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Ulm News, 13.07.2021 10:54

13. Juli 2021 von Ralf Grimminger
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Holocaust-Überlebende Esther Bejarano ist tot: Die Mahnerin und Musikerin wurde 96 Jahre alt


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Beschreibung: Esther Bejarano bei ihrem beeindruckenden Auftritt vor drei Jahren im Stadthaus in Ulm.

Fotograf: Ralf Grimminger

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Esther Bejarano ist am vergangenen Samstag im Alter von 96 Jahren verstorben. Sie war eine  deutsche jüdische Überlebende des KZ Ausschwitz-Birkenau und spielte im Mädchenorchester von Ausschwitz.  Das Orchester musste zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor und bei Selektionen an den Rampen spielen. Ester Bejarano lebte einige Jahre in Ulm und besuchte das Landschulheim in Herrlingen. Nach dem Krieg hielt die zierliche, nur 1,50 Meter große Frau bis an ihr Lebensende Vorträge, in denen sie an die Verfolgung und die Verbrechen in der NS-Zeit  erinnerte und protestierte gegen Neonazis. Zudem gab sie Konzerte, unter anderem vor drei Jahren im vollbesetzten Stadthaus in Ulm. 

Esther Bejarano war Mitglied des Mädchen-Orchesters im Konzentrationslager Auschwitz. Im Jahr 2018, am 75. Todestag der Ulmer NS-Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl, las Esther Bejarano im ausverkauften Stadthaus in Ulm aus ihren Erinnerungen. Danach trat die starke, damals 94 Jahre alte Frau als Sängerin der HipHop-Gruppe "Mikrophone Mafia" auf. Zu hören gab es jiddische Lieder, deutschen Rap und Arbeiterlieder. Einigen Zuhörern im voll besetzten Stadthaussaal war die Musik etwas zu laut, Esther Bejarano ganz und gar nicht. Es war ein berühender Abend mit einer beeindruckenden, starken und sympathischen alten Frau.

Esther Bejarano wurde im Jahr 1924 als Tochter eines Oberkantors geboren. Daher stammt ihre Liebe zur Musik, sie lernte Klavier zu spielen, was ihr im Konzentrationslager Auschwitz das Leben rettete. 1936 zog sie mit ihrer Familie nach Ulm. Sie besuchte das jüdische Landschulheim in Herrlingen. 1939 musste sie sich von ihren Eltern trennen, um sich in Neuendorf auf die Ausreise nach Palästina vorzubereiten. Doch der Kriegsausbruch machte die Ausreise unmöglich. Ihre Eltern wurden im November 1941 in Kowno von den Nationalsozialisten ermordet, ihre Schwester im Dezember 1942 in Auschwitz. Sie selbst wurde am 20. April 1943 aus einem Berliner Sammellager nach Auschwitz deportiert. Hier musste sie in einem Arbeitskommando zunächst Steine schleppen. Als Mitglieder für das Mädchenorchester gesucht wurden, meldete sie sich als Akkordeonspielerin, ohne jemals ein solches Instrument in der Hand gehabt zu haben. Das Orchester musste zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor spielen oder auch zur Begrüßung der neuen Lagerinsaßen, die oft "direkt ins Gas geschickt wurden", wie Esther Bejarano vor drei Jahren im Stadthaus schilderte. "Die SS befahl uns, am Tor zu stehen und zu spielen, wenn neue Transporte ankamen in Zügen, in denen unzählige jüdische Menschen aus allen Teilen Europas saßen, die auf den Gleisen fuhren, die bis zu den Gaskammern verlegt wurden und die alle vergast wurden. Die Menschen winkten uns zu, sie dachten sicher, wo die Musik spielt, kann es ja nicht so schlimm sein. Das war die Taktik der Nazis. Sie wollten, dass all die Menschen ohne Kampf in den Tod gehen. Wir aber wussten, wohin sie fuhren. Mit Tränen in den Augen spielten wir. Wir hätten uns nicht dagegen wehren können, denn hinter uns standen die SS-Schergen mit ihren Gewehren", berichtete Esther Bejarano das Geschehen in Auschwitz im vollbesetzten Stadthaus. Irgendwie schaffte sie es, in Ausschwitz zu überleben. Konnte sie wegen Schwäche kein Akkordeon spielen, wurde sie als Flötistin eingesetzt und so geschützt. Esther Bejarano wurde weiter ins KZ Ravensbrück deportiert. Auf einem der Todesmärsche der KZ-Häftlinge kurz vor Kriegsende konnte sie zwischen Karow und Pla am See fliehen. Am 3. Mai 1945 erlebte sie in Lübz die Befreiung durch die Rote Armee.
Die kleine, seinerzeit 94 jahre alte Frau erzählte ihre Geschichte im Stadthaus Ulm mit klarer, fester Stimme, ohne sich auch nur einmal zu verhaspeln. 45 Minuten lang berichtete sie, fast emotionlos und ohne Anklage, von den Grauen, das sie und ihre Mithäftlinge erlitten hatte, und gerade deshalb war der Vortrag der starken, mutigen Frau, die so unendlich viel Leid in ihrem leben erfahren hat, so eindrucksvoll und berührend.
Nach der Lesung sang sie als Mitglied der Hiphop-Band Mikrohone Mafia,einer frühen deutsch-türkisch-italienische Rapgruppe, die sich 1989 in Köln formierte. Esther Bejarano sang jiddische Lieder ebenso wie Arbeiterlieder mit großer Inbrunst und Überzeugung.
Esther Bejarano starb am Samstag, 10, Juli, in Hamburg im Kreise ihrer Familie. 



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