Ulm News, 06.10.2024 22:57
Wie Düfte den Menschen beeinflussen

Der Duft nach frischgebackenem Brot, heißem Kaffee oder alten Büchern weckt bei vielen Menschen positive Emotionen - auch in der Region Ulm. Doch Düfte können – beispielsweise bei einem Trauma – auch mit negativen Gefühlen verknüpft sein.
Mit 350 Geruchsrezeptoren kann der Mensch bestimmte Kombinationen der Geruchsmoleküle unterscheiden. Der Handel spielt mit dieser Fähigkeit, indem er spezielle Raumdüfte in Supermärkten und Co. einsetzt. Orangendüfte animieren zum Beispiel zum Kauf und können dazu beitragen, dass die Umsatzzahlen steigen.
Der Grund: Menschen denken selten über Gerüche nach. Stattdessen nehmen sie sie unterbewusst wahr und lassen sich anschließend von ihren Emotionen leiten. Die Ausnahme bilden Gerüche, die nicht zu einem Raum oder einem Produkt passen wollen. So lösen sehr intensive, als unangenehm empfundene oder fehlplatzierte Düfte wie eine nach Leder riechende Kunstlederjacke Zweifel aus.
Doch wie werden Düfte im Handel konkret verwendet? Wie stark beeinflussen Düfte Verbraucher tatsächlich und in welchen Situationen warnen Düfte den Menschen vor einer Gefahr?
Düfte im Handel – beduftete Produkte, die jedermann ansprechen
Mit Raumdüften aus einem Online Shop für luxuriösen Raumduft sorgen Verbraucher daheim für gute Laune und eine heimelige Atmosphäre. Ein warmer Duft nach Zedernholz im Flur begrüßt Bewohner und Gäste, im Badezimmer vertreibt eine Zitrusduftkerze mit ätherischen Ölen unangenehme Gerüche und das Wohnzimmer durchströmt ein entspannender Duft nach Lavendel.
Auch der Einzelhandel weiß: Düfte beeinflussen die menschliche Psyche und können deswegen gezielt eingesetzt werden, um Umsätze zu steigern. Produkte werden hier künstlich beduftet, um ansprechender zu wirken und das Interesse der Kundschaft zu gewinnen.
In der Obstabteilung im Supermarkt duftet es herrlich frisch – nach einem Zitrus-Raumduft, der an Weihnachten erinnert. In Magazinen werden einzelne Seiten mit einem Duft versehen, um Interesse zu wecken. Und in einer angesagten Boutique steigern die Inhaber ihre Verkaufszahlen durch luxuriöse Gerüche nach Leder, Holz oder Rose.
Verbinden Käufer den Duft von Kokosnuss, Jasmin und Co. mit Urlaubserfahrungen oder Belohnungen aus ihrer Kindheit, steigt die Verweildauer in Geschäften. Sie werden dazu verleitet, mehr zu kaufen als geplant.
Um einen tierischen Instinkt handelt es sich bei der Assoziation von bestimmten Gerüchen jedoch nach neuen Erkenntnissen nicht. Denn Gerüche führen laut Neurowissenschaftlerin nicht zu einer Reaktion, sondern beeinflussen den Menschen lediglich in seiner Entscheidung.
Wie manipulieren Düfte den Menschen?
Das menschliche Gehirn speichert einen Geruch als Sinneseindruck. Sobald Menschen mit diesem erneut in Kontakt treten, erinnert sich der Organismus an positive wie negative Erlebnisse, die in der Vergangenheit mit dem Duft einhergingen.
Wer beispielsweise zu Kriegszeiten gezwungen war, täglich Graupensuppe zu essen, reagiert später unter Umständen mit negativen Emotionen auf den Graupengeruch. Kinder, die eine schöne Zeit im Wintergarten ihrer Tante verbringen, erinnern sich im Erwachsenenalter wahrscheinlich an diese Tage zurück, wenn der Duft nach Blumen in der Luft liegt.
Die Düfte können bis ins hohe Alter intensive Gefühle auslösen. Dabei kann die Ersterfahrung mit dem Geruch Jahrzehnte zurückliegen. Die Vorlieben für Düfte fallen dabei individuell aus und hängen maßgeblich davon ab, mit welchen Erlebnissen Menschen die Düfte verknüpfen.
Bereits Ungeborene nehmen Gerüche im Mutterleib wahr. Ab der 28. Schwangerschaftswoche sind ihre Sinnesorgane so weit ausgebildet, dass sie nicht nur Düfte erkennen, sondern auch die Geruchsvorlieben der Mutter abspeichern können. Sie verknüpfen diese später mit einem positiven Gefühl.
