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Ulm News, 03.07.2014 10:43

3. Juli 2014 von Ralf Grimminger
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Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs im Dunkelfeld – Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“


Etwa 8,6 Prozent der Mädchen und 2,8 Prozent der Jungen werden bis zum 16. Lebensjahr Opfer sexuellen Missbrauchs : Gewalterfahrungen in der Kindheit , Sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung und deren langfristige Konsequenzen, was sich in der polizeilichen Kriminalstatistik nur zu einem kleinen Teil widerspiegelt. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Opfer sexueller Übergriffe, die zum Teil lebenslang unter den Folgen leiden, sich nur zu einem Bruchteil anderen Menschen anvertrauen und eine Strafanzeige vornehmen. Die Uni Ulm unterstützt das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ haben. Bis Oktober 2013 haben sich weit über 3800 hilfesuchende Personen gemeldet.

Insofern bilden jene Fälle, die der Justiz bekannt werden und im so genannten Hellfeld erscheinen, nur einen Teil der Problematik ab. Auch Konsum, Besitz und Verbreitung von fotografischen oder filmischen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs oder der expliziten Darstellungen der unbekleideten Genitalien von Kindern, sogenannter Kinderpornografie, bleiben in den meisten Fällen unentdeckt. Dabei muss aufgrund erster Untersuchungen von einer spezifischen Belastung für die Opfer der Produktion dieser Darstellungen ausgegangen werden  (2010): Die Herausforderungen in Beratung und Therapie bei Traumatisierung durch sexuellen Missbrauch.
Das Beispiel des Umgangs mit Opfern kinderpornografischer Ausbeutung: Traumatisierte Kinder und Jugendliche in Deutschland.). Interventionen konzentrierten sich bislang vor allem auf justizbekannte Täter. Damit blieben jedoch zwei Zielgruppen vorbeugender Maßnahmen unberücksichtigt: Männer, deren Taten im Dunkelfeld verbleiben (Dunkelfeld-Täter), und Männer, die sich in Gefahr sehen, Taten zu begehen (potentielle Täter).
Das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ bietet durch Einbezug dieser beiden Gruppen einen präventiven Ansatz, der somit ergänzend zu den bisherigen Anstrengungen wirkt. Pädophilie und sexueller Kindesmissbrauch Pädophilie bezeichnet als klinische Diagnose eine sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen Körper.
Nach heutigem Wissen manifestieren sich sexuelle Neigungen – und damit auch die Pädophilie – mit der Pubertät und bleiben von da an bestehen. Das bedeutet, dass niemand sich seine sexuelle Neigung „aussucht“. Sie ist „Schicksal“ und nicht „Wahl“. Jedoch trägt jeder Mensch die alleinige Verantwortung für sein sexuelles Verhalten.
 Das Präventionsprojekt Dunkelfeld 
Der Berliner Ansatz zur therapeutischen Primärprävention von sexuellem Kindesmissbrauch.) haben rund ein Prozent der Männer auf Kinder gerichtete sexuelle Fantasien. Demnach fühlen sich in Deutschland ca. 250.000 Männer zwischen 18 und 75 Jahren zu Kindern sexuell hingezogen. Für diejenigen, die sich mit ihrer Neigung problembewusst auseinandersetzen und verhindern wollen, sexuelle Übergriffe zu begehen, stellt die Pädophilie nicht selten eine erhebliche Belastung dar.
Die sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen Körper konnte als wichtigster Risikofaktor für das Begehen von sexuellem Kindesmissbrauch und den Konsum von Missbrauchsabbildungen (häufig verharmlosend als Kinderpornografie bezeichnet) identifiziert werden. Pädophilie und sexueller Kindesmissbrauch sind jedoch nicht synonym. Während Pädophilie einen klinischen Terminus darstellt, beschreibt der Begriff „sexueller Kindesmissbrauch“ eine juristisch relevante Straftat.
Vorliegenden Daten zufolge sind ungefähr 40 Prozent der sexuellen Übergriffe a uf Kinder und Jugendliche auf einen pädophilen Motivationshintergrund zurückzuführen. Etwa 60 Prozent sexueller Übergriffe sind sogenannte Ersatzhandlungen. Das heißt, die Täter sind eigentlich sexuell auf erwachsene Sexualpartner ausgerichtet, begehen aber Kindesmissbrauch, beispielsweise aufgrund einer Persönlichkeitsstörung.
Nicht jeder Pädophile begeht einen Missbrauch und nicht jeder Sexualstraftäter ist pädophil. Präventionsprojekt und Netzwerk „Ke in Täter werden“ Das 2004 vom Berliner Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin des Universitätsklinikums Charité ins Leben gerufene „Präventionsprojekt Dunkelfeld“ (PPD) ist mittlerweile in sechs weiteren Bundesländern mit ausgewiesenen Anlaufstellen vertreten, mit denen das gemeinsame Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ gebildet wurde, das von Berlin aus koordiniert wird und welches sich gezielt an die Gruppe potentieller und Dunkelfeld-Täter mit pädophiler Neigung wendet.
