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Ulm News, 24.09.2024 12:50

24. September 2024 von Thomas Kießling
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Drogerie-Müller-Erbstreit: Adoptivkinder lassen sich nicht einfach gegen Abfindung abschütteln


Nach dem gewonnenen Erbstreit des Drogerieunternehmers Erwin Müller gegen seine drei Adoptivkinder vor dem Landgericht Ulm herrscht derzeit Stille vor dem nächsten Sturm.

Die Adoptivkinder hätten angekündigt, gegen die Entscheidung des Gerichts Berufung einzulegen, falls sie für die Millionen schweren Prozesskosten einen Finanzierer finden. Darauf verweist die Plattform erbschützer.de.

Erwin Müller würde wohl am liebsten die Adoption rückgängig machen, so erbscützer.de. Zumindest sollen die Kinder auf den Namen Müller verzichten, damit das Image der Drogeriekette nicht weiter beschädigt wird. Die Adoptivkinder wären mit einer Aufgabe der Adoption einverstanden – allerdings laut Medienberichten zufolge nur gegen Zahlung einer Abfindung von 3,5 Mio. Euro. Damit wollen sie unter anderem die finanziellen Löcher stopfen, die ihnen die verlorene Erbrechtsklage eingebracht hat. Doch so einfach ist es nicht, eine Adoption rückgängig zu machen – und das selbst dann nicht, wenn bereits erwachsene Personen adoptiert wurden.

Wichtiger Grund erforderlich

Im Fall der drei adoptierten Kinder von Erwin Müller handelt es sich um volljährige Personen. Die Aufhebung dieser Volljährigenadoption kann nur aus wichtigem Grund bei einem Gericht beantragt werden.  Für die Aufhebung einer Adoption aus wichtigem Grund sind die übereinstimmenden Anträge sowohl des Annehmenden als auch des Angenommenen erforderlich. „Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn ein objektiv nachvollziehbarer und gravierender Umstand gegeben ist, der den Fortbestand des Adoptionsverhältnisses für eine der beteiligten Parteien unzumutbar macht. Solche Gründe können beispielsweise strafbare Handlungen, andere schwerwiegende Verstöße gegen familiäre Bindungen sein oder auch sexuelle Beziehungen zwischen den Beteiligten können einen wichtigen Grund darstellen“, zählt Rechtsanwalt Dr. Sven Gelbke auf. Zusätzlich kann laut dem Geschäftsführer des Erbrechtsportals „Die Erbschützer“ eine Aufhebung der Adoption erfolgen, wenn eine der Erklärungen zur Adoptionsannahme aufgrund von Geschäftsunfähigkeit, Täuschung oder Drohung unwirksam ist. In solchen Fällen muss derjenige, der die Aufhebung beantragt, den entsprechenden Nachweis erbringen.

Schlechte Stimmung in der Adoptivfamilie kein Aufhebungsgrund 

„Allein der Missbrauch der Adoption stellt häufig keinen hinreichenden Grund für eine Aufhebung dar. Ebenso wenig ist in der Regel die bloße Tatsache, dass sich die familiäre Beziehung nicht wie ursprünglich erhofft entwickelt hat, ausreichend, um eine Aufhebung zu rechtfertigen“, betont Dr. Sven Gelbke. Selbst wenn Erwin Müller der Vergleichssumme der Adoptivkinder von 3,5 Millionen Euro zustimmen und/oder ebenfalls einen Antrag auf Aufhebung stellen würde, ist es fraglich, ob das Familiengericht einen wichtigen Grund für die Aufhebung der Adoption anerkennen würde. Außerdem läge die Beweislast bei den Antragstellern, falls sie sich beispielsweise auf eine Täuschung berufen würden. Fazit: „Das Ende einer Adoption ist nicht frei verhandelbar, sondern wird - wenn überhaupt - vom Familiengericht bestimmt“, sagt Anwalt Gelbke.

Erbrechtliche Konsequenzen der Aufhebung

Durch die Aufhebung der Volljährigenadoption werden alle rechtlichen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem angenommenen Kind und den annehmenden Eltern vollständig aufgehoben. Dies betrifft auch alle durch die Adoption entstandenen rechtlichen Verhältnisse zu Verwandten. Die erbrechtlichen Ansprüche des ehemals adoptierten Volljährigen entfallen daher. In der Folge erhöht sich der Erbanteil der verbleibenden Kinder des Adoptivelternteils, seien es leibliche oder andere adoptierte Kinder, da sie den Anteil des nunmehr nicht mehr berücksichtigten adoptierten Volljährigen aufteilen. Darüber hinaus entfallen auch alle Pflichtteilsansprüche des ehemals adoptierten Volljährigen gegenüber dem Adoptivelternteil, sodass die verbleibenden Kinder den Pflichtteil nicht mehr „teilen“ müssen.

Auch das Namensrecht ist nicht frei verhandelbar

Dass Erwin Müller angesichts des Zerwürfnisses mit seinen Adoptivkindern den Namen Müller nicht in ein schlechtes Licht rücken will, ist verständlich. Doch den Namen von den Adoptivkindern gegen Abfindungszahlung zurückzukaufen, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Nur im Falle einer gerichtlichen Aufhebung der Erwachsenenadoption besteht seitens der Adoptivkinder die Möglichkeit, den ursprünglichen Geburtsnamen wieder anzunehmen.

Wiederannahme des Geburtsnamens nach dem Namensänderungsgesetz

Ohne eine solche Aufhebung könnte die Wiederannahme des Geburtsnamens nur dann in Betracht kommen, wenn ein wichtiger Grund im Sinne des Namensänderungsgesetzes vorliegt. Dr. Sven Gelbke: „Ein solcher Grund könnte etwa eine psychologische Belastung durch den angenommenen Namen oder eine starke emotionale oder familiäre Bindung an den ursprünglichen Geburtsnamen sein. Für beide Szenarien ist eine entsprechende Prüfung durch die zuständigen Behörden und Gerichte erforderlich. Deshalb kann Erwin Müller seinen Adoptivkindern auch nicht verbieten, den Namen Müller weiter zu führen, solange die Adoptionsverbindung besteht."

Gesetzesreform soll Erleichterung schaffen 

Möglicherweise wird die Reform des Namensrechts, die 2025 in Kraft treten soll, neue Möglichkeiten für Fälle wie denjenigen von Erwin Müller schaffen. Unter anderem soll der Zwang zur Namensänderung nach einer Erwachsenenadoption aufgehoben werden, was gegebenenfalls auch für bereits zuvor erfolgte Erwachsenenadoptionen gelten kann.     

Foto: Archivbild - Thomas Heckmann



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