Ulm News, 22.06.2015 12:44
Klinik-Beschäftigte machen Personalmangel sichtbar
Der Personalmangel in deutschen Krankenhäusern ist erheblich: bundesweit fehlen 162 000 Menschen. Um diese Zahl „sichtbar“ zu machen werden am kommenden Mittwoch um 13 Uhr genau diese Anzahl von Menschen vor die Kliniktore in Deutschland - auch in Ulm und im Alb-Donau-Kreis - treten. ver.di zeigt mit dieser Aktion auf, „wie viele Stellen geschaffen und finanziert werden müssen, damit eine qualitativ hochwertige Versorgung wieder möglich wird“, so Maria Winkler, Geschäftsführerin des ver.di Bezirk Ostwürttemberg-Ulm.
Die Aktion hat ver.di gemeinsam mit den Krankenhausbeschäftigten seit Monaten vorbereitet. Jedem Krankenhaus von Flensburg bis Oberammer- gau wurde der Anteil der Nummern von 1 bis162.000 zugewiesen, die dem durchschnittlichen Personalbedarf der Klinik gemessen an Vollzeitstellen aller Krankenhäuser entspricht. Von den fehlenden 162.000 Stellen entfal- len rund 70.000 auf die Pflege. Die Beschäftigten sind aufgefordert, am bundesweiten Aktionstag mit „ihren“ Nummern vor „ihrer“ Klinik zu stehen. Zum Beispiel sind der Uniklinik Ulm insgesamt 419 Nummern zugewiesen worden und „für die Qualität der Arbeit müsste diese Anzahl zusätzlicher Stellen wirklich zur Verfügung stehen“, ist sich Maria Winkler sicher.
Im ver.di Bezirk Ostwürttemberg-Ulm beteiligen sich alle Kliniken, teilweise mit Unterstützung von Vertretern aus der örtlichen Politik an dieser Aktion. Universitätsklinikum Ulm, oberer Eselsberg, Haupteingang
RKU Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm, oberer Eselsberg
Klinikum Heidenheim
Ostalbklinikum Aalen
St. Anna Virngrundklinik Ellwangen
Stauferklinikum Mutlangen (Schwäbisch Gmünd)
Kliniken der ADK in Ehingen, Langenau und Blaubeuren
Ziel der ver.di Aktion ist es, der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, die am selben Tag in Bad Dürkheim tagt, vor Augen zu führen, was wirklich notwendig wäre, um eine gute Versorgungsqualität sicherzustellen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Struktur der Krankenhausversor- gung geht nach Einschätzung der Gewerkschaft ver.di weit am Ziel vorbei. Das darin vorgesehene Pflegeförderprogramm stellt in den kommenden drei Jahren insgesamt bis zu 660 Millionen Euro für zusätzliche Stellen zur Verfügung. Am Ende sollen maximal 330 Millionen pro Jahr bei den Klini- ken verbleiben. „Das hört sich nach einem großen Betrag an, es entspricht aber lediglich 6.600 Stellen bundesweit“, rechnet Maria Winkler vor. „Das sind durchschnittlich maximal drei zusätzliche Pflegekräfte pro Kranken- haus oder nicht einmal 10 % von dem, was nötig wäre“, so die Einschät- zung der Gewerkschafterin. Ob diese Stellen tatsächlich geschaffen wer- den, liegt im Ermessen der Klinikleitungen. „Was das Gesetz an Verbes- serung für die Pflege plant, ist schon erbärmlich genug – für die anderen Berufsgruppen in den Krankenhäusern ist gar nichts vorgesehen“, kritisiert Maria Winkler die geplante Reform. Im Gesetzentwurf sei permanent von Qualität die Rede, Qualitätskriterien, Qualitätskontrolle, transparente Qualität für die Patienten, Zu- und Abschläge für gute bzw. schlechte Qualität, Qualitätsverträge zwischen Klini- ken und Krankenversicherung sollen eingeführt werden.
Das zum Erreichen einer guten Versorgungsqualität eine ausreichende Menge an Personal vorhanden sein muss, wird nicht thematisiert. „Für die Qualität der Ver- sorgung von Patienten ist es längst 5 Minuten nach 12“ ist sich Maria Winkler sicher. Selbst die deutsche Krankenhausgesellschaft räumt inzwischen ein, dass „viele Krankenhäuser aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten zu engen
Personalausstattungen gezwungen sind“. Der 118. Deutsche Ärztetag äu- ßert sich eindeutiger: “Die Einführung der Diagnosis Related Groups (DRGs) hat dazu geführt, dass die Krankenhausträger die Personalstruktur ihrer Häuser massiv ausgedünnt haben. Dies hat vielerorts zu einem mas- siven Pflegenotstand geführt. Es ist ärztliche Aufgabe, auf gesetzliche Re- gelungen zu dringen, um eine Gefährdung unserer Patienten durch weitere Zunahme des Pflegenotstands auch in Zukunft zu vermeiden.“ Die Überlastungsanzeigen von Pflegebeschäftigten sprechen laut ver.di eine noch deutlichere Sprache, diese zeigen regelmäßig patientengefähr- dende Situationen an. „Überall finden sich nur noch Notbesetzungen, Zeit für die Patienten bleibt da nicht. Die Arbeit kann nicht bewältigt werden.“
Im Ergebnis sei die Patientenversorgung gefährdet, Hygienevorschriften können oftmals nicht eingehalten werden, Patienten werden nicht gelagert oder mobilisiert, erforderliche Unterstützung beim Essen und Trinken kann nicht gewährleistet werden, Medikamente werden nicht zeitgerecht verabreicht, Patienten mit Problemen klingeln und es dauert lange bis jemand kommt, Skandale häufen sich. Der Pflegenotstand ist längst da. Die Not ist so groß wie die Anzahl der Demonstranten. Nur der permanente Einsatz der Beschäftigten verhindert, dass die Versorgung zusammenbricht. Die Überlastung der Beschäftigte ist messbar. Ständig wird gegen Arbeitsschutzgesetze verstoßen. Es wird über zehn Stunden gearbeitet, Pausen können nicht gemacht werden, an freien Ta- gen wird eingesprungen damit der Betrieb nicht zusammenbricht, das sind laut Maria Winkler keine einzelnen Beispiele sondern Realität in deutschen Krankenhäusern. Was ihrer Meinung fehlt ist eine verbindliche gesetzliche Regelung zur Personalausstattung der Krankenhäuser und deren Finanzierung.
ver.di fordert den Bundesrat auf, den Gesetzentwurf der Bundesregierung abzulehnen und auf eine gesetzliche Regelung zu drängen, die den Interessen der Patienten und denen der Beschäftigten Rechnung trägt.







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