ulm-news.de

Sparkasse Neu-Ulm - Illertissen 1
Sie sind hier: ulm-news Startseite  Nachrichten

Ulm News, 05.08.2022 11:34

5. August 2022 von Thomas Kießling
0 Kommentare

Uni Ulm: neuer Auflösungsrekord bei elektronenmikroskopischer Abbildung


Einem Forschungsteam um die Ulmer Physik-Professorin Ute Kaiser ist es gelungen, organische 2D-Polymere an einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) auf submolekularer Ebene in bisher nie erreichter Auflösung abzubilden. Die kontrastreiche und detaillierte Abbildung macht es möglich, molekulare Defekte aufzudecken beziehungsweise auszuschließen. Dies bringt enorme Fortschritte für die Charakterisierung und Funktionalisierung dieser neuartigen Materialien, die so vielversprechend wie empfindlich sind.

In der Polymerchemie gibt es eine sehr junge Werkstoffgruppe mit enorm großem Anwendungspotential: sogenannte organische 2D-Polymere. Ob in der Optik, der Elektronik oder Batteriechemie und Katalyse, der Physik oder Biologie – die Einsatzgebiete für diese besonderen einlagigen Materialien sind vielfältig. Das Besondere an ihnen: sie lassen sich auch nachträglich noch anwendungsoptimiert funktionalisieren und formieren, sei es für den Einsatz als Schaltelement, als Lichtsammler oder als Biomembran. Die Komposition, Funktionalisierung und Stapelung von organischen 2D-Polymerschichten ist allerdings nicht einfach zu kontrollieren und muss daher bis ins kleinste Detail überprüft werden.

„Organische 2D-Polymere sind sozusagen die ,jungen Wilden‘ unter den Polymeren. Sie machen ein bisschen, was sie wollen und reagieren sehr empfindlich darauf, wenn man ihnen analytisch auf die Pelle rückt“, so Professorin Ute Kaiser, Leiterin der Arbeitsgruppe Materialwissenschaftliche Elektronenmikroskopie an der Universität Ulm. Aufgrund unterschiedlicher Bindungsarten und -eigenschaften gestalten sich die molekularen Interaktionen organischer 2D-Polymere viel komplexer und störempfindlicher. Bislang war es kaum möglich, solche Materialien elektronenmikroskopisch mit ausreichender Auflösung auf atomarer Ebene zu charakterisieren. „Das Problem besteht darin, dass die abbildenden Elektronen mit den Atomen der Polymerschicht in Wechselwirkung treten und diese beschädigen oder sogar vollständig zerstören können“, erklärt die Physikerin.
Einem Forschungsteam aus Kaisers Arbeitsgruppe ist es in Zusammenarbeit mit Forschenden aus Dresden, Halle und Leipzig sowie aus Guangzhou und Jinan (beides China) nun erstmals gelungen, 2D Polymere in nahezu atomarer Auflösung an einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) zu untersuchen, ohne das 2D-Material zu beschädigen oder in der Zusammensetzung zu verändern. Zum Einsatz kam dabei das Mikroskop TITAN der Universität Ulm, ein sogenanntes hochauflösendes und Bildfehler-korrigiertes Transmissionselektronenmikroskop. Für ihre materialwissenschaftlichen Untersuchungen haben die Forschenden die Beschleunigungsspannung und Anzahl der Elektronen systematisch variiert, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen sich maximale Bildqualität bei minimalen Elektronenstrahlenschäden realisieren lässt.

Üblicherweise werden für die transmissionselektronenmikroskopische Abbildung organischer Materialien Elektronenstrahlen mit höherer Energie (300 keV) verwendet. Die Ulmer Physikerinnen und Physiker haben für ihre Studie nun einen Niederspannungsansatz verfolgt, kombiniert mit einer Niedrigdosistechnik. „Wir haben die Energie der Elektronen systematisch von 300 keV bis auf 80 keV reduziert und dabei herausgefunden, dass 120 keV – bei gleichzeitiger Reduktion der Elektronenanzahl – die höchstmögliche Auflösung in der Abbildung bringt“, erklärt Dr. Haoyuan Qi, Gruppenleiter in der Ulmer Arbeitsgruppe Materialwissenschaftlichen Elektronenmikroskopie. Der Wissenschaftler leitet dort als das Forschungsteam für Organische 2D-Materialien und hat gemeinsam mit Professorin Kaiser die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlichte Studie koordiniert.

