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Ulm News, 19.10.2023 14:00

19. Oktober 2023 von Thomas Kießling
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Vor 40 Jahren: 400 000 Menschen demonstrieren mit einer Menschenkette gegen Atomraketen, Krieg und Aufrüstung


Die aufsehenerregendste und absolut größte Aktion der Friedensbewegung fand am 22. Oktober 1983 statt. Vor 40 Jahren beteiligten sich zwischen 300 000 und 400 000 Menschen am Protest gegen die Stationierung von mit atomaren Sprengköpfen bestückten Pershing II-Raketen in der Region. Sie bildeten eine 108 Kilometer lange Menschenkette zwsichen der US-Kaserne Wiley Barracks, dem heutigen Wiley-Gelände in Neu-Ulm und der US-Einsatzzentrale in Stuttgart. Einer der Organisatoren der Menschenkette war der Ulmer Peter Langer.

"Es war eine großartige Stimmung", erinnert sich Peter Langer, heute Professor, Donauexperte und Kulturmanager in Ulm. "Die Stimmung war fantastisch. Es wurde gesungen und getanzt. Die Teilnehmer*innen waren in Sonderzügen aus ganz Süddeutschland angereist, um dann in Bussen an ihren Bestimmungsort auf der Alb gebracht zu werden – eine geradezu „generalstabsmäßige“ logistische Leistung", schreibt Peter Langer in seinem Buch "Lebensstrom" (Klemm+Oelschläger).

Deutsche Friedenbewegung protestiert gegen Pershing II 

Die Kreigsangst war groß in diesen Jahren. Vor allem vor einem Atomschlag, ausgehend von der Sowjetunion. Die deutsche Friedenbewegung protestierte im Herbst 1983 mit einer Aktionswoche gegen den geplanten Nachrüstungsbeschluss der NATO und gegen die Stationierung von atomarbestückten Kurz-und Mittelstreckenraketen in Deutschland und im speziellen in der Region. So wurden die Pershing II-Raketen auf großen Transportern auf geheimen Routen durch die Wälder bei Kettershausen oder Mutlangen gefahren und  doirt - abschussbereit - vor dem Feind versteckt. 
Mit einem Aufruf wandten sich 1983 verschiedene Gruppen der Friedensbewegung an die Bundesregierung. Dem folgte eine Aktionswoche vom 15. bis 22. Oktober 1983 mit verschiedenen und gewaltfreien Aktionen in West-Deutschland.

Menschenkette zwischen Neu-Ulm und Stuttgart

Der 22. Oktober 1983 war dann der Höhepunkt der Aktionswoche. Es wurde eine 108 Kilometer lange Menschenkette zwischen Stuttgart, dem Hauptquartier der US-Truppen in Europa, und Neu-Ulm, dem Stationierungsort für Pershing-II-Raketen, gebildet. Die Organisatoren, unter anderem auch Peter Langer aus UIm, hatten anfangs Bedenken, ob sich tatsächlich genügend Teilnehmer finden, um die Menschenkette zu schließen. Die Teilnehmer waren im Vorfeld aufgefordert worden, Schlas und Tücher mitzubringen, um notfalls Lücken zu schließen. Doch die Bedenken wurden zerstreut und alle Erwartungen übertroffen. Zwischen 300 000 bis 400 000 Menschen standen zum Teil in Dreier-Reihen oder im Zickzack an den Straßen und nahmen sich bei den Händen, tanzten und sangen beispielsweise  "We shall overcome". Sie setzten so ein lebendiges Symbol für den Frieden und gegen die Stationierung der Raketen. Es war ein eindrucksvolles Ereignis für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, obwohl die schiere Größe der Demo  in diesen Stunden wohl nur den Wenigstens richtig klar wurde.
Die Menschenkette war aber auch ein großes Medienereignis. Reporter flogen mit Hubschraubern über die Menschenkette und dokumentierten so den außergewöhnlichen Protest, an dem sich alle Gesellschaftschichten und Altergruppen beteiligten.   
Für die Organisatoren war es eine gewaltige logistische und organisatorische Aufgabe.  Die Menschenmenge kam in fast 40 Sonderzügen in Ulm am Bahnhof an und wurde dann mit angemieteten Bussen auf die Alb und die Straßen durch die Dörfer verteilt.
Zurück wurden sie wird an den Ulmer Hauptbahnhof gebracht. Vor dort pilgerten rund 150 000 Menschen dann zur Abschlusskundgebung nach Neu-Ulm. Musiker wie Ton Steine Scherben, Bettina Wegener, Schröder Roadshow, Konstantin Wecker oder Peter Maffay sangen bei der Abschlusskundgebung vor der Wiley-Kaserne in Neu-Ulm.  Nicht alle fanden den Auftritt von Peter Maffay toll. Sie hoben ein Plakat hoch mit "Lieber Pershing II als Peter Maffay" (siehe Roman Kleinstadthelden Gmeiner Verlag von Ralf Grimminger). Der verärgerte Sänger trat mehrere Jahre nicht in Ulm auf. 

Persing II-Raketen dennoch stationiert

Die Pershing II-Raketen wurden trotz dieser gewaltigen Protestaktion  stationiert und der so genannte NATO-Doppelbeschluss umgesetzt. Das Demonstrationsziel war nicht erreicht worden. Helmut Kohl reagierte auf die Menschenkette mit dem legendären Satz: "Die protestieren, wir regieren". 

Die Menschenkette war der Höhepunkt der deutschen Friedensbewegung. Die Raketen wurden dennoch stationiert und der NATO-Doppelbeschluss umgesetzt. Das Gefüge der Sowjetunion bekam in den folgenden Jahren immer mehr Risse. Unter Generalsekretär Präsident Michail Sergejewitsch Gorbatschow öffnete sich die Sowjetunion und auch die DDR. Mit der Wiervereinigung von West- und Ostdeutschland ab 1989 rüsteten die Blöcke im Osten und die USA mit NATO ab. 30 Jahre gab es ein relativ stabiles friedliches Nebeneinander, auch weil die Staaten wirtschaftlich immer mehr zusammenwuchsen.
Mit dem Angriff Russlands unter Präsdient Putin auf Staaten der ehemaligen Sowjetunion und später dann auf die Ukraine änderte sich die Friedensordnung in der Welt dramatisch - ohne dass es bislang zu solch großen Friedensdemonstrationen mit hunterttausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern gekommen ist wie damals vor 40 Jahren.   



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