Ulm News, 16.04.2012 12:08
Zugewanderte Ingenieure müssen nicht länger Taxi fahren
Die Informatikerin aus Kasachstan arbeitet als Sekretärin, der Arzt aus dem Libanon verdient sein Geld als Krankenpfleger, der Ingenieur aus Russland fährt Taxi. Weil ihre Abschlüsse hierzulande nicht zählen, sind zahlreiche Zuwanderer bisher gezwungen, sich in einem Job zu verdingen, für den sie weit überqualifiziert sind. Nun soll sich das ändern, informiert die Integrationsbeauftragte des Landkreises Neu-Ulm, Renate Kögel.
Am 1. April ist ein Gesetz in Kraft getreten, das die Chancen von Zuwanderern verbessert, in ihrem erlernten Beruf arbeiten zu dürfen. Das so genannte Anerkennungsgesetz vereinfacht die Anerkennung von ausländischen Berufs- oder Hochschulabschlüssen. Jeder, der einen ausländischen Abschluss vorweisen kann, hat jetzt einen Rechtsanspruch darauf, dass Behörden und Kammern überprüfen, ob seine Qualifikation mit einem deutschen Berufsabschluss gleichwertig ist. Die Gleichwertigkeitsprüfung erfolgt nach einheitlichen Kriterien. Ausschlaggebend sind nunmehr nur noch Inhalt und Qualität der Berufsqualifikationen. Bisher war die Zulassung zu bestimmten Berufen zusätzlich an die deutsche oder EU-Staatsangehörigkeit gebunden. Das neue Gesetz schafft diese Bindung weitgehend ab. So kann jetzt zum Beispiel ein türkischer Arzt eine Approbati-on in Deutschland erhalten, wenn er die fachlichen Voraussetzungen dafür erfüllt. Für die Antragstellung sind Nachweise in deutscher Sprache über die absolvierten Ausbildungsgänge und ausgeübten Erwerbstätigkeiten sowie Befähigungen vorzulegen. Außerdem ist der eigene Personalausweis, Pass oder ein anderer Identitätsnachweis vorzulegen. Schließlich muss erklärt werden, dass man zum ersten Mal einen Antrag auf Anerkennung des eigenen Berufs- oder Hochschulabschlusses stellt. Die Antragsteller – bundesweit wird mit etwa 300.000 gerechnet – erhalten nach Vorlage aller Unterlagen einen Bescheid, ob ihre im Ausland erworbene Ausbildung einem deutschen Beruf entspricht. Gegebenenfalls wird ihnen gleichzeitig mitgeteilt, welche Lücken sie haben und wie sie diese ausgleichen können. Damit können sich Bewerberinnen und Bewerber gezielt nachqualifizieren. Hintergrund des Anerkennungsgesetzes ist der Fachkräf-temangel in der deutschen Wirtschaft, der sich durch den demo-grafischen Wandel in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird. In manchen Regionen und Branchen bleiben immer mehr Stellen unbesetzt. Gleichzeitig müssen gegenwärtig viele der 2,9 Millionen Migranten, die ihren höchsten beruflichen Abschluss im Ausland erworben haben, in Berufen unter ihrer Qualifikation arbeiten. „Das passt nicht mehr zusammen“, sagt Landrat Erich Josef Geß-ner. Er und die Wirtschaftsbeauftragte des Landkreises, Monika Stadler, erhoffen sich durch das Anerkennungsgesetz Rücken-wind auch für die eigenen Anstrengungen des Landkreises Neu-Ulm zur Fachkräftesicherung für die heimischen Wirtschaft. Die Integrationsbeauftragte des Landkreises Neu-Ulm, Renate Kögel, geht zugleich davon aus, dass das neue Gesetz bedeut-same Vorteile für Zuwanderer mit sich bringt: „Die Anerkennung des eigenen Berufs ist auch ein Zeichen der Anerkennung als leistungsfähige Person in der deutschen Gesellschaft. Integration, Selbstachtung und Motivation werden dadurch gefördert.“ Für Juni dieses Jahres ist eine Informationsveranstaltung im Landratsamt mit einem Anerkennungsberater von MigraNet Augs-burg geplant. Weitere Auskünfte erteilen Renate Kögel unter der Telefonnummer 0731/7040-609 oder Monika Stadler unter 0731/7040-108. Nähere Informationen gibt es auf dem offiziellen Anerkennungs-portal des Bundes im Internet unter www.anerkennung-in-deutschland.de oder über die Telefon-Hotline 03018/15-1111. Auf der Website sind unter der Rubrik „Berufliche Anerkennung“ auch die zuständigen Stellen genannt, an die – je nach Beruf – die Anerkennungsanträge zu richten sind. INFO: Das Anerkennungsgesetz findet auf rund 350 Ausbildun gsberufe im dualen System Anwendung. Dazu zählen zum Beispiel Kfz-Mechatroniker, Bäcker oder Industriekauffrau. Außerdem gilt das neue Verfahren für die bundesrechtlich geregelten Berufe wie Arzt, Krankenschwester oder Juristin. Für die landesrechtlich geregelten Berufe wie Lehrer, Erzieherin oder Ingenieur haben die Länder angekündigt, ihre Anerkennungsverfahren dem Bundesgesetz anzupassen.




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