In kristallinen Polymeren lassen sich Strukturdefekte leichter aufdecken

Für die Untersuchung haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Trick beholfen. Um überhaupt herausfinden zu können, ob die elektronenmikroskopischen Aufnahmebedingungen das Material schädigen oder in seiner Struktur verändern, wurden im ersten Schritt 2D-Polymere verwendet, die eine kristalline Struktur herausbilden (hierfür wurden BPDA-Monomere mit TAPP-Monomeren kombiniert). Dabei bilden sich absolut regelmäßige Feinstrukturen heraus, die gut zu erkennen und nachzuvollziehen sind. Elektronenstrahl-bedingte Defekte und Schäden konnten bei diesen kristallinen Polymeren als Unregelmäßigkeiten und Musterabweichungen schnell aufgedeckt werden. Dabei half den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch ein neues KI-basiertes Auswertungssystem.
„Nachdem wir die besten technischen Abbildungsvoraussetzungen ermittelt haben, um kristalline 2D-Polymere im Originalzustand zu analysieren, wurden diese im zweiten Schritt auf die Untersuchung von amorphen 2D-Polymeren übertragen“, erläutert die Ulmer Doktorandin Baokun Liang, Erstautorin der Studie. Diese amorphen Polymere sind aus ähnlich empfindlichen, aber asymmetrischen Monomeren (DhTPA, ebenfalls kombiniert mit TAPP) aufgebaut, die allerdings in der Nahordnung keine geordneten Strukturen bilden, sondern eher unregelmäßige Muster. Schließlich wurden diese amorphen 2D-Polymere mit dem TEM auf molekulare Defekte hin untersucht.

Auflösungsrekorde sind kein Selbstzweck

„Es geht in unserer Forschung immer auch darum, Auflösungsrekorde aufzustellen. Diese sind allerdings kein Selbstzweck. Uns ist es nun gelungen, bei einer niedrigeren Beschleunigungsspannung die Auflösung enorm zu erhöhen. So erhalten wir erstmals ein kontrastreiches, detailliertes Bild der Struktur dünner organischer Polymerschichten und zwar auf nahezu atomarer Ebene“, fasst Professorin Ute Kaiser die Studie zusammen. Die Arbeit des deutsch-chinesischen Forschungsteams macht es also möglich, molekulare Defekte zu erkennen, die entscheidenden Einfluss auf die Materialeigenschaften und damit auf die Einsatzmöglichkeiten haben. Die neuartigen 2D-Polymere für die Studie wurden an der Sun-Yat-sen-Universität und der TU Dresden synthetisiert. In Dresden wurden auch die Berechnungen zu den quantenmechanischen Eigenschaften der Defektstrukturen durchgeführt. Gefördert wurde das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und im Rahmen von Horizon 2020 von der Europäischen Union.



Sparkasse NU

Termine & Kino

weitere Termine

Highlight

Zur Zeit gibt es kein Highlight.

Weitere Topevents

Sparkasse Neu-Ulm - Illertissen 1
Jul 12

Bundesstraße wird voll gesperrt
Ein neues Hinweisschild an der Bundesstraße 10 in der Durchfahrt von Ulm weist auf eine kommende...weiterlesen


Jul 18

Ulmer Schwörwoche mit viel Programm, mega Sause und einigen Regeln
Schwörmontag, das ist immer der vorletzte Montag im Juli. In diesem Jahr fällt der Ulmer Verfassungstag...weiterlesen


Jul 25

Endlich Ferien und frei – aber dies eher auf der „Schüssel“
Nach dem Ulmer Nabada an Schwörmontag klagen viele Nabader über Magen-Darm-Erkrankungen. Apotheken...weiterlesen


Jul 19

Zwei Frauen bedroht: Mann mit Samurai-Schwert verletzt sich tödlich
Am Freitag soll ein 27-Jähriger in Berkheim zwei Bekannte bedroht und sich selbst verletzt haben. weiterlesen


Jul 17

Gunter Czisch wird Richter am Verfassungsgerichtshof - Wichtiges Ehrenamt für Ulmer Oberbürgermeister a.D.
Gunter Czisch ist zum ehrenamtlichen Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Baden-Würtemberg...weiterlesen


Jul 22

Italienische Nacht in Ulm: 6000 Zuhörer feiern Superstar Zucchero und Band
Am Sonntagabend verwandelte der italienische Blues-Rock-Musiker Zucchero den Münsterplatz in Ulm knapp...weiterlesen


Jul 22

Für ein fröhliches Nabada auf der Donau einige Tipps
Um 16 Uhr beginnt am Schwörmontag das Nabada auf der Donau. Für die fröhlichen „Faschings-Umzug auf...weiterlesen


Jul 23

Frau beraubt und durch Stiche verletzt
Am vergangenen Samstag kam es im Neu-Ulmer Innenstadtbereich zu einem Raubüberfall auf eine 38-jährige...weiterlesen



Sparkasse Neu-Ulm - Illertissen 1

 
© ulm-news.de, Nachrichten für Ulm und Umgebung   KONTAKT | FAQ | IMPRESSUM | DATENSCHUTZ | Cookie Einstellungen anpassen nach oben