Ulm News, 27.04.2016 11:55
"Stippeföttche" im Stadthaus - CDU-Politiker Wolfgang Bosbach begeistert 400 Zuhörer

Über 400 Interessierte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach am Dienstagabend ins Ulmer Stadthaus. Der rastlose, Talkshow gestählte Rheinländer, der trotz schwerer Krankheiten im Jahr rund 400 Veranstaltungen absolviert, bot über zwei Stunden lang beste Unterhaltung mit Tiefgang, rheinländischem Kalauer und klaren politischen Aussagen. Genau deshalb ist der 63-Jährige aus Bergisch-Glachbach über alle Parteigrenzen hinaus beliebt.
Einzelhandelslehre, Leiter eines Supermarkts, Jurist, Bundestagabgeordneter. Wolfgang Bosbach hat nicht geradlinig den Weg in die Politik als Beruf gesucht. Es hat sich so ergeben und er hat die Chance genutzt. Er habe ein sehr politisches Elternhaus gehabt, in dem viel über Politik diskutiert wurde. So sei er auch in der Zeit als Politiker stets von seinem Vater nach Talkshow-Auftritten korrigiert und kritisiert worden, „und Mama hat gemeint, du hast müde ausgesehen. Schläft du auch genug“.
Bosbach schaffte es bei seinem Auftritt im Stadthaus, das Publikum mit vielen Kalauern und Bonmots zu fesseln und zum Lachen zu bringen. Etwa damit, wie er einen Räuber in seinem Supermarkt mit einem tiefgefrorenen Hasen niederschlug. „Was wäre gewesen, wenn ich da gerade beim Nudel- oder Mehlregal gestanden wäre?“.
Amüsant auch seine Einblicke in sein Privatleben. Lange Zeit lebte er mit seinen drei Töchtern, seiner Ehefrau (sie hieß Bosbach auch mit Mädchennamen) und seiner Schwiegermutter (auch eine Bosbach) unter einem Dach. Im Flieger begrüße ihn oft eine seiner Töchter – sie arbeitet als Stewardess – als einzigen Passagier mit Küsschen. „Ich muss dann immer allen erklären, dass das auch wirklich meine Tochter ist“.
Doch Wolfgang Bosbach ist auch als Politiker sehr gefragt und anerkannt. Viel Beifall gab es für seine Erklärungen zum Thema Flüchtlinge. Er halte eine Obergrenze sehr wohl für notwendig. Eine Grenze sei erreicht, „wenn eine Kommune die Integration nicht mehr schafft“. Ihm sei auch nicht wohl dabei, dass so viele tausend Asylbewerber ohne Papiere, „ohne dass wir wissen, wo er herkommt und wie er heißt“, im Land seien.
Grundsätzlich sei es ein Fehler gewesen, nach der wichtigen humanitären Hilfe für die Hilfe suchenden aus Ungarn, für alle Flüchtlinge die Grenzen zu öffnen und alle Regeln und Kontrollen außer Kraft zu setzen. Für diese Aussage gab es großen Beifall.
Ebenso dafür, dass nicht der Türkei-Deal, sondern die Grenzzäune in Mazedonien die Flüchtlingszahlen in Deutschland schlagartig verringert hätten. Ein entscheidender Punkt im Abkommen mit der Türkei sei außerdem immer noch nicht geklärt. Die Flüchtlinge sollen demnach in der EU verteilt werden. „Wer ist die EU?“ Das sei noch gar nicht geregelt. Bosbach spielte damit auf die mangelnde Solidarität vieler osteuropäischer EU-Mitgliedstaaten hin. „Das sind im Übrigen all jene, die am meisten Geld von der EU, und das sind keine Kredite, bekommen“. Für ihn wäre es daher nur logisch, wenn Deutschland künftig weniger – eben abzüglich der Kosten für die Aufnahme von Asylsuchenden – in den EU-Topf einzahlen würde. Auch dafür gab es viel Beifall.
Bosbach kritisierte auch die eigene Zunft. Wenn die Wähler den Eindruck hätten, ihre Ängste und Problem würden nicht ernst genommen, werde es problematisch. "Wir haben keine Politikverdrossenheit. Denn die Leute interessieren sich für Politik. Wir haben eher eine Politikerverdrossenheit", kritisierte er.
Selbst die Landespolitik wurde kurz gestreift. Der quirlige Rheinländer hält den bedächtigen Schwaben Kretschmann für einen guten, weil authentischen Politiker. Ein grün-schwarzes Bün
dnis im Bund kann er sich dennoch noch nicht so recht vorstellen. „Mit der Hälfte de r Grünen kann ich, mit der anderen Hälfte nicht“. Bosbach ist auch in privaten Angelegenheiten ehrlich. Offen sprach er über seine schwere Herzerkrankung und über seine nicht mehr heilbare Krebserkrankung. Dies nutzte er, um die Männer im Saal zur Vorsorgeuntersuchung zu ermuntern. Warum er seine Krankheit vor sechs Jahren &am p;amp;am p;ouml;ffentlich gemacht hat? & ;bdquo;Weil i ch in der Onkologie im Krankenhaus gesessen bin und es da zuging wie bei einer Bürgerfragestunde. Und wenn man in der Onkologe sitzt, kann man ja nicht sage: Ich habe Luft im Magen“. Zwei Stunden später habe de r Lokalredakteur angerufen und er habe sich entschieden, seine Krebserkrankung öffentlich zu machen. Er habe schon noch vor einiges zu bewegen, wenn er aber nicht mehr sei, mache eben ein anderer seinen Job gut. „Die Friedhöfe sind voll mit vielen wichtigen Leuten und trotzdem geht alles gut weiter“. Träume habe er trotz hartem und langem Politikeralltag dennoch. Ein Wunsch sei, einen Tag die Mannschaft des FC Bayern München mit ihren „22 super Spielern“ zu trainieren. Bosbach war als jungen Mann ein leidenschaftlicher Fußballer und kickte später mit heutigen Alb-Donau-Kreis Landrat Heinz Seiffert in der Bundestags-Fußballmannschaft gekickt, ja eher geackert. Er habe für seine Spielweise die Devise seines Jugendtrainers übernommen. „Leute, wir haben gegen die keine Chance, aber dann machen wir denen wenigstens den Platz kaputt“. Der Rheinländer ist großer FC Köln-Fan und sagt „Bayern-Fan sein kann jeder“ und „Vor dem Spiel ist immer eine sensationelle Stimmung im Kölner Stadion, wenn das Spiel dann läuft, nicht mehr“. Privat wünscht sich Bosbach noch einmal eine große Reise mit all seinen Frauen, seiner kompletten Familie, und zwar eine Fahrt über den Highway #1 von San Francisco nach San Diego.
Ein abschließender Höhepunkt: SWP-Chefredakteur Ulrich Becker, ein Rheinländer, und Wolfgang Bosbach führten den verblüfften und begeisterten Schwaben im Stadthaus das „Stippeföttche“ vor, ein Ritual der Karnevalsgarden. Dabei reiben jeweils zwei Gardisten beim sogenannten „Wibbeln“ ihre Hintern aneinander. Anschließend nahm sich Wolfgang Bosbach noch viel Zeit für die Fragen aus dem Publikum, ehe er sich nach Stuttgart fahren ließ. Der nächste Termin war am Mittwoch. Ein weiterer der 400 Termine, die der hoch aktive, sympathische und beliebte 63-jährige Talkshow- und Politiprofi pro Jahr absolviert.









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