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Ulm News, 13.10.2024 14:31

13. October 2024 von Thomas Kießling
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Der Bundes-Finanzminister zäumt das Pferd von hinten auf und vergaloppiert sich: Lindner plant Riester-Ersatz – Normalsparer „nach 40 Jahren Millionäre“


Finanzminister Lindner schwärmt von seinem Plan, den Zinseszins-Effekt über Jahrzehnte hochzurechnen. So sieht also die solide Rentenfinanzierung von einem aus, der scheinbar solide an der Schuldenbremse festhält – aber bei beiden Vorgängen viele Dinge übersieht, was in der Region Ulm aber sehr wohl erkannt wird.

Christian Lindner geht in die Offensive bei der Rente, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Der FDP-Finanzminister plane eine Alternative zur unbeliebten Riester-Rente, auch zur aktuell geplanten Riester Rente 2.0 – also einer privaten Altersvorsorge mit staatlicher Förderung.

Nun offenbart Lindner gegenüber der „Rheinischen Post“, was er konkret vorhat. Sparer könnten bis zu 600 Euro im Jahr vom Staat kassieren – allerdings muss man dafür auch einen nicht unerheblichen Betrag pro Jahr in Wertpapiere anlegen.

„Der Staat fördere dann jeden angelegten Euro mit 20 Cent bis zu einer Größenordnung von 3.000 Euro im Jahr“, skizziert Lindner im Zeitungsinterview seinen Plan. Doch damit nicht genug. Während normalerweise auf Aktiengewinne eine Abgeltungssteuer von 25 Prozent fällig wird, solle dieses Modell steuerfrei bleiben. Dies wäre ein großer finanzieller Anreiz, in ein solches Altersvorsorgedepot zu investieren.

Lindner in der „Rheinischen Post“„So kann der Zinseszins-Effekt über Jahrzehnte voll wirken. Erst bei der Auszahlung im Alter wird, wie bei der gesetzlichen Rente, eine Steuer fällig.“ 

Der liberale Finanzminister mache den Deutschen Aussicht auf enorme Vermögenszuwächse mit seinem Modell – vor allem im Vergleich zu dem bisherigen Riester-Sparplan. Er gehe sogar von einem Millionen-Vermögen aus, wenn die Einzahlung volle 3.000 Euro im Jahr umfasse. Lindners Ministerium spricht sogar von „Millionären“ nach 40 Jahren maximaler Einzahlsumme.

Was der Finanzminister dabei geflissentlich übersieht, sieht der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten e.V. seit 2004 am eigenen Leib der 18 Millionen Inhaber von Direktversicherungen und Betriebsrenten. „Nach Ende der Ansparzeit und Beginn der Auszahlungszeit werden sie geschröpft, quasi abkassiert nach Strich und Faden“, so Andreas Reich, Vorstandsmitglied des DVG.

Reich kann begründen: „Wir hatten Verträge abgeschlossen, in die der Gesetzgeber aber mit dem 1. Jan 2004 einfach eingegriffen hat und uns um 20 Prozent unseres Ersparten – manche Experten sagen sogar: betrogen hat. Wird das beim aktuellen Lindner-Vorschlag genauso? Wo soll denn da das Vertrauen herkommen?“

Zweitens müsse man den Vorschlag doch realistisch sehen: Es gehe um nix anderes, als erneut die Versicherungs-Industrie wieder zu machen – genauso wie bei Riester 1.0. Das heißt: die Verträge haben mindestens die ersten zehn Jahre so hohe Provisions- und Verwaltungs-Kosten („Handlingskosten“), dass – wie bei Riester und vielen Direktversicherungen – am Ende zum Teil eine Minus-Sparsumme herausgekomme. „Da wird es dann ganz schön eng mit dem Zinses-Zins-Faktor – sprich: das ist absoluter Kokolores“, so Reich.

Und außerdem: bei dem derzeitigen Zinsniveau komme weiter weniger zusammen, als sich mancher Ministerialdirektor des Finanzministeriums bei der Erstellung der Regierungsvorlage vorgestellt hatte. „Alles Hirngespinste, die mit der Realität nix zu tun haben“, so Reich.

