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Ulm News, 28.11.2021 17:55

28. November 2021 von Thomas Kießling
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Zimmer 13 ist noch frei - Corona-Intensivstation im Ulmer BwK ist nahezu voll belegt


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Beschreibung: Im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm sind die Intensivbetten nahezu alle belegt. Ärzte und Pflegekräfte arbeiten bis zum Anschlag.

Fotograf: Thomas Heckmann

Foto in Originalgröße



Die Impfgegner beschimpfen die Impfbefürworter, die Impfbefürworter beschimpfen die Impfgegner, wechselseitige Beschimpfungen als Schlafschafe und Aluhutträger. In der öffentlichen Diskussion verhärten sich die Fronten und währenddessen laufen die Intensivstationen der Krankenhäuser voll. Das Bundeswehrkrankenhaus (BwK) Ulm gewährte ulm-news einen Einblick in die Intensivstation und Mitarbeiter vom Generalarzt bis zur Pflegekraft berichteten, wie sie mit ihrer Arbeit zurechtkommen. 
Text/Fotos: Thomas Heckmann

„Wir haben seit fast zwei Jahren im Hamsterrad gearbeitet“ fasst der Kommandeur des BwK Ulm, Generalarzt Dr. Jörg Ahrens die Situation plakativ zusammen. In jedem Satz kommt aber auch ganz viel Stolz auf „sein“ Personal heraus, denn auch in den Phasen, in denen die Corona-Pandemie in der öffentlichen Wahrnehmung ruhiger verlief, arbeitete die Klinik und ihr Personal auf Hochtouren. Das Militärkrankenhaus mit rund 500 Betten und 1 600 Mitarbeitern versorgt nicht nur die süddeutschen Soldaten und Kameraden im Auslandseinsatz, sondern ist auch in der schwäbischen Kliniklandschaft als Traumazentrum und als Station eines Rettungshubschraubers ein wichtiger Stützpfeiler der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Auslandseinsätze in Mali und im Irak, die Evakuierung aus Kabul, der Betrieb einer Intensivstation in Portugal im März und der Transport von rumänischen Corona-Patienten nach Norddeutschland sind dabei nur einige exemplarische Militäreinsätze in diesem Jahr.
Daneben läuft der Klinikbetrieb weiter. Für Ahrens gilt es, die Balance zu halten zwischen der Versorgung von Covid-Patienten auf der einen Seite und Schwerverletzten durch Unfälle auf der anderen Seite. Der Mediziner betont, dass jeder die Hilfe bekommt, die er dringend braucht.
Die Krankenhäuser der Region unterstützen sich dabei gegenseitig, es sei „ein tagesaktueller Sichtflug“ in der Abstimmung der Krankenhäuser. Dabei ruft der Krankenhaus-Chef auch jeden Kranken auf, ins Krankenhaus zu gehen, wenn er Hilfe braucht. Das umfangreiche Hygienekonzept schützt dabei Personal und Patienten vor einer Corona-Infektion und es bekommt auch jeder Patient mit einem Herzinfarkt und jedes Unfallopfer die notwendige medizinische Hilfe.
Im Gespräch mit ulm-news bricht Ahrens eine Lanze für das Impfen. Zum Einen ist die Impfung ein individueller Schutz für jeden Einzelnen vor schweren Verläufen und zum Anderen vermindert die Impfung das Ansteckungsrisiko für Andere.
An der Schleuse zur Intensivstation wartet die Ärztin Judith Bauer, die zum Gespräch in das Stationszimmer der Intensivstation bittet. Eigentlich hätte dort schon vor einer halben Stunde die Frühstückspause stattfinden sollen, doch alle Teller sind unberührt und auch der Korb mit den Brötchen ist noch voll. Auch heute sind die Ärzte und Pfleger noch mit der Versorgung der Patienten beschäftigt, die Pause wurde einmal wieder verschoben. Während die Ärztin erklärt, warum Corona-Patienten immer wieder in eine Bauchlage gedreht werden, kommen endlich die ersten Kollegen aus der Schleuse zu den Patientenzimmern und lassen sich auf die Stühle fallen.
