Ulm News, 29.04.2025 12:56
Der Glücksspiel-Fall des Jahres – von Ulm bis zum EuGH!

Viele Glücksspielprozesse endeten in der Vergangenheit mit einem Vergleich, nicht aber der Rechtsstreit zwischen Sportwetten-Anbieter Tipico und Prozessfinanzierer Gamesright. Was in Ulm begann, wird nun voraussichtlich dieses Jahr vor dem EuGH (Europäischer Gerichtshof) verhandelt. Zuvor konnte man sich bei mehreren Prozessterminen vor dem BGH (Bundesgerichtshof) nicht einigen. Was war passiert? Wir beleuchten den Fall und verraten, wie es weiter geht.
Tipico gegen Gamesright – was ist passiert?
Ursprünglich war für den 7. März 2024 ein Grundsatzurteil vor dem BGH erwartet worden, bei dem es um die Rückzahlung von Wetteinsätzen ging, die vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags getätigt wurden. Als Kläger trat die Gamesright GmbH aus Hamburg auf und forderte von Sportwetten-Anbieter Tipico die Rückzahlung von 3.719,26 Euro nebst Zinsen.
Ein erstes Urteil wurde am 28. April 2022 vor dem Amtsgericht gefällt – gegen die Gamesright GmbH und für Tipico. Man kam zum Schluss, dass kein Anspruch vorliege. Das ließen sich die Hamburger Kläger nicht gefallen und gingen in Berufung. Das Landgericht in Ulm lehnte den Antrag am 24. Mai 2023 ab, gleichzeitig wurde eine Anhörung durch den BGH genehmigt. Der erste Verhandlungstermin war für den 7. März 2024 geplant.
Zu diesem Zeitpunkt verhandelten Tipico und die Gamesright GmbH über einen außergerichtlichen Vergleich, daher platzte der Termin. Erst als die Vergleichsverhandlungen scheiterten, setzte der BGH einen neuen Termin fest.
Wer nun mit Spannung auf das Urteil am 25. Juli 2024 gewartet hatte, wurde enttäuscht. Das Verfahren wurde vom BGH an den EuGH weitergeleitet, da keine abschließende Entscheidung getroffen werden konnte. Grund hierfür ist, dass es grundlegende unionsrechtliche Fragen zu klären gibt.
Das Problem beim Fall von Tipico gegen Gamesright
Der heutige Glücksspielstaatsvertrag reguliert den deutschen Glücksspielmarkt mit klaren rechtlichen Vorgaben. Spieler aus Deutschland haben bei lizenzierten Anbietern die Möglichkeit, neue Slots auszuprobieren, Sportwetten abzuschließen und Poker zu spielen. Entscheidend ist, dass die Lizenz von der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder vergeben wurde. Diese Regelungen traten aber erst zum 1. Juli 2021 in Kraft. Vorher war der deutsche Markt weitgehend unreguliert, lediglich Schleswig-Holstein hatte einen Sonderweg eingeschlagen und Lizenzen vergeben.
Mit dem Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland wurde auch klar, dass das EU-Dienstleistungsgesetz bei Glücksspielanbietern nicht zur Geltung kommt. Hier gilt, dass der besondere Schutz der Bürger durch den GlüStV über dem Geltungsbereich des EU-Dienstleistungsgesetzes gilt.
Die Einsätze, um die es beim Gerichtsprozess geht, wurden allerdings vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags getätigt und fallen in eine Zeit, wo der deutsche Markt nicht reguliert war. Genau das ist der Grund, warum der EuGH nun einige unionsrechtliche Fragen beantworten muss, bevor der BGH überhaupt ein Urteil fällen kann. Es ist nicht der erste dieser Fälle, allerdings endeten die vorherigen Auseinandersetzungen in der Regel immer mit einem Vergleich. Neu ist, dass es nun bis zur letzten Instanz geht.
Diese Fragen wird der EuGH nun klären müssen
Glücksspiel gehört mittlerweile in Deutschland zu einem wichtigen Bereich der Wirtschaft und ist durch den Glücksspielstaatsvertrag reguliert. Unklar ist bis heute, welches Recht vor dem Inkrafttreten des GlüStV zur Anwendung kam. Galt die EU-Dienstleistungsfreiheit, worauf der Wettanbieter Tipico baut? Oder entscheiden die Gerichte dafür, dass Glücksspiele zum Zeitpunkt der Einsätze im verhandelten Fall generell verboten waren? Tipico selbst ließ im Rahmen des Prozesses verlautbaren, dass die damalige Rechtslage in Deutschland „unionswidrig“ gewesen sei, da es eine gültige Lizenz aus einem EU-Land (Malta) gab.
