Ulm News, 23.03.2014 09:00
Wenn die Krankheit auf die Psyche schlägt
Wissenschaftler des Ulmer Universitätsklinikums erforschen den Zusammenhang von Diabetes mellitus und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen Blutzucker messen, regelmäßig Medikamente einnehmen und genau auf die Ernährung achten – wer mit Diabetes mellitus lebt, muss lernen, die Erkrankung in den Alltag zu integrieren.
Kinder und Jugendliche leiden besonders darunter, dass sie die Diabetestherapie täglich vor neue Anforderungen stellt. Ärzte und Wissenschaftler des Ulmer Universitätsklinikums und der Universität haben herausgefunden, dass junge Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 etwa doppelt so häufig von Depressionen betroffen sind wie stoffwechselgesunde Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit Forschern aus Köln und Wien haben sie diesen Zusammenhang näher untersucht. Die Ergebnisse wurden kürzlich im renommierten Fachmagazin Pediatric Diabetes online veröffentlicht. Während der Verdauung baut der menschliche Körper Kohlenhydrate, die mit der Nahrung aufgenommen werden, in Traubenzucker (Glukose), einem wichtigen Energielieferanten, ab und transportiert ihn in die Körperzellen. Zentrale Rolle bei der Umwandlung spielt das Hormon Insulin, welches in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Bei Menschen, die unter Typ-1-Diabetes mellitus leiden, ist dieser Prozess gestört. „Die Bauchspeicheldrüse der Betroffenen kann selbst kein Insulin bilden, weil das eigene Immunsystem die insulinbildenden Zellen zerstört, in Folge also ein Insulinmangel entsteht. Der Nahrungszucker kann daher nicht abgebaut werden, sondern sammelt sich im Blut an und der Blutzuckerspiegel steigt extrem. Das wiederum beeinflusst andere wichtige organische Vorgänge im Körper“, erklärt Prof. Dr. Reinhard Holl, Projektleiter am Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Ulmer Universität. Typ-1-Diabetes ist nicht heilbar, sondern höchstens kontrollierbar. Die Krankheit beeinflusst nicht nur die Ernährung, die Fitness und das Sozialverhalten der Betroffenen, sondern wirkt auch stark auf die psychische Verfassung. Besonders junge Patienten leiden darunter, dass die Krankheit ihren Alltag bestimmt. „Sie müssen regelmäßig den Blutzucker messen und sich Insulin spritzen, sonst kann dies schwere Folgen für den Verlauf der Krankheit haben. So bewusst mit Diabetes umzugehen ist alles andere als einfach. Die Diagnose und eine damit verbundene Anpassung des Lebensstils könnten Gründe dafür sein, dass diese Kinder und Jugendlichen zusätzlich auch häufiger von Depressionen und psychischen Störungen betroffen sind“, sagt Dr. Paul Plener, Leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Ulmer Universitätsklinikums. In der Studie analysierten die Forscher Daten von 54.000 Patienten aus dem Deutschen Diabetes Register, die jünger als 25 Jahre alt sind und an Diabetes mellitus Typ 1 leiden. „Diabetes-Patienten, die Symptome einer Depression zeigten, wie Niedergeschlagenheit, Angst oder Schlaf- und Essstörungen, wiesen deutlich schlechtere Blutwerte auf“, so Plener. Laut des Experten wirken sich die Anzeichen einer Depression bei Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 negativ auf den persönlichen Umgang mit der Diabetes- Erkrankung aus. „In Folge achten sie weniger genau auf ihre Blutzuckereinstellung und sind nachlässiger in der Therapie. Dadurch kommt es zu einem schnelleren Fortschreiten der Diabetes. Die Patienten verbringen mehr Zeit beim Arzt oder im Krankenhaus, was sich wiederum negativ auf die Psyche der Betroffenen auswirkt“, erklärt Dr. Plener. Um diesem Teufelskreis zu entfliehen, ist es ratsam professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hierbei möchten die Ulmer Ärzte jungen Patienten und ihren Familien Mut machen. Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie bietet Betroffenen Gruppen- und Verhaltenstherap ien an. „Im Rahmen der Therapie lernen depressive Jugendliche, die eigenen Emotionen zu erkennen, einzuschätzen und zu regulieren. Außerdem unterstützen wir sie auf dem Weg aus der Depression, damit sie wieder mit Freude am Leben teilhaben können“, erläutert Dr. Plener. Um Ängste vor einer professionellen Beratung abzubauen, werden betroffene Kinder und Jugendliche zukünftig gezielt angesprochen, beispielsweise auch über die neuen Medien. Zudem sollten Screening- Verfahren zur Diagnose von Depressionen und psychischen Störungen stärker in den klinischen Alltag eingebunden werden, um erste Anzeichen der Krankheit noch früher zu erkennen.




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