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Ulm News, 03.02.2021 15:56

3. Februar 2021 von Ralf Grimminger
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Erst Corona und dann zuckerkrank?


SARS-CoV-2 befällt viele Organe. Schwere Verläufe von COVID-19 betreffen nicht nur die Atemwege, den Verdauungstrakt, das Herz-Kreislauf- und Nervensystem, sondern auch den Stoffwechsel. Forschende der Ulmer Universitätsmedizin konnten nun in einer Studie nachweisen, dass SARS-CoV-2 bei gravierenden Krankheitsverläufen die insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse infiziert.

Dies erklärt möglicherweise das Auftreten von Diabetes-ähnlichen Krankheitssymptomen von COVID-19-Patienten sowie die Verschlechterung des Zuckerstoffwechsels bei coronakranken Diabetikern. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im hochrenommierten Fachmagazin Nature Metabolism.
„Bei Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung, gibt es immer wieder Verläufe, bei denen auch die Regulation des Blutzuckerspiegels gestört ist“, erklärt Professor Martin Wagner. Der Leitende Oberarzt ist kommissarischer Sektionsleiter der Endokrinologie an der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm.
So treten bei schweren Krankheitsverläufen häufiger Symptome auf, wie sie typischerweise bei Diabetes mellitus vom Typ1 zu finden ist, der auf Insulinmangel zurückzuführen ist. Die Symptome reichen von Hyperglykämie, also einer gravierenden Überzuckerung, bis hin zu einer Übersäuerung des Blutes, die Ketoazidose genannt wird.
„Aktuelle Studien berichten dazu über Verschlechterungen bekannter Diabetes mellitus Erkrankungen, aber auch über Fälle von neu aufgetretenem Diabetes nach durchgemachter COVID-19 Erkrankung“, so Heisenberg-Professor Alexander Kleger, dessen Arbeitsgruppe sich intensiv mit der Erforschung von Pankreas-Erkrankungen beschäftigt und der einer der Studienleiter ist.
In der Ulmer Studie – einem gemeinsamen Projekt der Inneren Medizin 1, des Instituts für Molekulare Virologie und des Instituts für Pathologie – wurde untersucht, wie es bei COVID-19-Patientinnen und -Patienten zu diesen Diabetes-typischen Symptomen kommen könnte.
Dafür haben die Forschenden Gewebe aus der Bauchspeicheldrüse mit SARS-CoV-2 in Kontakt gebracht und so herausgefunden, dass sich die sogenannten Langerhans‘schen Inseln mit dem Coronavirus infizieren lassen. In diesen kleinen, kugelig organisierten Strukturen sitzen die insulinproduzierenden Beta-Zellen.
„Diese Beta-Zellen exprimieren bestimmte Eiweißmoleküle, ohne die SARS-CoV-2 die Zellen nicht infizieren kann. Die körpereigenen Proteine TMPRSS2 und ACE2 sind sozusagen das Schloss, über das die Coronaviren mit ihrem Schlüsselprotein `Spike´ in die Zellen eindringen. Daraufhin vervielfältigen sich die Virus-Bausteine, und viele neue infektiöse Viruspartikel werden freigesetzt. Genau das konnten wir auch in den Langerhans’schen Inseln beobachten“, erklärt Professor Dr. Jan Münch, Studienleiter vom Institut für Molekulare Virologie. Mit ihren Experimenten konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem aufzeigen, dass sich infiziertes insulinproduzierendes Gewebe in Form und Funktion entscheidend verändert. „Dabei fiel auf, dass die Anzahl der Insulin-Granula reduziert war, in denen die Beta-Zellen das Insulin speichern. Kein Wunder also, dass in diesen Fällen die Ausschüttung dieses lebenswichtigen, Blutzuckerspiegel-regulierenden Hormons gestört war“, betonen Dr. Janis Müller und Dr. Sandra Heller, die ebenfalls federführend an der Studie beteiligt waren.
Ein weiterer Befund war für das Forscherteam ebenfalls höchst aufschlussreich: Bei Autopsien an verstorbenen COVID-19-Patienten, die in enger Zusammenarbeit mit der Uniklinik in Heidelberg durchgeführt wurden, zeigte sich eine SARS-CoV-2-Infektion des Pankreas. „Das Erstaunliche daran: Selbst nach dem in der Lunge keine Virusproteine mehr zu finden waren, konnten diese in der Bauchspeicheldrüse noch nachgewiesen werden, und dies bei unterschiedlich langen Krankheitsverläufen“, sagt Professor Thomas Barth, der als Pathologe des Universitätsklinikums Ulm an der Studie beteiligt war. Dies deutet möglicherweise darauf hin, dass das neuartige Coronavirus nicht nur außerhalb der Lunge aktiv ist und andere Organe infiziert, sondern dass diese Infektionen häufiger und andauernder sind als bisher angenommen.

Entzündungen der Bauchspeicheldrüse treten ebenfalls bei COVID-19 auf
Die Bauchspeichdrüse produziert nicht nur das Hormon Insulin, sondern sie setzt auch Verdauungssäfte im Zwölffingerdarm frei, die Fette, Kohlenhydrate und Eiweiße aus der Nahrung aufspalten. Das Forscherteam hat bei seinen Untersuchungen zur Studie nun ebenfalls entdeckt, dass auch Pankreasgewebe mit Coronaviren infiziert war, das diese Verdauungsenzyme produziert. Welche Relevanz dies für den klinischen Krankheitsverlauf hat, ist noch unklar. „Bekannt ist bislang, dass aktive COVID-19-Erkrankungen auch von Entzündungen der Bauchspeicheldrüse begleitet werden“, erklärt Professor Kleger, der am Uniklinikum Ulm die Bauchspeicheldrüsenambulanz leitet.
Noch offen ist außerdem die Frage, ob die akut auftretenden Beeinträchtigungen der Insulinproduktion bei COVID-19-Patienten langfristig zu einer Diabetes-Erkrankung führen können. „Auch hier brauchen wir auf jeden Fall weitere Studien“, ist das Forscherteam überzeugt.
Beteiligt an dem groß angelegten Forschungsprojekt waren neben den Ulmer Pankreas-Spezialisten, Virologen und Pathologen auch Physiologen, Mikrobiologen und Elektronenmikroskopiker der Universität Ulm sowie weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. Finanziert wurde die Studie unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Fokus-Förderung zu COVID-19), der Europäischen Union (EU Horizon 2020 „Fight-nCoV“) sowie vom Bund, vom Land und von weiteren Fördereinrichtungen und Stiftungen.



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