Ulm News, 21.10.2024 10:45
Oldtimer-Straßenbahn Wagen 10 nach Gerhard Späth benannt
Ehrung für Gerhard Späth - am Wochenede hat er seine eigene Straßenbahn bekommen, ein Ulmer Museumsfahrzeug wurde nach ihm benannt. Genau zu seinem ersten Todestag wird damit das jahrzehntelange Engagement des ehemaligen Werkstattleiters gewürdigt.
Der Gelenktriebwagen des Typs GT4 kam auf Späths Betreiben nach Ulm und ist daher der ideale Botschafter für sein Lebenswerk. Schon im Kinderwagen genoss der 1939 geborene Ulmer den Anblick der Straßenbahn und Edeltraud Späth, seine Witwe, erzählt die Anekdote, dass er als Dreijähriger mit den Fingern Schienen in den Sand im Sandkasten zeichnete.
Als Schüler stand er oft am Zaun des Straßenbahndepots und konnte sich auch dort seinen Berufswunsch erfüllen. In der Straßenbahnwerkstatt konnte er seinen Kindheitstraum Straßenbahn so richtig ausleben und wurde dann als „Leiter Schienenfahrzeuge“ zum Werkstattleiter des damals kleinsten Straßenbahnbetriebs Deutschlands. Insgesamt 49 Jahre arbeitete er für die SWU und kämpfte sich dabei durch Höhen und Tiefen. Als in Ulm die autogerechte Stadt der 1960er Jahre umgesetzt wurde, schrumpfte das Straßenbahnnetz auf eine Linie zusammen, doch Späth blieb treu.
1975 sollte dann auch die letzte Linie eingestellt werden, er spielte damals mit dem Gedanken Berufsschullehrer zu werden, doch er gab nicht auf. Er konnte nachweisen, dass das entscheidende Gutachten zur Wirtschaftlichkeit der Ulmer Straßenbahn Fehler enthielt und so zu einem falschen Ergebnis kommt. Er konnte Mitstreiter gewinnen und die Straßenbahn blieb erhalten. Ulms ehemaliger Bürgermeister Ivo Gönner bezeichnete es einmal als seine größte politische Niederlage, dass in den 1990er Jahren das große Ausbaukonzept für ein Fünf-Linien-Konzept der Straßenbahn scheiterte. Doch Späth blieb der Straßenbahn treu und kämpfte weiter.
Die Linie 1 wurde bis Böfingen verlängert und verdoppelte damit ihr Streckennetz. Nach Späths Ruhestand wurde dann die Linie 2 gebaut und das Streckennetz verdoppelte sich erneut. In seiner Ansprache erklärte Ralf Gummersbach, Geschäftsführer der SWU Verkehr, dass die beiden Straßenbahnlinien heutzutage genauso viele Fahrgäste befördern wie alle anderen SWU-Buslinien zusammen: „Gerhard Späth war nicht nur ein außergewöhnlicher Fachmann, sondern auch ein Vordenker, der den öffentlichen Nahverkehr nachhaltig geprägt hat." Das Rückgrat des Ulmer Nahverkehrs soll erhalten bleiben und perspektivisch weiter ausgebaut werden. Auch im Ruhestand war Gerhard Späth täglich in Ulm unterwegs, mit der Straßenbahn und auch viel zu Fuß.
Immer wieder stand er neben den Gleisen und genoss den Anblick der Fahrzeuge. Zwei seiner Söhne und ein Enkel arbeiten mittlerweile auch in der Straßenbahnwerkstatt und führen sein Erbe fort. Bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr wusste er immer, wie sich der Betrieb entwickelt, hat seine Ideen mit den Söhnen diskutiert. Zu seinen Ideen gehörte in den 1980er Jahren auch, den Beiwagenbetrieb aufzugeben und gebrauchte Wagen des Typs GT4 aus Stuttgart nach Ulm zu holen. In der Landeshauptstadt wurde der Straßenbahnbetrieb zu einer U-Bahn ausgebaut, die Spurweite von Meterspur auf die Eisenbahn-Normalspur von 1 435 Millimeter umgestellt. Die gerade einmal 20 Jahre alten Fahrzeuge waren perfekt für die Ulmer Bedürfnisse und 14 Straßenbahnen wechselten an die Donau. Drei von ihnen konnte Späth den Stuttgartern sogar so abschwatzen, dass er sie geschenkt bekam. Erst 2003 wurden diese Gebrauchtfahrzeuge dan n durch die Combinos abgelöst und für die Linie 2 um die Avenios ergänzt. Späths Witwe durfte dann am Samstag den Namensschriftzug und ein Porträt von Gerhard Späth an der Seite des Wagen 10 enthüllen. Zusätzlich wurde im Inneren der Straßenbahn eine Kurzbiografie aufgehängt.
Um diesen Tag gebührend zu begehen, war die gesamte Familie mit Freunden auf einer Sonderfahrt auf dem Ulmer Streckennetz unterwegs. Text/Foto: Thomas Heckmann





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