Kurz ein Brötchen belegen und essen, währenddessen kommt schon wieder jemand zur Tür herein und hat dringende Fragen zum Gesundheitszustand eines Patienten. Während dem Essen erzählt ein Stationsarzt von seinem zwölfjährigen Sohn, der ihn vor ein paar Tagen gefragt hat, warum er auch Ungeimpften hilft, denn die sind doch selbst schuld an ihrem Gesundheitszustand. Nach einer kurzen Sprachlosigkeit über solch eine Kinderfrage habe er seinem Sohn erklärt, dass er als Arzt jedem Menschen helfe und nicht unterscheide, warum er in dieser Situation ist.
Judith Bauer ergänzt, dass ein Notarzt bei einem Unfallbeteiligten ja auch nicht fragt, ob er vor dem Unfall zu schnell gefahren ist. Eine richtige Pause wird es nicht, stattdessen bricht das Personal wieder auf, um sich erneut mit Schutzkleidung auszustatten und den n ächsten Patienten zu drehen. Auf der normalen Infektionsstation liegen laut dem Generalarzt etwa gleich viele Geimpfte und Ungeimpfte, auch wenn die Geimpften mittlerweile in der Gesamtbevölkerung in der Mehrzahl sind. Auf der Corona-Intensivstation befinden sich ausschließlich ungeimpfte Patienten.
Während in den ersten Wellen die Patienten überwiegend älter waren, ist in der aktuellen vierten Welle die Altersstruktur der Bevölkerung auch im Krankenhaus gleichmäßig verteilt. In einem der Zimmer der Intensivstation steht ein Familienfoto auf einer Wandleiste.
Der künstlich beatmete und narkotisierte Mann um die 40, der im Bett liegt, ist auf dem Foto lachend inmitten seiner Kinder und neben seiner Frau zu sehen. Er ist ungeimpft und kämpft um das Überleben. Der Ärztin ist anzumerken, dass sie erschöpft ist. Genauso wie ihre Kollegen, die nicht nur dienstplanmäßig an zwei Wochenenden pro Monat arbeiten, sondern oft noch ein drittes Wochenende als Überstunden ableisten, da die Arbeit extrem personalintensiv ist.
Nun muss wieder ein Patient gedreht werden, Judith Bauer geht zum Helfen in das Zimmer, insgesamt müssen vier Kollegen zusammenanpacken. Bauer weiß mittlerweile, welcher Typ Bettlaken rutschiger ist als die anderen und damit das Drehen leichter macht. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die in Zusammenarbeit mit der Klinikwäscherei die Arbeit etwas erleichtern. Schläuche dürfen beim Drehen nicht abknicken oder herausgezogen werden, der gesamte Vorgang dauert dadurch rund eine halbe Stunde.
Nach dem Drehen kontrolliert die Ärztin Bauer mit dem Stethoskop, ob der Beatmungsschlauch noch richtig liegt. Durch die abwechselnde Drehung in Bauch- und Rückenlage wird die Lunge gleichmäßiger belüftet.
Und dann fällt Bauer der Anruf eines Hausarztes ein. Der Kollege erkundigte sich, ob ein bestimmter Patient bei ihr auf der Intensivstation sei. Bauer bejahte das und der Arzt erklärte ihr den Hintergrund der Frage.
Insgesamt 15 Angehörige des Patienten waren gleichzeitig in der Hausarzt-Praxis aufgetaucht und hatten nach einer Impfung verlangt. Das Schicksal ihres nicht geimpften Angehörigen auf der Intensivstation hatte die Großfamilie zum gemeinschaftlichen Umdenken gebracht.
In der aktuellen Welle sind für Bauer neben den Impfungen auch die Kontaktbeschränkungen hilfreich und sie wünscht sich für ihre Kollegen und sich selbst, dass sie nicht das zweite Weihnachtsfest in Folge bei der Arbeit im Krankenhaus verbringen muss.
Text/Fotos: Thomas Heckmann



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