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Ulm News, 31.03.2012 16:00

31. März 2012 von Ralf Grimminger
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Ivo Gönner: Unternehmer sollen Kontakt zur Uni, Forschern und Studierenden suchen


Vor über 25 Jahren wurde die Wissenschaftsstadt in Ulm gegründet. Die Wissenschaftsstadt ist Jobmaschine und Forschungslabor zugleich - und macht Ulm bundesweit bekannt. Ralf Grimminger sprach mit dem Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner über die Wissenschaftsstadt und die künftige Entwicklung auf dem Eselsberg.

Die Idee der Wissenschaftsstadt Ulm entstand aus der Not nach dem Zusammenbruch von Videocolor.   Daran arbeitete eine Allianz aus  Kommunal- und Landespolitik unter Ministerpräsident Lothar Späth, Arbeitgebern und sogar Gewerkschaften.  Das Projekt war beispielhaft, aber auch diese Allianz. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

 Ivo Gönner: Uni-Rektor Prof. Theodor Fliedner liegt ein Strategiepapier für die Erweiterung der Uni vor. Die Bereiche Medizin und Naturwissenschaften sollten mit den Ingenieurwissenschaften erweitert werden. Etwa zur gleichen Zeit wurde Videocolor geschlossen und tausende Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Die Landesregierung unter Ministerpräsident Lothar Späth wiederum verfolgte das Ziel, klassische produzierende Industriestandorte umzuwandeln. Es war Konsens, dass man dem Rückgang der produzierenden Industrie mit diesem Vorhaben entgegenwirkte. AEG und Daimler mit ihren Forschungszentren zogen auf den Eselsberg. So passte alles zusammen. Drei Jahre später fiel die Mauer. Daimler wäre sicherlich daraufhin nach Berlin gezogen, doch da stand das Daimler-Zentrum in Ulm schon seit drei Jahren auf dem Oberen Eselsberg.

 

Wie argumentierten die Gegner und Skeptiker?

 Ivo Gönner: Der Spiegel titulierte "Hure Wissenschaft". Die Gegner warnten vor dem Ausverkauf der Wissenschaft. Es waren auch andere Universitätsstädte im Land dagegen. Das war aber eher wissenschaftlicher verbrämter Futterneid.

 Wie unterstützte die Stadt die Wissenschaftsstadt??

Ivo Gönner: Es wurde ein Stadtqualitätsprogramm entwickelt und es wurden Strategien zur Aufwertung der Stadt für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dann auch Neubürger in der Stadt werden sollten. Es entstand u.a. das Congress Centrum (CCU) und das Stadthaus.

Der Plan ist aufgegangen. Die Wissenschaftsstadt ist ein Erfolgsmodell. Ein Glück für die Stadt?

Ivo Gönner: Das stimmt, wir hatten und haben den Finger am Puls. Die Wissenschaftsstadt ist ein Erfolg und der Plan von damals ist aufgegangen. Vor 25 Jahren waren noch zwei Drittel der Arbeitnehmer im produzierenden Gewerbe tätig, heute ist es noch ein Drittel. Dafür hat der wertschöpfende Dienstleistungsbereich von ca. ein Drittel auf fast zwei Drittel zugenommen. Das Verhältnis hat sich praktisch umgekehrt. Die Wirtschaftsstruktur und der Branchen-Mix in der Stadt Ulm sind vielfältig und damit nicht mehr so krisenanfällig wie früher.

In öffentlicher Wahrnehmung hat die Wissenschaftsstadt  längst die Nase vorn, sei es durch Neuigkeiten über Handys, Akku-Forschung oder das car2go-Projekt.  Hat die  Wissenschaft die Industrie in der alten Industriestadt Ulm bei der Wirtschaftskraft schon überholt?

Ivo Gönner: Dennoch sind die klassischen produzierenden Bereiche immer noch sehr wichtig für die Stadt und für den Arbeitsmarkt. Das car2go Projekt hat einen besonderen Stellenwert. Aus Sicht der Stadt war und ist dies die größte Marketingaktion. Das Bild von den 300 Smarts vor dem Münster ging um die Welt. Die Idee und die Software für car2go wurden hier entwickelt, für Daimler-Chef Zetsche und die Stadtverwaltung war es daher nur logisch, dass die Stadt Ulm das Testfeld für car2go wird.

