Ulm News, 07.07.2021 09:00
Solarer Wasserstoff für die Antarktis
Wie sich am Südpol mit Sonnenlicht Wasserstoff erzeugen lässt und welche Methode dafür am meisten verspricht, hat nun ein Team vom HZB-Institut für Solare Brennstoffe, der Universität Ulm und der Universität Heidelberg untersucht. Ihr Fazit: In extrem kalten Regionen kann es deutlich effizienter sein, die Photovoltaik-Module direkt am Elektrolyseur anzubringen, also thermisch zu koppeln.
Denn die Abwärme aus den PV-Modulen steigert die Effizienz der Elektrolyse. Die Ergebnisse dieser Studie, die nun in Energy & Environmental Science publiziert wurde, sind auch für andere kalte Regionen der Erde interessant, zum Beispiel Alaska, Kanada, oder Hochgebirgsregionen. Dort könnte grüner Wasserstoff fossile Brennstoffe wie Erdöl und Benzin ersetzen.
Als die Umweltphysikerin Dr. Kira Rehfeld, Universität Heidelberg, für ihre Forschung die Antarktis besuchte, fiel ihr dort das intensive Licht auf. „Gerade im Sommer ist es ja immer hell. Diese Sonneneinstrahlung könnte eigentlich genutzt werden, um die Forschungsinfrastruktur mit Energie zu versorgen“, stellt sie fest. Aber bisher werden Generatoren, Motoren und Heizungen in diesen entlegenen Regionen meistens mit klimaschädlichen fossilen Brennstoffen wie Erdöl oder Benzin betrieben, die mit dem Schiff geliefert werden. Neben den damit verbundenen hohen Kosten sind auch Verschmutzungen durch kleinste Leckagen ein großes Problem, die das besonders empfindliche Ökosystem bedrohen. Doch fossile Brennstoffe könnten sich durch Wasserstoff ersetzen lassen, einen vielseitigen Energieträger, der sich zudem sehr gut bei tiefen Temperaturen speichern lässt. „Unsere Idee war daher, mithilfe von Solarmodulen vor Ort während des antarktischen Sommers klimaneutralen Wasserstoff zu produzieren, indem man Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet“, sagt Dr. Matthias May, Leiter der Emmy-Noether-Forschungsgruppe SPECSY an der Universität Ulm, der zuvor als Postdoc am HZB-Institut für Solare Brennstoffe war. Rehfeld und May beantragten Fördermittel bei der VolkswagenStiftung, um zu untersuchen, wie sich auch bei Minustemperaturen mit Sonnenlicht Wasserstoff erzeugen lässt und welche Methode dafür am besten geeignet ist. Denn während Kälte die Effizienz der meisten Solarmodule sogar erhöht, kann sie die Effizienz der Elektrolyse deutlich verringern.
Dr. Matthias May und sein damaliger HZB-Kollege Dr. Moritz Kölbach, der jetzt als Postdoc an der Uni Ulm forscht, haben nun zwei unterschiedliche Ansätze experimentell miteinander verglichen: Einen konventionellen Aufbau, in dem das Photovoltaik-Modul vom Elektrolyse-Behältnis getrennt ist und einen neueren, thermisch gekoppeltem Aufbau, in welchem das Photovoltaik-Modul in engem Kontakt mit der Wand des Elektrolysebehälters steht, so dass ein Wärmeaustausch stattfindet.
Um die antarktischen Bedingungen zu simulieren, besorgte Kölbach einen Gefrierschrank, schnitt ein Fenster in die Tür, das er mit Quarzglas verschloss und bestrahlte das Schrankinnere mit einem Sonnensimulator. Den Elektrolyse-Behälter füllte er mit 30-prozentiger Schwefelsäure (auch als „Batteriesäure“ bekannt), die einen Gefrierpunkt um die -35 Grad Celsius besitzt und Strom gut leitet.
Dann baute Kölbach die beiden Versuchszellen auf und führte die Messreihen durch. Im Betrieb zeigte sich, dass die Zelle mit den thermisch gekoppelten PV-Modulen mehr Wasserstoff produzierte, da die bestrahlten PV-Module ihre Abwärme direkt an den Elektrolyseur weitergeben. „Wir konnten die Effizienz sogar noch steigern, indem wir eine zusätzliche thermische Isolierung des Elektrolyseurs einbauten. Dadurch stieg die Elektrolyttemperatur unter Belichtung von -20 auf bis zu + 13,5 Grad Celsius“, sagt Kölbach. Die Ergebnisse dieser Studie bekräftigen, dass thermische gekoppelte Systeme eine potentiell höhe
re Effizienz besitzen, als thermisch entkoppelte. Ob diese Vorteile wirtschaftlich genutzt werden können, muss sich aber erst noch zeigen. „Daher wollen wir in der nächsten Phase Prototypen unter realistischen Bedingungen testen. Das wird sicher spannend und wir suchen hierfür momentan Partner“, sagt Matthias May. Nicht nur am Südpol, sondern auch in anderen, extrem kalten und dünn besiedelten Weltregionen könnte vor Ort erzeugter solarer Wasserstoff eine Option sein, um fossile Brennstoffe zu ersetzen und die damit verbundenen Gefahren für die Umwelt und den CO2-Austoß zu eliminieren. In Frage kommen die Hochalpen, Kanada und Alaska, die Anden sowie die Gebirgsregionen im Himalaya. „Vielleicht wird solar erzeugter Wasserstoff zuerst in solchen entlegenen Weltregionen wirtschaftlich sein“, meint May und erinnert an den Siegeszug der Photovoltaik, der vor rund 60 Jahren zuerst im Weltraum bei der Versorgung von Satelliten seinen Anfang nahm.


Highlight
Weitere Topevents




Frau sticht 49-jährigen Mann in Ulm nieder
Durch Stiche mit einem Messer hat eine Frau einen 49 Jahre alten Mann am Mittwoch in Ulm schwer verletzt....weiterlesen

Weiter Streit: Stadt Ulm stoppt Bauplatz-Vergabe in Jungingen
Weiter Streit um die Bauplätze in Ulm-Jungingen: Erneut geht ein Bewerberpaar gegen die Vergabe der...weiterlesen

Mit Rollator im Westringtunnel in Ulm unterwegs
Am Montag gegen 3 Uhr ist einem Autofahrer im Westringtunnel in Ulm ein älterer Mann aufgefallen. Der...weiterlesen

Warnstreik in Ulm: Busse und Bahnen bleiben im Depot
Die Gewerkschaft ver.di ruft die Beschäftigten der SWU Verkehr und SWU mobil am Mittwoch 15. März...weiterlesen

Radfahrer und Autofahrerin angegriffen
Völlig eskaliert ist in der Nacht auf Samstag in Ulm ein Unbekannter. weiterlesen

Sauer wegen Instagram-Post? Drei Mädchen verprügeln Gleichaltrige
Drei Mädchen haben in Ulm eine Gleichaltrige verprügelt. weiterlesen

Nach Kneipenbesuch brutal zusammengeschlagen
Wie erst am Montag der Polizeiinspektion Neu-Ulm zur Anzeige gebracht wurde, kam es in der Nacht von...weiterlesen

Zwei Opfer von „Sexpressing“
Am Samstag erstatten zwei Geschädigte in Illertissen separat voneinander eine Anzeige, die beide Opfer...weiterlesen