Ulm News, 12.11.2021 18:00
Legalisierung von Cannabis auch Thema bei Koalitionsverhandlungen
Alle drei an den Koalitionsverhandlungen beteiligten Parteien wollen eine Legalisierung von Cannabis. Die Substanz ist derzeit zu therapeutischen Zwecken legal, wobei die meisten Medikamente aus dem Ausland importiert werden. Eine weitere Liberalisierung würde nicht nur den internationalen Anbietern, sondern auch den einheimischen Produzenten und Händlern einen enormen Schub geben.
Während die drei großen deutschen Parteien an den Details des Koalitionsvertrags feilen, ist die Frage der Legalisierung des Cannabiskonsums für Erwachsene ein wichtiger Bestandteil der Verhandlungen. Die künftige Regierung, die wahrscheinlich Anfang Dezember ihr Amt antreten wird, steht einer Lösung des Problems wesentlich offener gegenüber als ihre Vorgänger unter Angela Merkel. 
Vor 2019 wurde Cannabis als Droge der Klasse IV eingestuft - eine Kategorie, zu der auch Heroin und Kokain gehören. Das bedeutet, dass ihr jeglicher medizinischer Nutzen verwehrt war. Jetzt ist es jedoch eine Substanz der Klasse I, und die Ärzte in Deutschland haben allein im ersten Halbjahr 2021 Rezepte im Wert von 19 Millionen Euro ausgefüllt. Die Patienten nutzen das Medikament für Krankheiten wie chronische Schmerzen und Epilepsie. Der Markt für den Freizeitkonsum könnte eine noch größere Chance darstellen. In Kanada, wo 2018 ein umfassendes Legalisierungsgesetz verabschiedet wurde, liegt der jährliche Umsatz bei 2 Milliarden Euro. 
Die neue deutsche Regierung sieht darin eine große Chance und einen willkommenen Impuls für die durch die Pandemie dezimierte Wirtschaft. Analysen gehen davon aus, dass die Zahl der aktiven Nutzer - sowohl im medizinischen als auch im Freizeitbereich - im Falle einer vollständigen Legalisierung 1 Million erreichen wird. Das entspräche einer Gesamtmarktgröße von 3,2 bis 4 Milliarden Euro pro Jahr. 
Alle drei Parteien, die aus den Wahlen im September als Sieger hervorgingen - Sozialdemokraten (SPD), Bündnis 90 (Die Grünen) und Freie Demokraten (FDP)- stehen der Idee der Schaffung eines regulierten legalen Marktes offen gegenüber und verhandeln nun laut Bloomberg über die Details. Derzeit beläuft sich der legale Verkauf von Arzneimitteln auf Cannabisbasis an medizinische Patienten in Deutschland auf über 200 Millionen Euro pro Jahr. Der illegale Markt ist jedoch viel größer als das. Nur ein kleiner Teil des illegalen Cannabis wird im Inland aus Autoflowering Samen von einzelnen Konsumenten selbst angebaut. Der Großteil der Substanz wird entweder vor Ort hergestellt oder unter der Kontrolle des organisierten Verbrechens eingeführt. Dieser Szenario belastet die Polizeikräfte und entzieht dem Fiskus Hunderte von Millionen an Steuergeldern. 
Heute haben nur drei deutsche Unternehmen Lizenzen für den Anbau von Cannabis im Inland. Und sie dürfen die Pflanze nur im Freien hinter hohen Betonmauern anbauen. Johannes Gallois, der Geschäftsführer von GECA Pharma in Köln, sagte der Deutschen Welle, man erwarte, dass die hiesige Industrie enorm von der Legalisierung profitieren werde. Er äußerte auch den Wunsch, dass die Entscheidungsträger Vertreter der Industrie einladen, an der Diskussion teilzunehmen. 
Die Regierung sollte allen Interessengruppen, die sie in ihre Programme einbeziehen will, sehr genau zuhören, sagte er, "angefangen bei den Importeuren, den Herstellern, aber auch denjenigen, die es ausgeben sollen. Wenn es sich um die Apotheken handelt, sollten auch sie mit einbezogen werden. Und dann müssen wir das perfekte Marktumfeld schaffen." 
Große, international tätige Cannabisproduzenten haben es eilig, in Europa einen Fuß in die Tür zu bekommen, denn Deutschland könnte nicht nur der erste legale Markt auf dem Kontinent werden. Es wird wahrscheinlich auch der größte sein. I
n Kanada ansässige Cannabisproduzenten wie Canopy Growth Corp. und Aurora Cannabis Inc. liefern bereits medizinisches Cannabis in das Land. Und Tilray Inc. betreibt eine Anlage in Portugal und hofft, Cannabis nach ganz Europa zu liefern, wenn hier neue legale Märkte entstehen. Die öffentliche Meinung in Deutschland hat sich eindeutig in Richtung Cannabislegalisierung verschoben. 
Die jüngste Umfrage, die vom Hanfverband des Landes im Oktober durchgeführt wurde, ergab, dass sich zum ersten Mal mehr Menschen für eine Reform aussprachen als dagegen. Laut der Umfrage begrüßen 49 % der Deutschen die Idee, den Anbau und Verkauf von Cannabis zu legalisieren und zu regulieren. 46 % sind weiterhin dagegen. Letztes Jahr beschloss die Europäische Kommission, CBD, einen der Hauptbestandteile von Cannabis, der keine bewusstseinsverändernde Wirkung hat, als Lebensmittel und nicht als Betäubungsmittel einzustufen. Daraufhin strichen die Vereinten Nationen Cannabis von der Liste der harten Drogen.




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