Der Mensch kann mit seinen über 30 Millionen Riechzellen zwar deutlich weniger Gerüche identifizieren als Hunde, die über 300 Millionen Zellen verfügen. Jedoch kann der Mensch mit jeder einzelnen Riechzelle bis zu 20 verschiedene Duftmoleküle wahrnehmen. Die Zuordnung der Düfte erfolgt über Rezeptoren. Mit ihrer Hilfe kann der Mensch bis zu einer Billion Gerüche unterscheiden und mit einer Emotion verknüpfen.
Jede Zelle ist dabei auf bestimmte Gerüche spezialisiert. Sie kann nur diese erkennen und anschließend ein Signal an das Riechhirn senden. Von hier aus wird der Impuls an das limbische System weitergeleitet. Damit wirkt sich das Riechen unmittelbar auf das Gefühlsleben des Menschen aus. Beim Sehen und Hören ist dies nicht der Fall, da diese Wahrnehmungen zunächst den Thalamus passieren.
Düfte werden jedoch nicht nur über die menschliche Nase aufgenommen, sondern auch über das Gewebe. Dadurch können diese das Wachstum der Zellen beeinflussen. So soll Sandelholz die Heilung von Wunden fördern können.
Düfte spielen auch in der Krebsforschung eine zentrale Rolle. Da sie sich positiv auf die Atmung und das Wohlbefinden auswirken können, erforschen Wissenschaftler derzeit den Einsatz von Duftöltherapien. Lavendel beispielsweise enthält Linalool. Linalool kann die Schlafqualität verbessern. Der Duft nach Veilchen soll dazu beitragen können, Prostatakrebs zu bekämpfen.
Rezeptoren im Darm reagieren ebenfalls auf Duftmoleküle. Diese gelangen über die Nahrungsmittel über den Magen in den Darm und setzen hier Serotonin frei. Der Botenstoff kann dieVerdauung verbessern. Duftrezeptoren in der Leber und der Prostata wiederum können bewirken, dass sich Zellen weniger stark teilen. Weshalb dies so ist, ist noch nicht erforscht.
Das körpereigene Warnsystem: Wenn Gerüche Gefahr signalisieren
Eine verdorbene Suppe, Gas in Innenräumen oder Staub: Manche Gerüche warnen den Menschen vor einer Gefahr. Riecht dieser zum Beispiel an der Suppe, ergreift ihn Übelkeit. Nimmt er Erbrochenes über die Nase wahr, steigt der Ekel. Wer es mit dem Alkoholgenuss übertrieben hat, kann am nächsten Morgen weder Gin noch Vodka riechen.
Die Gerüche können wochenlang präsent bleiben und dazu führen, dass Betroffene über einen längeren Zeitraum keine Suppe verspeisen und keinen Alkohol mehr konsumieren können. Dabei handelt es sich um ein körpereigenes Warnsystem, das uns vor unüberlegten Handlungen schützt. Forscher bezeichnen Gerüche deswegen als soziale Signale.
Wie stark jemand auf einen Geruch mit einer negativen Assoziation reagiert, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Im Extremfall können Gerüche sogar Astmaattacken und Kreislaufbeschwerden auslösen.
Damit die Riechfähigkeit bis ins hohe Alter hinein erhalten bleibt, raten Wissenschaftler dazu, täglich an bis zu zehn verschiedenen Gerüchen zu riechen. So werden verschiedene Reize an das Gehirn gesendet. Die Hirntätigkeit wird unterstützt.
In einer Studie mit Senioren konnte obendrein nachgewiesen werden, dass Düfte die Selbstwahrnehmung und das allgemeine Wohlbefinden erhöhen können. Diese lösten Sudokus und wurden dabei mit Düften konfrontiert. Nach dem Testzeitraum fühlten sie sich fitter als vor der Untersuchung.
Das Fazit – Düfte fungieren als soziale Signale
Der Duft nach saftigen Orangen erinnert viele Menschen in Deutschland an Weihnachten – ein Fest der Liebe, der Glückseligkeit und des Friedens. In Kaufhäusern und Supermärkten werden Orangendüfte deswegen gerne verwendet. Sie lösen positive Gefühle in den meisten Kunden aus, animieren zum Kauf und können so zur Umsatzsteigerung beitragen.
Die Gerüche gelten in der Forschung als soziale Signale. Sie lösen keine direkten Reaktionen aus, sondern wirken auf die Entscheidungsfindung ein. Doch nicht alle Gerüche werden mit positiven Erlebnissen verbunden. So kann der Geruch nach Verdorbenem als Warnschuss gelten. Negative Erfahrungen wie der erzwungene Konsum von Spinat als Kind kann dazu führen, dass der Geruch nach dem Gemüse ein Leben lang für Unbehagen sorgt.
Da viele Düfte das Wohlbefinden steigern können, werden ätherische Öle zunehmend in der Krebsforschung thematisiert. Gleichzeitig können Düfte die Duftrezeptoren im menschlichen Körper schulen. Wer häufig positiv assoziierte Gerüche aufnimmt, kann von guter Laune und einer positiven Selbsteinschätzung profitieren.






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