Ulm News, 16.08.2025 08:45
Studie der Uni Ulm: Der Mensch stört die Natur in den tropischen Regenwäldern
Menschliche Eingriffe in die Natur von Panama wie Abholzung und Landwirtschaft beeinflussen nicht nur die Biodiversität, sondern erhöhen auch das Infektionsrisiko mit dem Erreger der tropischen Chagas-Krankheit, der sowohl Tiere als auch Menschen befallen kann. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie von Wildtierökologinnen und -ökologen der Universität Ulm, die in der Fachpublikation „One Health“ erschienen ist.
Die Forschenden untersuchten dafür Kleinsäuger in verschiedenen Habitaten: vom ursprünglichen Regenwald bis hin zu kommerziellen Holzplantagen. Die Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie Landnutzung und Biodiversitätsveränderungen zur Ausbreitung zoonotischer Erreger beitragen können.
Wenn es Nacht wird in Panamas Wäldern, beginnt die Zeit der Opossums. Die Beuteltiere, die den Tag über in Bäumen verschlafen haben, klettern die Stämme herunter und suchen auf dem Boden nach Früchten, Fröschen oder Eiern. Im Gepäck haben die Allesfresser häufig einen gefährlichen Parasiten – den Erreger der Chagas-Krankheit. Eine neue Studie der Universität Ulm zeigt jetzt: Je stärker der Mensch in die Natur eingreift, desto mehr Wirtstiere sind mit Trypanosoma cruzi infiziert, und desto mehr breitet sich die Tropenkrankheit aus.
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie sich menschlicher Einfluss auf die Vielfalt wildlebender Tiere auswirkt – und wie der Verlust von Biodiversität die Dynamik von Krankheitserregern verändert“, sagt Erstautorin Dr. Magdalena Meyer vom Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik der Uni Ulm. Für ihre Studie untersuchte das Forschungsteam mehr als 800 Kleinsäuger an 23 Standorten in einer Region rund um den Panamakanal – in unberührten Regenwäldern, auf unter Naturschutz stehenden Inseln, in fragmentierten Waldstücken und in Teakholz-Monokulturen.
Dabei stellten die Forschenden fest, dass sich die Zusammensetzung der Wildtiergemeinschaften änderte. In gestörten Lebensräumen setzten sich vor allem die anpassungsfähigen Opossums durch. Weil die Beuteltiere besonders empfängliche Wirte sind, profitierte davon auch der Chagas-Erreger. „Die stärkere Ausbreitung der Opossums erhöht die Gefahr, dass der Erreger auf Nutz- und Haustiere oder Menschen überspringt“, erklärt Dr. Meyer. Gleichzeitig beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass bei einer anderen Wirtsart – der Stachelratte – die genetische Vielfalt in gestörten Habitaten abnimmt. Auch das begünstigt die Ausbreitung des Erregers.
Die Ergebnisse der Studie, die in der Fachzeitschrift „One Health“ erschienen ist, haben direkte Bedeutung für den Gesundheitsschutz: Weltweit sind Millionen Menschen von der Chagas-Krankheit betroffen, insbesondere benachteiligte Bevölkerungsgruppen in Lateinamerika. International erhält diese vernachlässigte Tropenkrankheit jedoch nur wenig Aufmerksamkeit. „Unsere Forschung zeigt eindrücklich, wie eng die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt im Sinne des One-Health-Ansatzes zusammenhängt“, betont Studienleiterin Professorin Simone Sommer. „Der beste Schutz vor der Ausbreitung solcher Krankheiten ist der Erhalt intakter Ökosysteme mit ihrer natürlichen Artenvielfalt.“
Die Studie wurde im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Ökologie und Speziesbarrieren bei neuartigen Viruserkrankungen“ gefördert.
Über die Chagas-Krankheit
Die Chagas-Krankheit wird durch den einzelligen Parasiten Trypanosoma cruzi ausgelöst. Hauptüberträger sind blutsaugende Raubwanzen, die den Erreger meist über Kot oder Urin weitergeben, wenn sie auf der Suche nach Blutmahlzeiten Mensch oder Tier stechen. Neben dem Menschen können mehr als 180 Wild- und Haustierarten als Wirte dienen, wa
s die Bekämpfung der Krankheit besonders schwierig macht. Laut Weltgesundheitsorganisation sind weltweit sechs bis sieben Millionen Menschen infiziert, etwa 75 Millionen Menschen leben in Risikogebieten – vor allem in Lateinamerika. Unbehandelt kann die Infektion zu schweren Herz- oder Verdauungsproblemen führen, die lebensbedrohlich sein können. Zwar gibt es Medikamente, die im frühen Krankheitsstadium wirksam sind, jedoch keinen Impfstoff. Gegenwärtig breitet sich die Krankheit zunehmend aus – begünstigt durch den Klimawandel, der neue Umweltbedingungen schafft, in denen sich die Raubwanze als Überträger etablieren kann.







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