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Versuchter Mord, oder Gewalt in der Beziehung?
In Handschellen und mit Fußfesseln wird am Dienstagmorgen der 41-jährige Krystian K. In den Gerichtssaal geführt. Vor dem Ulmer Landgericht muss sich der 41-jährige wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlags verantworten.
Die Tatbeschreibung der Staatsanwaltschaft wiegen schwer. So soll der Mann im Mai vergangenen Jahres gegen zwei Uhr morgens seine damalige Partnerin im Streit gewürgt und ins Gesicht geschlagen haben. Als sie sich nicht mehr bewegte, ging er davon aus, dass sie tot sei und er rief dann den Rettungsdienst und die Polizei an. Die 49-jährige Frau überlebte den Angriff und kam in ein Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann daher versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.
Nach der Verlesung der Anklageschrift sagt der Krystian K. umfangreich aus, versucht jede Frage des Gerichts zu beantworten, auch wenn alles Satz für Satz zwischen deutsch und polnisch hin- und herübersetzt werden muss. Am Tattag hat K. Eine neue Arbeit gefunden und hat sich zur Feier des Tages eine Flasche Wodka gekauft. Diese hat er binnen drei Stunden zur Hälfte geleert, seine Partnerin hat währenddessen Wein getrunken. Gegen Mitternacht haben sich beide ins Bett gelegt, um zwei Uhr morgens wurde er zum zweiten Mal von seiner Partnerin aus dem Bett getrampelt. Es entwickelte sich ein Streit und nachdem sie ihm auf polnisch „Verpiss Dich!“ entgegen schrie, packte er sie am Hals und schlug ihr mit der Hand mehrfach heftig ins Gesicht.
Als sie dann regungslos auf dem Bett liegen blieb, dachte er, dass sie tot ist. Er zog sich seine Schuhe an, hörte sie röcheln und ging dann vor das Haus, um über den Notruf 112 Rettungsdienst und Polizei anzufordern. „Ich wollte sie nicht töten!“ erklärte der Angeklagte dem Gericht, doch das führte zu Nachfragen, warum er sein Opfer dann nicht reanimiert hat, erklärte er, dass er Angst hatte, die Situation zu verschlechtern. Zum Tatzeitpunkt war Krystian K. Mit mehr als 1,4 Promille alkoholisiert.
Die Polizei nimmt den Mann fest, nach einer Erstversorgung durch den Notarzt kommt die Frau in ein Krankenhaus und muss dort vier Tag bleiben.
Die Beziehung zwischen den beiden bestand seit rund einem Jahr, doch immer wieder zu Streit. Konflikte gab es wohl immer dann, wenn das Geld aus war. Doch Streit gab es auch, wenn sie betrunken Auto gefahren ist oder Diebstähle begangen hatte. Auch sie ist gegen ihn tätlich geworden. Als sie einen Teller auf seinem Kopf zerschlug, erhielt sie ein zehntägiges Annäherungsverbot.
Die Überraschung bringt dann das Gutachten der Ärztin, die die pathologische Untersuchung am Opfer vornahm. Sie listete sämtliche Verletzungen am Körper des Opfers auf, darunter ältere blaue Flecke an Armen und Beinen. Mindestens sieben heftige Schläge trafen den Kopf und führten zu Schwellungen, blauen Flecken und einer blutenden Wunde an der Augenbraue. Einblutungen gab es an der Lippe und in den Augen. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters gab sie dann an, bei den Schlägen gegen den Kopf „ist von keiner Lebensgefahr auszugehen“.
Die deutlich sichtbaren Einblutungen am Hals wurden durch die zweite Hand des Täters verursacht, doch die Fachärztin bewertete die Verletzungen als „eher ein Haltegriff als ein Würgegriff“ ein, zumal das Opfer nicht von Schluckbeschwerden sprach, die auf ein Würgen hindeuten.
Die vom Täter erkannte Bewusstlosigkeit des Opfers ordnete sie als Bewusstseinstrübung ein, die möglicherweise im Zusammenhang mit einer Alkoholisierung des Opfers steht.
Weitere Aussagen machten Polizisten, die am Tatort im Einsatz waren. Sie berichteten von einem Blutfleck auf dem Bettlaken und Blutspuren in der Wohnung. Für den Dienstag nächster Woche ist das Opfer als Zeugin geladen. Der Prozess wird soll vier Verhandlungstage in Anspruch nehmen und wird am Freitag fortgesetzt, ein Urteil soll noch in diesem Monat fallen.
Text/Fotos: Thomas Heckmann