Ulm News, 22.08.2025 11:00
Endlich eine nachhaltige und gerechte Rentenreform
Für eine nachhaltige und solidarische Rentenreform – der DVG macht konstruktive Vorschläge – auch für einen Stopp der Doppel- und Mehrfachverbeitragung.Der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten zieht abermals Lehren aus Österreich, wo die Rente wesentlich besser und gerechter funktioniert. Warum nicht bei uns, fragen sich immer mehr junge Menschen?
Ja, es ist bekannt: Die Altersvorsorge in Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen: Demografischer Wandel, veränderte Erwerbsbiografien und steigendeLebenshaltungskosten setzen das Rentensystem zunehmend unter Druck. Viele Menschen sorgen sich, ob die gesetzliche Rente im Alter noch ausreichen wird, um den Lebensstandard zu sichern. Während in Deutschland immer wieder über Rentenreformen diskutiert wird, lohnt sich der Blick ins Nachbarland Österreich: Das österreichische Rentensystem wird häufig als gerechter und leistungsfähiger wahrgenommen. „Gleichzeitig engagieren sich Initiativen und Organisationen wie der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten dafür, dass bestehende Ungerechtigkeiten im System der betrieblichen Altersvorsorge abgebaut werden“, so Andreas Reich, DVG-Vorstandsmitglied. Er beleuchtet, wie eine gerechtere Rente nach österreichischem Vorbild in Deutschland aussehen könnte und warum die Einbeziehung der Anliegen des DVG essenziell ist.
Das österreichische Rentenmodell: Ein Überblick
Das Rentensystem in Österreich unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten vom deutschen System und wird immer wieder als Best-Practice-Beispiel genannt. Zentral ist das sogenannte Umlageverfahren: Die aktuell Erwerbstätigen zahlen Beiträge, aus denen die Renten der aktuellen Rentner*innen bestritten werden. Auch in Deutschland wird dieses Prinzip angewendet, doch in Österreich gibt es einige Besonderheiten, die für mehr Gerechtigkeit sorgen.
Einbeziehung aller Erwerbstätigen
Während in Deutschland viele Gruppen, wie etwa Beamt*innen, Selbstständige oder bestimmte Berufsstände, nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sind in Österreich nahezu alle Erwerbstätigen – auch die meisten Selbstständigen, Freiberuflern und Beamten – pflichtversichert. Das sorgt für eine breite Finanzierungsbasis und einen stärkeren Ausgleich zwischen verschiedenen Einkommensgruppen.
Höhere Renten und bessere Absicherung
Österreichische Rentner*innen erhalten im Durchschnitt deutlich höhere Rentenzahlungen als ihre deutschen Pendants. Nach aktuellen Zahlen liegt die durchschnittliche Bruttorente in Österreich deutlich über der in Deutschland. Die Ersatzquote, also das Verhältnis zwischen letztem Nettoeinkommen und Rente, liegt in Österreich bei knapp 80 Prozent, während sie in Deutschland unter 50 Prozent fällt. Das bedeutet: Wer in Österreich in Rente geht, muss weniger starke Einbußen beim Lebensstandard hinnehmen.
Solidarischer Ausgleich und Mindestrente
Das österreichische System beinhaltet eine Mindestrente, die sicherstellt, dass niemand im Alter in Armut leben muss. Auch Menschen mit niedrigen Einkommen oder unterbrochenen Erwerbsbiografien profitieren davon. Der solidarische Gedanke wird also konsequenter umgesetzt als im deutschen System. Besonders Frauen und Menschen mit Teilzeitkarrieren haben in Österreich bessere Chancen auf eine auskömmliche Altersvorsorge.
Beitragssätze und Finanzierung
Die Beitragssätze in Österreich sind etwas höher als in Deutschland, doch die breitere Basis sorgt dafür, dass das System insgesamt stabil bleibt. Auch die Finanzierung aus Steuermitteln wird genutzt, um die Rentenkassen zu stützen – ohne dass dies zu erheblichen Defiziten führt.
Herausforderungen und Kritikpunkte in Deutschland
Das deutsche Rentensystem ist von zahlreichen Sonderregelungen und Ausnahmen geprägt. Besonders kritisch ist, dass immer mehr Menschen von Altersarmut betroffen sind. Geringverdienende, Frauen, Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiografien und Personen, die auf betriebliche Altersvorsorgesysteme gesetzt haben, sind besonders gefährdet.
