Ulm News, Gestern, 06:15
Gemeinsam Menschenleben retten - Große Übung in Blaubeuren

Eine Explosion, Rauch steigt auf und dann hallen auch noch Dutzende Schüsse durch den Wald, dich das war zum Glück Teil einer Übung. Am Mittwoch und Donnerstag fand auf den Hessenhöfen nördlich von Blaubeuren die sechste Combat Medical Care Conference (CMC) statt. Über 1 400 Teilnehmer aus 44 Ländern haben sich zur größten Tagung für takische Medizin ausserhalb der USA getroffen, darunter waren neben Soldaten auch viele Polizisten und Rettungsdienstmitarbeiter.
Dutzende Workshops, Vorträge und Diskussionsrunden befassten sich mit zahlreichen Themen rund um die Versorgung von Verwundeten im Krieg und nach Terroranschlägen sowie die Ausbildung und Fortbildung zu diesen Themen. Eine Mischung aus Erfahrungsaustausch und praktischen Übungen. Einen ganzen Nachmittag sind insgesamt fünf Gruppen im Wald unterwegs, um an fünf Stationen Ausbildung und Training zu erhalten. Tatsächlich stehen mitten im Wald mehrere Schautafeln, auf denen die Folgen einer zu langen Abbindung blutender Extremitäten erklärt wird. Doch die Praxis überwiegt. Während der Versorgung von Verletzten wird die Gruppe plötzlich angegriffen, Schüsse fallen. Nun müssen sich die Helfer selbst in einem simulierten Schützengraben in Sicherheit bringen und dabei natürlich die Verletzten mitnehmen.
So ein Schützengraben ist gerade für die zivilen Übungsteilnehmer eine neue Erfahrung. Die Vordersten müssen weit genug rein, damit auch die Letzten noch in den schützenden Graben hineinpassen. Doch wie läuft nun die Versorgung, wenn man gar nicht von allen Seiten an den Verletzten herankommt? Wie kommt das Verbandmaterial von hinten nach vorne. Und das Ziehen der Verletzten kostet viel Kraft. Eine neue Erfahrung für viele, während ringsherum zur Verteidigung des Sanitätspersonal Schüsse fallen. Der Stresspegel ist enorm. Im Tagungszentrum laufen derweil mehrere Vorträge. In mehreren Vorträgen berichten ukrainische Soldaten von ihren Erfahrungen. Der russische Angreifer missachtet dabei nicht nur das international anerkannte Schutzzeichen des Roten Kreuz für Sanitätseinrichtungen, er scheint es scheinbar ganz gezielt als leicht verwundbares Ziel ins Visier zu nehmen.
Dieser Verstoß gegen anerkanntes Völkerrecht hat die Ukrainer gezwungen, ihre Versorgung komplett neu zu denken. Versorgungseinheiten wurden in das Erdreich verlegt, Verletzte werden nur noch nachts transportiert, damit die Krankenwagen nicht so leicht beschossen werden können. „Tarnen und täuschen ist durchaus überlebenswichtig für das Sanitäspersonal“ wird daher Generalstabsarzt Dr. Johannes Backus deutlich. Er ist der Kommandeur des Kommandos Gesundheitsversorgung der Bundeswehr, damit verantwortet er auch die Taktik des gesamten Sanitätsdienstes der Bundeswehr. Die Missachtung der Genfer Konvention zum Schutz des Roten Kreuzes spricht auch er ganz klar an. Auf der CMC wurde als Konsequenz daraus ein handelsüblicher Kleintransporter gezeigt, der im Laderaum komplette chirurgische Operationen ermöglicht. Auch der britische Sanitätsdienst hat ähnliche Erfahrungen machen müssen. In einem Sattelzug mit Supermarkt-Werbung befindet sich ebenfalls ein Operationssaal. Unter solcher Bedrohung hat der Soldat „Sprite“ (so wurde er genannt) einem Kameraden das Leben gerettet. Schwer verletzt und mit massiven Blutungen lag ein Kamerad im Graben und der ukrainische Sanitätsdienst flog mit einer Drohne Blutkonserven zu diesem Graben. Sprite angelte sich die Blutkonserve und das ebenfalls abgeworfene Infusionszubehör, um seinem Kameraden mit einer Bluttransfusion das Leben zu retten.
Exemplarisch für die Leistungen vieler Kameraden wurde Sprite auf den Hessenhöfen mit der Ehrung „European Best Medic Award“ ausgezeichnet. Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen sind auch für den wissenschaftlichen Leiter Dr. Florent Josse vom Ulmer Bundeswehrkrankenhaus die Antriebsfedern, diese riesige Tagung auf die Beine zu stellen. Mit ganz viel ehrenamtlichem Engagement und starker Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie (DGWMP) findet die Veranstaltung alle zwei Jahre statt. Anfangs in Ulm, doch weil dort der Platz nicht reicht, ist man auf die Alb umgezogen, um neben den Vorträgen Dutzende Workshops parallel durchführen zu können. Auch der Erfahrungsaustausch zwischen Militärmedizin und ziviler Medizin ist eine elementare Säule der CMC. In der Fahrzeugausstellung sind daher nicht nur gepanzerte Fahrzeuge zu finden, sondern auch der Großraum-Intensivtransportwagen des Ulmer Katastrophenschutzes. In dem umgebauten Bus können vier Patienten gleichzeitig auf dem Niveau einer Intensivstation versorgt werden. Während der Fahrt. Das beeindruckte viele Kongressteilnehmer, auch Amerikaner oder Rumänien fragten, ob sie Innenaufnahmen machen dürfen, um die Ulmer Ideen mit in die Heimat zu nehmen. Dr. Stephan Schoeps, der Präsident der DGWMP, fasst die Fortschritte im zivil-militärischen Austausch zusammen: „Früher hätte keiner eine Schnitte Brot von uns genommen. Diese Terroranschläge, das läuft nach taktischen Einsatzgrundsätzen.
Das müssen dann die Zivilen können.“ Zahlreiche Polizisten auf der CMC sind Angehörige von Spezialeinheiten, die Wappen auf den Oberarmen sind flankiert von Schriftzügen wie SEK, MEK oder der österreichischen Spezialeinheit Cobra. Daneben sitzen dann Soldaten aus Saudi-Arabien und Singapur genauso wie Sanitäter aus Oberschwaben. Sie hauchen dem Kongressmotto Leben ein: „All for one“, frei übersetzt „alle gemeinsam zum Wohl des Patienten“.
Text/Fotos: Thomas Heckmann









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