Ulm News, 08.11.2023 14:41
Unternehmer fordern in Ulm den Abbau von Bürokratie und Regulierung
„Ich bin 71 Jahre alt und nehme heute das erste Mal in meinem Leben an einer Demonstration teil. Das sagt doch alles darüber aus, wie die Bürokratie Unternehmer in der Zwischenzeit belastet“, rief der UImer Gastronom und Hotelier Eberhard Riedmüller den Anwesenden zu und sprach damit wohl auch für einige der Teilnehmenden. Zusammen mit dem Modehändler Friedrich Kolesch, dem Industrieunternehmer Johannes Remmele, dem Ulmer Handwerkspräsidenten Joachim Krimmer und der Inhaberin einer Seniorentagespflege, Marie Winter, war Riedmüller zu Beginn der Kundgebung auf eine zur Bühne umfunktionierte LKW-Ladefläche geladen. IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Engstler-Karrasch ließ sich dort Beispiele für regulatorische Belastungen im Unternehmensalltag erläutern.
Zunehmende Dokumentations- und Informationspflichten
Schnell wurde dabei deutlich, dass die Dokumentations- und Informationspflichten nicht nur in ihrer Zahl immer stärker zunehmen, sondern vielfach auch in der Komplexität. Nicht selten kann dabei Nutzen und erzielte Wirkung der Regelungen in Frage gestellt werden. Das Ergebnis lautet aber letztlich: In der Gastronomie verbringt ein Unternehmer 14 Wochenstunden damit, 100 bis125 Vorschriften und Auflagen zu erfüllen. In der Pflege müssen Pflegekräfte rund 13 Prozent - umgerechnet also mehr als eine Stunde - der täglichen Arbeitszeit für bürokratische Aufgaben wie Dokumentationen und Aktenführungen ver-wenden – und das trotz Pflegemangel. Und in anderen Bereichen der Wirtschaft sieht es nicht besser aus. Kleine und mittlere Unternehmen sind dabei überproportional von bürokratischen Belastungen betroffen.
Bürokratie als Hemmschuh der Energiewende
Und auch die Zukunft wird durch die überbordende Bürokratie aufs Spiel gesetzt. Exemplarisch wurde hier die Energiewende angesprochen. So ist für deren Gelingen ein schneller Ausbau der erneuerbaren Energien unabdingbar. Johannes Remmele, dessen Südpack Group von der Wirtschaftswoche jüngst zu den nachhaltigsten Mittelständlern in Deutschland gekürt wurde, musste bei seinem großen Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien aber davon berichten, dass langwierige Genehmigungsverfahren und andere bürokratische Hürden den Start von Photovoltaik- und Windkraftanlagen erheblich verzögern und viel Geduld und Durchhaltevermögen erfordern. Die Folge sei ein Auseinanderklaffen von politischem Anspruch und Wirklichkeit.
Sorgen um den Wirtschaftsstandort
Auch IHK-Präsident Dr. Jan Stefan Roell betonte in seiner anschließenden Rede, dass Bürokratie und Regulatorik zu einem echten Gefährdungspotential für den Wirtschaftsstandort geworden seien. Die warnenden Rufe der Wirtschaft seien bisher aber nahezu ungehört verhallt. Dies sei auch der Grund dafür, warum man die heutige – für Unternehmensvertreter doch ungewöhnliche - Form des Protests gewählt habe.
Verwaltung: Statt „Nein, weil. . . " mehr „Ja, wenn . . ."
An die Politik und Verwaltung richtete Roell den Appell, nicht immer nur zu fragen, wo genau der Wirtschaft der Schuh drückt. Denn hierzu gebe es bereits zahlreiche Ausführungen der Kammern und Verbände. Viel wichtiger sei es dagegen, zu handeln. So müsse zum Beispiel viel konsequenter gefragt werden, ob ein Gesetz oder eine Vorschrift wirklich erforderlich ist. Hierbei spiele auch das Vertrauen in die Bürger und die Wirtschaft eine große Rolle. Zudem sollten nicht immer wieder Aufgaben, die eigentlich von der Politik selbst gelöst werden könnten, auf die Wirtschaft übertragen werden. Roell regte zudem eine konsequente Digitalisierung und ein verstärktes Benchmarking mit den Besten an, um von anderen zu lernen. Mit Blick auf die Entscheidungen in den Verwaltungen plädierte der IHK-Präsident zudem für eine neue Herangehensweise und Denke: „Wir müssen wegkommen von einer Haltung mit dem Tenor „Nein, weil …“ hin zu einer Haltung mit dem Tenor „Ja, wenn …“!“
Jeder Einzelne kann Beitrag leisten!
Nicht zuletzt forderte Roell die Anwesenden auch dazu auf, selbst ihren Teil zum Bürokratieabbau zu leisten. So brauche man sich nicht wundern, dass die Regelungsdichte immer mehr zunehme, wenn bei jedem Problem sofort nach dem Staat und rechtlichen Möglichkeiten gerufen werde. Darüber hinaus sei es wichtig, über den heutigen Tag hinaus, vehement von allen politischen Ebenen Bürokratieabbau zu fordern. Zudem sollten die Unternehmen vermehrt Politiker einladen, um ihnen die Folgen der ausufernden Bürokratie in der Praxis zu zeigen.
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