Ulm News, 17.09.2015 00:00
Wenn das Essen zur Qual wird - Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden dank vermehrter Aufklärung doppelt so häufig diagnostiziert
Für eine steigende Zahl von Menschen hat der Verzehr bestimmter Nahrungsmittel schmerzhafte Folgen: Der Anteil derjenigen, die kein Gluten vertragen, hat sich in fünf Jahren in Ulm, Biberach und Alb-Donau-Kreis mehr als verdoppelt. Bei Laktose-Intoleranzen stieg die Zahl der Diagnosen sogar um das Anderthalbfache. Das ergab eine Auswertung der AOK Ulm-Biberach unter ihren Versicherten.
Diese deutlichen Steigerungen liegen vor allem daran, dass die Menschen durch die Präsenz des Themas Ernährung sensibler geworden sind und häufiger einen Arzt aufsuchen. Aber: Nicht jede Blähung ist eine Intoleranz! Wenn nach dem Essen unter Schmerzen oder Juckreiz leidet, denkt man schnell an eine Lebensmittel-Allergie. Meist handelt es sich „nur“ um eine Lebensmittelunverträglichkeit. Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf harmlose Eiweißstoffe sofort mit Atemwegs-Problemen, Hautreizungen, Erbrechen oder gar Schock.
Bei Lebensmittel-Intoleranzen sitzt das Problem im Darm, der Körper reagiert erst bei der Verdauung. Lebensmittelbestandteile können nicht ins Blut transportiert werden, was zu Beschwerden vor allem im Magen-Darm-Bereich führt. Besonders gefährlich ist die Zöliakie, also die Intoleranz gegen das Eiweiß im Getreide.
Gluten-Unverträglichkeit: 182 Betroffene bei AOK Ulm-Biberach
Auslöser für die Unverträglichkeit verschiedener Getreidesorten wie Weizen, Gerste, Roggen und Dinkel ist das Klebereiweiß Gluten, das bei Erkrankten die Darmwand schädigt. Der Körper nimmt nicht ausreichend Nährstoffe aus dem Essen auf. Das kann zu Blutarmut, Osteoporose und Vitamin- und Mineralstoffmangel bis hin zu Wachstumsstörungen führen. Die Diagnose ist nicht sehr häufig: In Ulm, Biberach und Alb-Donau-Kreis sind unter den AOK-Versicherten 182 Betroffene, darunter 25 Ulmer, 85 aus Stadt und Landkreis Biberach und 72 aus dem Alb-Donau Kreis. Die Zahl der Diagnosen stieg um 120 Prozent in fünf Jahren. Nur jede vierte davon erhält ein Mann. Betroffene müssen lebenslang auf Gluten verzichten, es gibt keine Medikamente. Die Umstellung der Diät sollte unbedingt von einer Ernährungsberatung begleitet werden.
„Glutenfreie Getreide-Alternativen sind Reis, Mais, Hirse, Buchweizen, Amaranth und Quinoa,“ rät Patricia Steiniger, Ernährungsberaterin bei der AOK Ulm-Biberach. „Außerdem bietet der Handel mittlerweile eine gute Auswahl an glutenfreien Nudeln, Brot und Kuchen an.“ Mit viel Gemüse, Obst und Hülsenfrüchten beuge man einem Ballaststoffmangel vor.
Milchzucker als Übeltäter: Zahl der Diagnosen hat sich verdreifacht
Laktose ist bei uns „Säugetieren“ vor allem für Babies vorgesehen. Das erwachsene Verdauungssystem kann manchmal den Milchzucker (Laktose) nicht verwerten. Das führt zu Durchfällen, Blähungen und Bauchkrämpfen. Unter den Versicherten der AOK Ulm-Biberach gab es zuletzt 1.446 Menschen mit diagnostizierter Laktose-Intoleranz. 313 davon leben in Ulm, 593 im Landkreis Biberach und 540 im Alb-Donau Kreis. Im Fünf-Jahres-Vergleich stieg die Zahl um 153 Prozent. Sieben von zehn Patienten sind weiblich.
„Menschen, die eine Milchzuckerunverträglichkeit feststellen, müssen selten ganz auf Milchprodukte verzichten. Oft genügt es, weniger davon zu essen. Temperatur, Zeitpunkt und Konsistenz spielen eine Rolle; Flüssiges wird schlechter vertragen als feste Speisen“, sagt Patricia Steiniger. Sollte man gar keinen Milchzucker vertragen, findet man eine breite Palette an laktosefreien Lebensmitteln im Kühlregal.



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