Und jetzt komme der absolute Clou, so Reich, und damit habe man nun beim DVG ja hinreichend und äußerst schmerzliche Erfahrungen gemacht: „In der Auszahlphase wird laut Lindner dann der Vertrag beteuert – ganz klasse und wie bei unseren Direktversicherungen werden dazu noch rund 20 Prozent an Beiträgen zur Krankenversicherung und der Pflegeversicherung abgezogen – wahrscheinlich noch auf den Bruttowert, nicht auf den nach dem schon besteuerten Nettowert. Was bleibt dann von der Zinses-Zins-Millionen-Aktien-Rente noch übrig?“ fragt Andreas Reich. Der Finanzminister dürfe gerne einmal die Augen schließen oder alternativ die Hände vor die Augen nehmen. Was sehe er dann?

(Antwort für Ungeübte: nämlich nix).

Zusatz für volkswirtschaftlich Geübte:

Zum zweiten Thema, der Schuldenbremse, wolle sich der DVG nicht äußern, nur soviel: Wenn alle demokratischen Volkswirtschaften derzeit Sonderschulden machten, um ihre Etats vernünftig zu gestalten und längst überfällig Infrastruktur- wie Bildungsinvestitionen zu tätigen, aber ausgerechnet Deutschland dies ausgerechnet nicht mache und das Land dafür in eine Rezession laufe, dann spräche das Bände. Nur mal ein paar Überlegungen (etwas handfester, als sie aus dem Wirtschafts- (2446 Mitarbeiter) und aus dem Finanzministerium (2200 Mitarbeiter) von den rund fast 5000 Mitarbeiter kommen.

„Wir hatten da ein `Sondervermögen von 35 Mrd. Euro, dass das Bundesverfassungsgericht einkassiert hat – wo verbleibt das Geld? Wir haben außerdem rund 10 Mrd. Euro durch die gesparten Subventionen für die nun aufgeschobene Chip-Fabrik bei Magdeburg. Wo verbleibt das Geld“, fragt DVG-Vorstandsmitglied Andreas Reich. „Wenn Sie außerdem 10 Mrd. Euro bei ungerechtfertigten Beziehern von Bürgergeld einsparen, dann hätten sie zusammengerechnet 55 Mrd. Euro zusammen“, rechnet Reich vor.

Was könne damit geschehen? Abschaffung der Doppelverbeitragung im ersten Schritt (kostet nur 300 Mio. im Jahr – könnte man also der Gesetzlichen Krankenversicherung ggf. 3 Mrd. geben – würde zehn Jahre alles abdecken).

Man könnte auf einen Schlag ein Drittel aller maroden Brücken im Land sanieren, die Straßen ebenfalls, zudem ein Drittel aller nötigen Strecken der Bahn AG, und alle Schulen und Universitäten des Landes auf den neuesten Stand bringen. Endlich mal Turnhallen ohne Eimer an den Decken, die das Regenwasser auffangen oder funktionierende Toiletten, auf die jeder Schüler gerne geht und mehr Leute/Hausmeister, die das kontrollieren und ggf. noch das Sportprogramm außerhalb der Schulzeit (oder von Tagesbetreuung) beaufsichtigen – dann könnte mehr Sport gemacht werden und wir wären wieder viel erfolgreicher bei Olympischen Spielen.

Es bliebe sogar noch Geld übrig für einen Marshall-Plan für Ostdeutschland: Welche Wirtschafts-Zweige sollen in jedem Bundesland gefördert werden, um Jobs und Kommunen zu festigen? Da schwirren so viel Bedienstete auf Landratsämtern und Regierungspräsidien rum, viell. gäbe es für jedes Bundesland drei brauchbare Vorschläge (wir hätten im Übrigen schon welche).

Und dann müsste niemand rechtsextremistische Parteien wählen – ganz gesichert.

„Doch nischt von alledem“ wird umgesetzt. Dafür berichten gut unterrichtete Kreise, dass es im Bundesfinanzministerium bald jeden Mittwochfrüh einen Yoga-Kurs gibt – Betriebssport soll ja wichtig sein. Ob das nun zu Olympia reicht? Wir schließen mal die Augen und geben uns selbst die Antwort.   

Text: Thomas Kießling

Foto: Deutscher Bundestag

www.dvg-ev.org

 



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