Der BGH hat nun klare Fragen an den EuGH übermittelt, die es zu beantworten gilt. Erst nach der Beantwortung ist es für den BGH möglich, den Fall abschließend zu behandeln.
Folgende Fragen gilt es nun zu beantworten:
- Mussten Glücksspielangebote ohne deutsche Lizenz als legal eingestuft werden, als die deutsche Lizenz noch nicht verfügbar war?
- Lässt sich ein Sanktionsverbot gegenüber Anbietern durchsetzen, wenn das Internetverbot den geltenden Vorgaben der EU entgegensteht?
- Missbrauchen Spieler Gerichte durch Entschädigungsprozesse, obwohl sie selbst an illegalen Glücksspielen teilgenommen haben?
- Müssen deutsche Gerichte die Rechtmäßigkeit von unterbreiteten Glücksspielangeboten in Deutschland prüfen oder ist das Aufgabe einer gesonderten Behörde?
Der Tipico-Fall ist nur die Spitze des Eisberges, es gibt zahlreiche ähnliche Prozesse, bei denen Glücksspielbetreiber in der Regel einen Vergleich zahlen. Allerdings könnte der Tipico-Prozess eine grundlegende Änderung mitbringen.
Stellt der Bundesgerichtshof fest, dass das Dienstleistungsfreiheitsgesetz vor Inkrafttreten der Glücksspielregulierung in Deutschland zur Anwendung kam, müsste Tipico der Klägerin keinen Cent erstatten. Fraglich ist, welche Folgen das für andere Prozesse und bereits vergangene Urteile hätte.
BGH Beschluss sieht Spieler klar im Vorteil
Obwohl der BGH noch kein endgültiges Urteil fällen konnte, wurde bereits ein erster Beschluss erstellt, der deutlich für die Rechte der Spieler spricht. So wird unter anderem klargestellt, dass Tipico mit seinem Angebot gegen eine vorherige Fassung des Glücksspielstaatsvertrags verstoßen hätte, da der Maximaleinsatz pro Monat nicht bei 1.000 Euro gedeckelt war.
Der BGH führt weiter aus, dass die Lizenzfrage eher zweitrangig zu behandeln sei. Genau darum geht es für den Wettanbieter aber primär. Es muss entschieden werden, ob das Fehlen einer Lizenz zu Lasten des Glücksspielanbieters ausgelegt werden kann, wenn dieser keine Möglichkeit hatte, eine zu beantragen. Zu prüfen ist, ob dieser Vorgang als europarechtswidrig einzuschätzen ist.
Derzeit zeigen sich beide Seiten zuversichtlich, hinsichtlich des Verfahrensausgangs. Mit Blick auf den Hinweisbeschluss des BGH ist die Selbstsicherheit bei Tipico aber nur bedingt nachzuvollziehen. Hier scheint man davon auszugehen, dass der EuGH entgegen der Einschätzung des BGHs entscheiden wird.
Anstehendes Urteil und Folgen für andere Fälle
Die Grundsatzentscheidung des BGHs dürfte wegweisend für zahlreiche andere Fälle sein, die noch zu verhandeln sind. Während die Kläger auf Nichtigkeit der Verträge bei fehlender Lizenz pochen, argumentieren die Glücksspielanbieter mit der EU-Dienstleistungsfreiheit und mit unionswidrigem Vorenthalten einer Lizenzierungsmöglichkeit.
Entscheidet der BGH nun nach Beantwortung der relevanten Fragen durch den EuGH zugunsten von Tipico, könnte das für eine neue Verfahrungswelle sorgen. Einerseits würden vermutlich deutlich weniger Spieler auf Rückzahlung von Verlusten klagen, andererseits könnten aber auch geschlossene Verfahren wieder vor Gericht landen.
Ob alte Urteile aufgehoben bzw. neu verhandelt werden und wie mit Fällen umgegangen wird, die mittels Vergleich beendet wurden, wird sich zeigen. Noch ist nicht mal klar, wann der BGH endgültig zu einem Urteil kommt.
Es wird zwar mit 2025 gerechnet, Verschiebungen des Verfahrens oder Aussetzungen der Termine gab es aber in der Vergangenheit schon. Klar ist aber, dass nicht nur Tipico mit Spannung auf den Ausgang wartet, da auch zahlreiche andere Glücksspielanbieter von Klagen betroffen sind.








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