Ulm News, 03.09.2020 23:37
Diabetes und Corona: Mediziner der Ulmer Universitätsklinik klären Zusammenhänge
Hiesige Katastrophen sind üblicherweise nicht nur mit unmittelbaren Folgen verbunden. Abgesehen von möglicherweise finanziellen Herausforderungen und psychischen Einschränkungen leiden vor allem Kinder und Jugendliche auf besondere Art. Katastrophen in Tschernobyl 1986 und auch ein Erdbeben in Los Angeles 1994 hob die Anzahl an Diabeteserkrankungen drastisch an. Zwei Forscher aus Ulm wollten nun herausfinden, ob die aktuelle Corona-Pandemie einen ähnlichen Effekt bewirken würde.
Speziell in der gegenwärtigen Zeit sind Kinder und Jugendliche zwei Faktoren ausgesetzt, die eine Diabetes-Typ-1-Erkrankung wesentlich begünstigen können. Abgesehen vom psychischen Stress durch die sozialen Einschränkungen bestand auch noch die Gefahr, an dem neuartigen Virus zu erkranken. Sascha Tittel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZIBMT im Institut für Epidemiologie und medizinische Biometrie der Universität Ulm war einer der Forscher, die mögliche Auswirkungen davon ans Licht bringen wollte:”Mit unserer Studie wollten wir einen ersten Einblick darüber erhalten, ob sich Stressfaktoren wie Kita- und Schulschließungen, Kontaktbeschränkungen, Home-Schooling und Familienkonflikte eventuell bereits früh auf die Erkrankungsrate des Typ-1-Diabetes der jungen Bevölkerung ausgewirkt haben könnte”.
Ebenfalls an der durchgeführten Studie war Professor Dr. med. Reinhard Holl beteiligt. Der Leiter der Arbeitsgruppe Computergestütztes Qualitätsmanagement in der Medizin im epidemiologischen Institut der Universität Ulm wusste um das Problem Diabetes bereits vor der Zeit des Lockdowns Bescheid.
“Über die Jahre zeigte sich insgesamt, wie erwartet, eine stetig steigende jährliche Erkrankungsrate”, resümiert der Wissenschaftler über den Zeitraum von 2011 bis 2019. Um Erkenntnisse aus der gegenwärtigen Situation gewinnen zu können, wurden kürzlich gestellte Neudiagnosen mit jenem Zeitraum verglichen. Von den Monaten März bis April 2020 lagen den Forschern Daten aus über 200 Diabeteszentren in Baden-Württemberg und dem Rest der Bundesrepublik vor.
Das Forschungsprojekt der beiden Ulmer Mediziner lieferte schließlich Ergebnisse, die weniger Grund zur Sorge anmaßen lassen. Im direkten Vergleich zur selben Zeit des Vorjahres sind keine besonderen Veränderungen zu erkennen. 2019 wurden 503 Erkrankungen diagnostiziert, in diesem Jahr waren es 531. Der minimale Unterschied dieser Werte ist laut Dr. Reinhard Höll kein Grund zur Beunruhigung.
„Dies entspricht dem normalen jährlichen Anstieg. Daraus schließen wir, dass für die Zeit des Corona-Lockdowns keine höhere Inzidenz vorliegt“, schließt der Ulmer Mediziner aus den gewonnenen Daten. Außerdem betonte er, dass diese Ergebnisse im besten Fall jedoch nur einen Kurzzeiteffekt bestätigen könnten. Damit mittel- bzw. langfristige Auswirkungen erkannt werden können, müssten weitere Studien zu dem Thema durchgeführt werden.
Um in Krisenzeiten besser gewappnet zu sein, betonte Holl sei es wichtig, auf den Stoffwechsel bzw. die aufgenommenen Nährstoffe zu achten. In Zusammenhang mit der Erkrankung und der gegenwärtigen Pandemie sei insbesondere die verstärkte Aufnahme von Vitamin D eine zu empfehlende Maßnahme. Nicht nur ein direkter Zusammenhang mit einer Diabeteserkrankung sondern auch mit dem Coronavirus sei in Kombination mit einem Mangel vorhanden.
Letztere These wurde ebenfalls durch eine Studie an der Stuttgarter Universität Hohenheim festgestellt. Professor Dr. Biesalski des Forschungsinstitut klärt jedoch über wichtige
Abgrenzungen auf:”„Vitamin D ist kein Medikament, mit dem man Covid-19-Erkrankungen heilen kann. Doch man kann damit positiv auf den Krankheitsverlauf einwirken, indem es dem Organismus ermöglicht, die Balance zwischen den pro- und anti-entzündlichen Prozessen wiederherzustellen.“
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