ausgelegt und als vormalige Rüstungsunternehmungen überdies direkt von Reparationsforderungen und Herstellungsbeschränkungen des Versailler Vertrages betroffen waren.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, welche bereits seit den späten 1920er Jahren in Ulm hohe Stimmenanteile verbuchen konnten, wurde von 1933 bis 1935 am Oberen Kuhberg, in einem der Festungswerke der Bundesfestung, ein KZ, vorwiegend für politische Gefangene aus Württemberg eingerichtet. Darunter befand sich auch Kurt Schumacher. Am 22. April 1934 gaben Vertreter der evangelischen Kirche aus ganz Deutschland im Münster die Ulmer Erklärung ab, in der sie sich offen gegen Hitler wandten. In der „Kristallnacht“ (9./10. November 1938) brannte auch die Ulmer Synagoge Am Weinhof 2. Sie wurde aber nicht ein Opfer des Brandes selbst, der kaum einen Schaden verursachte, sondern vielmehr des durch die Stadtregierung angeordneten Abrisses danach. Am Treppenabgang der Sparkasse Neue Straße 66 erinnert eine Gedenktafel an die verfolgten und in der Shoa ermordeten Ulmer Juden und ihr Gotteshaus. Fast an der selben Stelle wird in Ulm nun eine neue Synagoge gebaut.
Die zu großen Teilen zerstörte Innenstadt Ulms wurde in den Jahrzehnten nach Kriegsende wieder aufgebaut. Die Frage, ob der Wiederaufbau historisch oder modern erfolgen sollte, führte zu heftigen Auseinandersetzungen. Der größte Teil der Stadt wurde im Stil der Fünfziger- und Sechzigerjahre wiederaufgebaut.
1953 begann die Geschichte der für die Fünfziger- und Sechzigerjahre stilbildenden, inzwischen aber wieder geschlossenen Hochschule für Gestaltung. Eine Ingenieurschule eröffnete 1960 ihren Lehrbetrieb und ging 1972 in der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik auf. Ein wichtiger Impuls für die Stadt war die Gründung der Universität Ulm (1967), der 1982 das aus bisher städtischen Kliniken gebildete Universitätsklinikum angeschlossen wurde.
2004 feierte die Stadt gleich mehrere bedeutende Ereignisse: Zum einen den 1150. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung von Ulm, zum anderen den 125. Geburtstag von Albert Einstein, der am 14. März 1879 in der heutigen Bahnhofstraße geboren wurde. Die Familie zog allerdings bereits kurz nach der Geburt Alberts 1880 nach München. An der Stelle seines Geburtshauses steht heute eine Skulptur zu Ehren des prominenten jüdischen Sohnes der Stadt, der von den NS-Machthabern ausgebürgert wurde.