Wie  reagierte die Stadt auf die Herausforderung  Wissenschaftsstadt verwaltungsintern

Ivo Gönner: Zunächst hatten wir einen Beauftragten. Der versuchte, die verschiedenen Disziplinen zusammenzubringen. Ende der 90er Jahre wurde die städtische Projektentwicklungsgesellschaft (PEG) installiert. Sie hat eine wichtige Rolle. Die PEG stellt, im Auftrag der Stadt Ulm, Grundstücke zur Verfügung, vermittelt Räume und realisiert für Unternehmen Neubauten, die vermietet oder nach einiger Zeit verkauft werden. Die PEG arbeitet eigenständig und auf eigenes Risiko.

Wenn 10 000 Menschen in einem Teil der Stadt mit drei großen Kliniken arbeiten, dazu 10 000 Studierenden dort lernen und forschen, erfordert dies auch eine gute Infrastruktur. Wie viel Geld hat die Stadt in den vergangenen 20 Jahren für die Erschließung, Anbindung und Neubauten in der Wissenschaftsstadt  gesteckt?

Ivo Gönner: Wir planen den Bau der Straßenbahnlinie 2. Baubeginn wird Ende 2013/Anfang 2014 sein. Insgesamt hat die Stadt bislang sicherlich mehr als 150 Millionen Euro in den Gesamtkomplex Wissenschaftsstadt investiert, von neuen Wohn- und Gewerbegebieten über Neubauten bis zur Infrastruktur. Das ist aber sehr gut investiertes Geld, im Hinblick auf die Stadtentwicklung und die Zukunftschancen des Wirtschaftsstandortes Ulm.

Spürt die Stadt dieses Engagement bei Steuereinahmen  oder  Kaufkraft?  

Ivo Gönner: Trotz der demographischen Entwicklung wächst die Einwohnerzahl in Ulm - im Gegensatz zu anderen Kommunen. Und über die Gewerbe- und Einkommenssteuer fließt Geld zurück in die Stadtkasse. Aber auch das Umland profitiert von der Wissenschaftsstadt, ebenso die Hochschulen in Ulm, Neu-Ulm und Biberach.

Die Wissenschaftsstadt Ulm ist bekannt, könnte aber noch bekannter sein? Fehlt nicht noch ein Leuchtturm-Projekt  oder ein bekanntes Institut, z.B Fraunhofer-Institut?

Ivo Gönner: Alles kann man noch besser machen. Erster Schritt ist das Helmholtz-Institut im Zusammenhang mit der Batterieforschung in Ulm. Das ist ein Leuchtturmprojekt. Nun muss auch ein solches Leuchtturmprojekt im medizinischen Bereich folgen. Die Uni sortiert Themen, die für die Kombination mit einem Max-Planck-Institut, Fraunhofer-Institut oder Helmholtz-Institut interessant sein könnte. Um hier erfolgreich zu sein, erinnert dies ein wenig an das Henne-Ei-Prinzip. Muss erst das Institut vorhanden sein, damit das Thema erforscht und weiterentwickelt werden kann, oder muss das Forschungsthema feststehen, damit ein bekanntes Institut sich ansiedelt? Wie immer wird es aber eine Mischung von beiden Wegen sein.

Kürzlich wurde ein 30-Millionen-Neubau für ein Institut für Altersforschung  zurückgestellt, weil der Top-Professor und Forscher  in eine andere Stadt abgewandert ist. Wie abhängig ist man von solchen Top-Leuten? 

