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Ulm News, 26.07.2017 14:31

26. July 2017 von Thomas Kießling
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„Ich war die große jüdische Hoffnung“ - Gretel Bergmann im Alter von 103 Jahren verstorben


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Beschreibung: Gretel Bergmann, 1938.

Fotograf: A-DZOK, Nachlass Mann, Album 4-178, 7/13.

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Am Dienstag, den 25. Juli, meldete die New York Times den Tod der Weltklassesportlerin Gretel Bergmann (Margaret Bergmann Lambert). Die Leichtathletin schwäbischer Herkunft, die 1936 als Jüdin von den Berliner Olympischen Spielen ausgeschlossen worden war, starb im Alter von 103 Jahren im New Yorker Stadtteil Queens. Ihre Nichte Doris Bergmann bestätigte ihren Tod. Ein Nachruf von Dr. Nicola Wenge, Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm:

Am Dienstag, den 25. Juli, meldete die New York Times den Tod der Weltklassesportlerin Gretel Bergmann (Margaret Bergmann Lambert). Die Leichtathletin schwäbischer Herkunft, die 1936 als Jüdin von den Berliner Olympischen Spielen ausgeschlossen worden war, starb im Alter von 103 Jahren im New Yorker Stadtteil Queens. Ihre Nichte Doris Bergmann bestätigte ihren Tod. 1914 in Laupheim geboren, wuchs Gretel Bergmann als Tochter einer Fabrikantenfamilie in behüteten Verhältnissen auf. Schon früh zeigte sich ihr außergewöhnliches Sporttalent. 16-jährig wechselte sie zum Ulmer Fußball-Verein 1894 (UFV), der ihr bessere Trainingsmöglichkeiten bot, und erzielte als Hochspringerin zahlreiche Erfolge.
1932 wurde sie süddeutsche Meisterin. Doch Gretel Bergmanns Karriere wurde im Nationalsozialismus zunächst sabotiert und schließlich zerstört.
Ein erstes schockierendes Moment war für sie der Ausschluss aus dem Ulmer Sportverein. In ihren Lebenserinnerungen schrieb sie hierzu: „Der Brief traf im Frühjahr 1933 ein, wenige Tage vor meinem 19. Geburtstag. Es war kein schönes Geburtstagsgeschenk. Meine Welt brach zusammen. In dem Brief informierte man mich, meine Mitgliedschaft im UFV sei gekündigt und ich dort nicht mehr willkommen. Vergessen die schönen Stunden, die wir zusammen verbracht hatten, vergessen die vielen Medaillen, die ich für den Verein gewonnen hatte, vergessen die Kameradschaft!“ Gretel Bergmann ging kurz darauf nach England, wurde aber von den Nationalsozialisten unter Druck gesetzt, zurückzukehren, um als „Alibi-Jüdin“ in das deutsche Olympiateam berufen zu werden und damit die ausländische Kritik an der antisemitischen (Sport-)Politik zu entkräften.
1936 sprang Gretel Bergmann trotz aller Widrigkeiten die Rekordmarke von 1,60 m, wurde aber kurz vor Beginn der Spiele doch noch von der Teilnahme ausgeschlossen. Im Jahr darauf war Bergmanns Rekord bereits aus der Bestenliste des deutschen Leichtathletik-Verbands getilgt. Sie war ein Opfer der NS-Sportpolitik geworden, konnte aber ihr Leben durch Flucht retten. 1937 emigrierte Gretel Bergmann in die USA, wo sie mit nicht mehr als 10 Dollar ankam. Gleichwohl gelang es ihr, ihrem Verlobten Bruno Lambert, Medizinstudent und Leichtathlet, eine Einreisegenehmigung zu besorgen, damit er ihr in die USA folgen konnte, wo sie 1938 heirateten. Fortan trug Gretel Bergman den Namen Margaret Bergmann Lambert.
1942 nahm sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Nachdem Gretel Bergmann erfahren hatte, dass viele ihrer Familienmitglieder im Holocaust ermordet worden waren, schwor sie sich, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Zu tief saß die Bitterkeit über das Erfahrene, zu schwierig war das Weiterleben nach der Verfolgung.
Die Verbindung mit der schwäbischen Heimat war abgerissen, keiner ihrer alten Bekannten versuchte nach 1945, wieder Kontakt zu ihr aufzunehmen. Erste zaghafte Kontaktversuche aus Laupheim begannen in den 1980er Jahren.
1999 brach Gretel Lambert – auch zur eigenen psychischen Heilung – ihren Vorsatz, nie wieder zurückzukehren. Sie nahm in Frankfurt/Main den Georg-von-Opel-Preis entgegen und reiste erstmalig auch nach Ulm und Laupheim, wo das dortige Stadium nach ihr benannt wurde. Der deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) erkannte erst zwanzig Jahre später, mit 73-jähriger Verspätung, ihre Bestmarke von 1936 an. Zahlreiche Würdigungen folgten, unter anderem erhielt die Weltklassesportlerin 2014 die Staufermedaille in Gold und die Bürgermedaille der Stadt Laupheim. Das Leben von Gretel Bergmann wurde mehrfach verfilmt, ihre Erinnerungen vom Haus der Geschichte B aden-Württemberg herausgegeben.
Trotz zunehmender Versöhnlichkeit behielt Gretel Bergmann bei ihren Besuchen in Deutschland eine klare Position: „Man sagt, Zeit heile alle Wunden, aber, ohne in Einzelheiten zu gehen, einige Narben bleiben für immer.“
Doch obwohl die Narben der eigenen Verfolgung und der Ermordung der Familie blieben, gelang es Gretel Bergmann ihr Leben zu meistern. Sie schloss ihre Autobiographie mit dem Lebensfazit: „Triumphierend und dankbar zugleich haben wir erlebt, dass wir entschlossen und stark genug waren, um durchzuhalten und alle Höhen und Tiefen, denen wir begegneten, zu meistern.“ Gretel Bergmann hinterlässt zwei Söhne, zwei Enkel und einen Urenkel.



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