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Ulm News, 14.09.2024 16:52

14. September 2024 von Thomas Kießling
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Bei Kindern und Jugendlichen Selbstregulierung fördern


Die Förderung der Selbstregulationskompetenz bei Kindern und Jugendlichen ist von zentraler Bedeutung, insbesondere für die Entwicklung von sozial-emotionalen Fähigkeiten, schulischem Erfolg und der Fähigkeit, sich an Herausforderungen anzupassen. Die Uni Ulm fasst die Forschung auf diesem Feld zusammen und dabei erstaunliche Ergebnisse zutage gebracht.

Aus einer aktuellen Stellungnahme der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften (Halle) gehen nun unter Mitwirkung der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sowie der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm (UKU) konkrete Handlungsempfehlungen hervor.

Die Fähigkeit zur Selbstregulation gehört zu den zentralen Kompetenzen, die Kinder und Jugendliche befähigen, Herausforderungen im Alltag, in der Schule und im sozialen Umfeld erfolgreich zu bewältigen. Sie umfasst die Fähigkeit, eigene Emotionen, Gedanken und Handlungen zu steuern, um langfristige Ziele zu erreichen und impulsives Verhalten zu kontrollieren. Das beinhaltet zum Beispiel die selbstständige Organisation von Aufgaben, die Aufmerksamkeitssteuerung, das bewusste Erleben von Emotionen ohne impulsives Handeln sowie die Fähigkeit, soziale Konflikte zu bewältigen und sich aktiv an Entscheidungen zu beteiligen. Besonders in einer zunehmend komplexen und reizüberfluteten Lebenswelt ist die Förderung dieser Kompetenz entscheidend, um jungen Menschen zu ermöglichen, ihre Lebensgestaltung eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen.

„Viele junge Menschen kämpfen mit erheblichen psychischen Belastungen. Die tiefgreifenden Veränderungen ihrer Lebenswelt, wie etwa Kriege und die Klimakrise, schüren starke Sorgen und Zukunftsängste“, so Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und  Jugendpsychiatrie/Psychotherapie am UKU. In der Stellungnahme der Leopoldina heißt es weiter: „Die körperliche Gesundheit vieler junger Menschen ist ebenfalls gefährdet, vor allem durch ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel. Im Bereich Bildung sind die niedrigen Kompetenzstände in den Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften besorgniserregend. Erhebliche Risikofaktoren für Kinder und Jugendliche sind psychisch erkrankte Eltern, ein niedriger sozioökonomischer Status der Familie, Flucht- und Zuwanderungshintergrund sowie Gewalt- und Mobbingerfahrungen. Auch digitale Medien und Techniken bergen – trotz ihrer Vorteile – erhebliche Risiken.“

Forschungsergebnisse zeigen, dass Kinder mit gut entwickelten Selbstregulationsfähigkeiten nicht nur akademisch erfolgreicher sind, sondern auch besser mit Stress umgehen können und sozial-emotionale Resilienz aufbauen. „Daher ist es essenziell, pädagogische und familienbasierte Ansätze zu entwickeln, die diese wichtige Fähigkeit gezielt fördern“, so Prof. Fegert weiter. Ein Ansatz, um auf die zunehmende Gefährdung des Wohlergehens und der Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zu reagieren, ist die Verankerung der Selbstregulationskompetenzen als Leitperspektive im deutschen Bildungssystem. Hierzu empfehlen die Wissenschaftler*innen die Entwicklung und Integration entsprechender Indikatoren in das Bildungsmonitoring sowie in die Schul- und Unterrichtsentwicklung der Bundesländer. Darüber hinaus bedarf es der flächendeckenden Einführung und kontinuierlichen Evaluation wirksamer Strategien zur Förderung dieser Kompetenzen in Kindertageseinrichtungen und Schulen.

Gerade mit steigendem Alter müssen die Selbstregulationskompetenzen mehr und mehr in den Kindertageseinrichtungen und den Schulen weiterentwickelt werden. „Die Forschung zeigt, dass es dafür nachweislich wirksame Ansätze gibt,“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Dabei sei es insbesondere von größter Bedeutung, eine förderliche Entwicklungs- und Lernumgebung zu schaffen, die unter anderem kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung umfasst. Grundlegend sei auch eine entsprechende psychische Gesundheitskompetenz – also das Verständnis dafür, dass Selbstregulationskompetenzen erlernbar sind – und die Fähigkeit, diese in geeigneter Weise für sich umsetzen zu können, zu entwickeln. Weitere wichtige evidenzbasierte Ansätze zur Förderung von Selbstregulationskompetenzen sind verhaltens- bzw. kognitiv-verhaltensorientiert, achtsamkeits- und mitgefühlsbasiert sowie körperorientiert. Sie werden bereits in vielen Programmen national und international eingesetzt. Digitale Apps und andere digitale Technologien haben das Potenzial, solche Programme wirksam zu unterstützen. Außerdem erfordert die Förderung der Selbstregulationskompetenzen von Kindern und Jugendlichen in Kindertageseinrichtungen und Schulen qualifiziertes Bildungspersonal und entsprechende Ressourcen im Bildungssystem. Eine effiziente und vertrauensvolle Vernetzung der Akteure im Bildungs- und Gesundheitswesen ist dabei essenziell.

Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie unter: https://www.leopoldina.org/politikberatung/arbeitsgruppen/selbstregulationskompetenzen/

 

Hintergrund 

Im Universitätsklinikum Ulm werden jährlich rund 50.000 Patient*innen stationär behandelt. Hinzu kommen knapp 300.000 ambulante Quartalsfälle. Rund 6.000 Mitarbeiter*innen leisten an den Standorten des Klinikums universitäre Spitzenmedizin. Mit 29 Kliniken und 16 Instituten bietet das Universitätsklinikum den Patient*innen eine stationäre und ambulante Krankenversorgung auf höchstem Niveau. Das Universitätsklinikum Ulm verfügt über 1.200 Betten und ist das größte Klinikum zwischen Ost-Württemberg, Schwäbischer Alb, Bodensee und Allgäu. An der Ulmer Universität absolvieren rund 4.000 Studierende ein Studium an der Medizinischen Fakultät. Das Universitätsklinikum Ulm ist eines von vier Universitätsklinika in Baden-Württemberg.

 



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