Ivo Gönner: Das spielt heutzutage eine große Rolle. Wir tun viel, damit sich auch solch herausragende Professoren mit ihren Familien in unserer Stadt wohl fühlen. Ansatzpunkte sind gute Noten-, Einkaufs-, Bildungs-, Freizeitmöglichkeiten und eine hervorragende  Verkehrsanbindung. Auch der internationale Charakter der Stadt spielt eine wichtige Rolle. Deswegen haben die Städte Ulm und Neu-Ulm zum Start die internationale Schule auch finanziell unterstützt. Ulm ist eine internationale Stadt. Die Uni Ulm ist gegründet als regional wirkende Universität, heute ist sie schon eine bundesweit bedeutende Universität. Der nächste Schritt ist der verstärkte internationale Ruf der Universität.

Aus Forschungsinstituten entstanden einige neue Firmen . . . .

Ivo Gönner: ... ja zum Beispiel Photonics und andere höchst interessante Unternehmen - und mittlerweile weltweit auch erfolgreich.

Nutzt  den mittelständischen Unternehmen in Ulm und Umgebung die Forschung und nutzen die Unternehmen dies auch? Gibt es hier Berührungsängste? Sind die beiden Bereiche doch noch weit voneinander entfernt?

 Ivo Gönner: Auch da gilt: Es gibt immer noch Verbesserungspotenzial beim Wissenstransfer; und auch den mittelständischen Unternehmen in unserer Region ist nur zu raten: Zeigen Sie Präsenz, suchen und halten Sie Kontakt zur Uni, zu Forschern und zu Studierenden. Es gibt eine große Branchenbreite und die Entwickler haben optimale Bedingungen, die Unternehmen auch für sich nutzen können. Bilden Sie aus, bieten Sie Praktikumsplätze, beteiligen Sie sich am Dualen System, Unterstützen Sie Diplomarbeiten und interessieren und binden Sie Studierende auf diese Weise an Ihr Unternehmen.

Es gibt Klagen, dass die Absolventen gar nicht in der Stadt ankommen, weil die Weltfirmen Daimler, Siemens und Nokia die Studierenden mit guten Gehältern abgreifen.

Ivo Gönner: Die Unternehmen, die präsent sind, haben gute Chancen. Aber es ist auch verständlich, wenn junge Leute gleich bei einem Weltkonzern ins Berufsleben starten wollen. Da spielt vielleicht auch die Aussicht auf Gehalt und eine größere Breite und damit Zukunftsentwicklung eine Rolle. Kleine Unternehmen bieten aber oft persönliche und individuell ausgerichtete Entwicklungsmöglichkeiten. Die Chancen müssen nur offensiv präsentiert werden.

Wie kommen Mittelständler in Kontakt mit Firmen, Studierenden oder Forschern in der Wissenschaftsstadt?

Ivo Gönner: Die Universität und die Hochschulen sind sehr rührig und informieren aktiv. Kontakttage oder Career Days ermöglichen den Kontakt zwischen Studierenden und Unternehmen.

Was steht 2012 am Eselsberg an? Welche Projekte werden neben der neuen Chirurgie in diesem Jahr beendet oder in Angriff genommen?

Ivo Gönner: Die Chirurgie zieht im Mai diesen Jahres in den Neubau ein und das Helmholtz-Institut für Elektrochemische Energiespeicherung (HIU) arbeitet schon und der Neubau für dieses neue Institut wird in diesem Jahr erfolgen. Das sind wichtige Projekte. Außerdem wird der Ausbau Science Park III vorbereitet. Die Nachfrage von Unternehmen im Bereich Oberer Eselsberg ist nach wie vor groß.

Machen Sie ein bisschen Werbung: Warum soll sich ein Institut, ein Unternehmen auf dem Eselsberg ansiedeln und warum sollte ein Top-Forscher unbedingt in Ulm und nur in Ulm forschen

Ivo Gönner: Auf dem Eselsberg gibt es kurze Wege zwischen Universität und Wirtschaft. Jeder kann von diesem Netzwerk und dem Know-How hervorragend profitieren. Ulm selbst ist verkehrsgünstig gelegen, hat ein internationales Flair und ist eine lebenswerte, übersichtliche Stadt der kurzen Wege, die alles bietet, Ulm ist familienfreundlich sowie mit guten Freizeit- und Kulturangeboten unmittelbar in der Stadt und in der weiteren Region ausgestattet.



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