Ulm News, 21.07.2021 14:58
Ulmer Straßenbahn nach 111 Jahren aufgefrischt
Der historische Ulmer Straßenbahnwagen 16, der vielen als Bierbähnle bekannt ist, wurde in der umfangreich renoviert. Am Mittwoch wurde der frisch restaurierte Wagen, der nun noch mehr dem Ursprungszustand entspricht, der Öffentlichkeit in Ulm vorgestellt.
Text/Fotos: Thomas Heckmann
André Dillmann, Geschäftsführer der SWU Verkehr, weiß, wie seine Fahrgäste denken: „Die Ulmer lieben ihrer Straßenbahn, das spürt man auch“. Daher ist es für den Geschäftsführer auch eine Selbstverständlichkeit, die Geschichte zu pflegen. Da während der Corona-Pandemie in dem nur acht Meter langen Fahrzeug keine Fahrten mit ausreichend Abstand möglich waren, haben die Werkstattmitarbeiter unter der Leitung von Jürgen Späth die Zeit für eine Renovierung genutzt. Um das undichte Dach reparieren zu können, mussten der Stromabnehmer und die Bremswiderstände abgebaut werden. Bei dieser Gelegenheit wurden gleich einige Abdeckungen verbessert. Gleichzeitig diente die historische Straßenbahn als Prüfungsobjekt für einen angehenden Industriemechaniker. Er musste defekte Teile nach alten Zeichnungen neu anfertigen. Durch den Tausch von Seitenteilen wurde auch eine Neulackierung notwendig, dabei hat man die Gestaltung noch mehr dem Originalzustand angenähert. Die bisherige Werbung an den Wagenseiten wurde wie in den 1950er Jahren auf Dachwerbeschilder verlegt. Wie es sich für ein Bierbähnle gehört, blieb dabei die Brauereiwerbung erhalten.
Gold-Ochsen-Geschäftsführerin Ulrike Freund hat seit Jahrzehnten diese Werbefläche gemietet und beweist damit ihre lokale Verbundenheit. Neben dem Ulmer Wappen auf der Fahrzeugseite gibt es nun auch neue Blinker. Statt den nüchternen Blinkleuchten aus den 1980er Jahren gibt es nun blinkende Lampen, die fast schon wie Wandleuchten aussehen. Und dazu gab sogar die technische Aufsichtsbehörde ihre Zustimmung. Auch die alten Zielschilder „Söflingen – Friedrichsau und zurück“ sind verschwunden, denn der Partywagen kann auf beiden Linien nach den Wünschen der Fahrgäste unterwegs sein. Gemietet werden kann das Fahrzeug so wie drei weitere historische Triebwagen über die Ulm/Neu-Ulm-Tourismus, was vor Corona rund 180 Mal pro Jahr passierte.
Dabei können auch Gästeführer und natürlich Verpflegung mit gebucht werden. Gefahren werden die Fahrzeuge dann von einem Team aus 15 der knapp 100 Ulmer Straßenbahnfahrer. „Hier fährt man nach Gehör“ beschrieb Dillmann das gänzlich andere Fahren des 111 Jahre alten Fahrzeuges im Vergleich zu den modernen Avenios. Statt einfach nur zu beschleunigen, muss man im alten Fahrzeug von Hand die Schaltstufen wählen und dabei nicht zu schnell beschleunigen, denn dann können sogar Straßenbahnräder durchdrehen.
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