Ziel ist es, durch präventive Therapie einen aktiven Beitrag zum Kinderschutz zu leisten. Pädophile Männer werden therapeutisch in ihrem Bestreben unterstützt, keinen erstmaligen oder wiederholten sexuellen Kindesmissbrauch zu begehen und keine Missbrauchsabbildungen zu konsumieren. Um die Zielgruppe zu erreichen, wird mit Hilfe einer Medienkampagne auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, kostenlos und durch die Schweigepflicht geschützt sowohl Diagnostik und Beratung sowie therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Das Motto der Kampagne lautet: „Damit aus Fantasien keine Taten werden!“ Die Botschaft: „Du bist nicht schuld an Deinen sexuellen Gefühlen, aber du bist verantwortlich für dein sexuelles Verhalten! Es gibt Hilfe! Werde kein Täter!“
Darüber hinaus zielt das Projekt darauf ab, die Öffentlichkeit für die Thematik zu sensibilisieren und zu zeigen, dass es Menschen mit einer sexuellen Neigung für Kinder gibt, die über ein Problembewusstsein verfügen und keine sexuellen Übergriffe begehen wollen. Die grundlegende und durch die Erfahrungen des Projektes bestätigte Annahme ist, dass das Risiko sexueller Übergriffe bei fundiert durchgeführter Diagnostik und Therapie gesenkt werden kann und somit primärpräventive Maßnahmen direkten Opferschutz darstellen.
Durch wissenschaftliche Forschung im Präventionsnetzwerk können diesbezüglich gezielt Fragestellungen zur fortlaufenden Optimierung dieser beim potentiellen Verursacher ansetzenden Form der primären Prävention angegangen werden. Die Rechtslage in Deutschland bietet durch den vom Gesetzgeber intendierten, durch die Schweigepflicht gewährten Schutzraum eine günstige Ausgangssituation für diese Herangehensweise, weil sie den Betroffenen die Kontaktaufnahme erleichtert. Im Rahmen der Therapie erhalten die Teilnehmer Unterstützung beim Umgang mit Problemen, die sich aus ihrer Sexualität ergeben. Einbezogen in das Therapieprogramm des Präventionsprojektes werden nur Personen mit einer sexuellen Präferenz für Kinder, die nicht (mehr) unter irgendeiner Form von Aufsicht durch die Justiz stehen (i. A. laufende Ermittlungen, Bewährung, Therapieauflagen etc.). Teilnahmewillige Personen müssen bezüglich ihrer auf Kinder gerichteten sexuellen Impulse über ein Problembewusstsein verfügen und von sich aus therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wollen.
Des Weiteren dürfen keine behandlungsbedü ;rftigen psychiatrischen Erkrankungen oder eine ausgeprägte Intelligenzminderung vorliegen. Ziel der Therapie ist es, den Umgang mit der sexuellen Neigung so zu bewältigen, dass das eigene Verhalten kontrolliert werden kann und es zu keinem sexuellen Übergriff auf Kinder und zu keinem Konsum von Missbrauchsabbildungen kommt.
Im Verlauf der Therapie erlernen die Patienten eine angemessene Wahrnehmung und Bewertung ihrer sexuellen Wünsche und Bedürfnisse, die Identifikatio n und Bewältigung gefährlicher Situationen sowie Strategien zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen. Die Therapie findet wöchentlich in Gruppen sowie bei Bedarf auch in Einzelgesprächen und unter Einbeziehung Angehöriger statt. Die Behandlung folgt einem strukturierten Therapieplan, berücksichtigt aber die individuellen Bedürfnisse und erfolgt in Absprache mit den Patienten.
Das therapeutische Vorgehen integriert psychotherapeutische, sexualwissenschaftliche, medizinische und psychologische Ansätze, die die Möglichkeit einer medikamentösen Unterstützung beinhalten. 1958 Betroffene aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich zwischen 2005 und März 2014 allein am Berliner Standort des Projektes gemeldet. 846 Personen reisten zur Diagnostik nach Berlin, 412 von ihnen konnte ein Therapieangebot gemacht werden. Insgesamt haben seitdem über 180 Männer die Therapie begonnen und mehr als 95 erfolgreich abgeschlossen. 34 Projektteilnehmer befinden sich derzeit am Standort Berlin in Therapie, 14 Teilnehmer besuchen die Nachsorgegruppe. Eine Heilung im Sinne einer Löschung der auf Kinder bezogenen sexuellen Impulse ist nach bisherigem Wissensstand nicht möglich.
Daher liegt die therapeutische Zielsetzung vor allem in der Bearbeitung des Maßes an Verantwortungsübernahme in kritischen Situationen. Die Erfahrungen des Präventionsnetzwerks zeigen, dass durch die Therapie missbrauchsbegünstigende Einstellungen und Verhaltensweisen - zum Teil mit medikamentöser Unterstützung - erheblich gesenkt werden können und dadurch sexuelle Übergriffe verhindert werden.
Ambulanzen des Präventionsprojektes existieren mittlerweile neben Berlin auch in Kiel (seit 2009), Regensburg (2010), Leipzig (2011), Hannover (2012), Hamburg (2012), Stralsund und Gießen (2013). Das dortige therapeutische Angebot wird - wie erwartet - von den Betroffenen auch in Anspruch genommen.
Im Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ haben sich bis Oktober 2013 weit über 3800 hilfesuchende Personen gemeldet. Weitere Anlaufstellen des Projektes im Netzwerk „Kein Täter werden“ sind geplant. Ziel ist es, das Präventionsnetzwerk zur bundesweiten Etablierung der primären Prävention sexueller Traumatisierungen von Kindern und Jugendlichen gemäß den Empfehlungen, die der Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in seinem Abschlussbericht gegeben hat, weiter auszubauen.



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