Direktversicherung und DVG
Ein spezielles Problemfeld ist die Behandlung der Direktversicherung in Deutschland. Viele Beschäftigte haben in den letzten Jahrzehnten auf Anraten von Arbeitgebern und Politik in die sogenannte Direktversicherung eingezahlt, ein Modell der betrieblichen Altersvorsorge. Ziel war eine zusätzliche, staatlich geförderte Absicherung für das Rentenalter. Doch durch eine nachträgliche Gesetzesänderung im Jahr 2004 wurden auf Auszahlungen aus Direktversicherungen nachträglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erhoben. Diese Praxis führte dazu, dass viele Menschen sich um den Aufbau ihrer eigenen Altersvorsorge betrogen fühlen.
„Hier setzt der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten an. Der Verein macht sich seit Jahren dafür stark, dass die Rückabwicklung dieser nachteiligen Regelungen angestrebt und die Interessen der Betroffenen gehört werden“, unterstreicht Andreas Reich. Die Mitglieder des DVG vertreten die Ansicht, dass eine nachträgliche Belastung von Versicherten, die auf politisches Vertrauen gebaut haben, nicht hinnehmbar ist – und fordern deshalb Gerechtigkeit und eine Entlastung der Direktversicherten.
Impulse für eine gerechtere Rentenreform
Eine Modernisierung des deutschen Rentensystems, inspiriert vom österreichischen Modell, sollte folgende Grundsätze berücksichtigen:
- Einbeziehung aller Erwerbstätigen: Die Rentenversicherung muss verpflichtend für alle Erwerbsgruppen sein, um die Finanzierungsbasis zu verbreitern und den sozialen Ausgleich zu stärken.
- Höhere Mindestrente: Die Einführung einer armutsfesten Mindestrente nach österreichischem Vorbild schützt besonders verletzliche Gruppen und gibt Sicherheit im Alter.
- Solidarische Finanzierung: Breitere Teilhabe und eine gerechte Verteilung der Lasten sorgen für nachhaltige Stabilität des Systems.
- Stärkung der betrieblichen und privaten Vorsorge: Modelle wie die Direktversicherung müssen transparent, kalkulierbar und verlässlich gestaltet werden.
- Rechts- und Vertrauensschutz: Nachträgliche Veränderungen zu Ungunsten der Versicherten, wie sie beim Direktversicherungsmodell erfolgten, dürfen sich nicht wiederholen. Die Forderungen des DVG sind deshalb ein wichtiger Bestandteil einer umfassenden Rentenreform.
- Entbürokratisierung und Vereinfachung: Das Rentensystem muss verständlicher und zugänglicher für alle Menschen werden.
Die Rolle der Zivilgesellschaft und des DVG
„Um eine gerechte Rentenreform umzusetzen, braucht es breite gesellschaftliche Debatten und die Einbeziehung aller relevanten Gruppen. Der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten steht beispielhaft für das zivilgesellschaftliche Engagement in der Rentenpolitik“, so Andreas Reich. Durch Petitionen, Öffentlichkeitsarbeit und politische Lobbyarbeit setzt sich der Verein dafür ein, dass die Stimme der Betroffenen gehört wird.
Der Zusammenschluss von Menschen, die von nachteiligen politischen Entscheidungen betroffen sind, zeigt, wie wichtig es ist, die Betroffenenperspektive in die Gesetzgebung einzubeziehen. Nur so kann ein Rentensystem entstehen, das auf Solidarität, Gerechtigkeit und Verlässlichkeit basiert.
Und die Umsetzung?
Die Rentenfrage bleibt eine der größten sozialen Herausforderungen in Deutschland. Das österreichische Modell liefert wertvolle Impulse für eine gerechtere, solidarischere und leistungsfähigere Alterssicherung. Die Einbeziehung aller Erwerbstätigen, eine ausreichende Mindestrente und der Schutz erworbenen Vertrauens sind zentrale Bausteine. Gleichzeitig zeigen Organisationen wie der DVG, wie wichtig es ist, bestehende Fehler zu korrigieren und die Stimme der Geschädigten einzubinden.
Eine offene, von Bürgern getragene Debatte über die Zukunft der Rente und die konsequente Orientierung an erfolgreichen Beispielen aus dem Ausland können dazu beitragen, dass die Rente in Deutschland wieder als Garant für ein würdevolles Leben im Alter verstanden wird. „Die so genannten Renten-Experten, die an Universitäten arbeiten und ihre Landespensionen einstreichen, sind jedenfalls von einer gerechten und sozialen Rentenreform so weit entfernt wie ein Eskimo vom Kilimandscharo“, so Reich abschließend.
Text: Thomas Kießling
Foto: pixabay



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