Ulm News, 14.07.2021 16:18
Pfarrer Günter Bohnet verabschiedet: Ein Begleiter für Patienten und Mitarbeiter
Nach zehn Jahren im RKU und über 20 Jahren im Beruf des Seelsorgers verabschiedete sich Pfarrer Günter Bohnet in den Ruhestand. Für den evangelischen Geistlichen war es ein Geschenk, Begleiter zu sein, nicht nur für Patienten, sondern auch für Mitarbeiter mit all den Herausforderungen und Alltagsgeschichten. Vor kurzem wurde Pfarrer Bohnet bei einem Gottesdienst im RKU verabschiedet.
Zehn Jahre lang war Pfarrer Günter Bohnet als evangelischer Seelsorger in den Kliniken RKU tätig. Dabei hat der 65-Jährige in den Beruf des Seelsorgers erst spät gefunden: Als studierter Sozialpädagoge arbeitete er in der ersten Hälfte seines Berufslebens mit Kindern und Jugendlichen und war als Referent in der evangelischen kirchlichen Jugendarbeit tätig. Ein Jahr verbrachte er in Israel bei einer Gemeinschaft evangelischer Mönche. „Das war eine ganz wichtige Zeit für mich, diese Situation in Israel vor Ort zu erleben“, erinnert sich Günter Bohnet.
Nach über 20 Jahren Jugendarbeit stellte sich ihm die Frage, wie lange er mit Jugendlichen noch arbeiten wolle. Damals kam eine Anfrage der evangelischen Kirche, ob er nicht als Quereinsteiger ins Pfarramt wechseln wolle. „Für Laien war das in Württemberg damals auch ohne Theologiestudium möglich“, erzählt Bohnet.
Doch die Anfrage kam für ihn in einer familiär schwierigen Zeit: Sein Sohn, der mit einem Herzfehler zur Welt gekommen war, war kurz zuvor verstorben. Wie sollte er da Menschen begleiten und als Seelsorger auftreten, wenn er gerade selbst mit Gott haderte? Günter Bohnet entschied sich in dieser schweren Zeit für die Seelsorge. Schritt für Schritt sei er den Weg damals ins Pfarramt gegangen. „Ich hatte eine gute Gemeinde“, sagt er. „Dass ich Pfarrer geworden bin, ist ein Zeichen dafür, dass der liebe Gott Humor hat.“ 2011 wechselte er nach elf Jahren als Gemeindepfarrer in Gerstetten und Beimerstetten ins Krankenhaus – ins RKU nach Ulm.
„Für mich war immer wichtig, den Menschen nahe zu sein“, sagt der gebürtige Göppinger. „Das ist die wesentliche Ausdrucksform von Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit“. In der Klinik konnte sich Bohnet fortan noch mehr auf den Menschen konzentrieren bei Krankenbesuchen, Gottesdiensten, Gesprächen mit Mitarbeitern und Patienten – zu jeder Tages- und auch Nachtzeit. Als Vertretung wurde Pfarrer Bohnet auch in andere Klinikstandorte gerufen. Als Seelsorger blieb ihm im Klinikdienst auch mehr Zeit, sich hinzusetzen und auch einmal eine Stunde zuzuhören, sagt Pfarrer Bohnet, während Ärzte und Pflege oft darunter gelitten hätten, dass sie diese Zeit nicht haben. „Das sind letztlich systemgeschuldete Dinge, an denen man nichts ändern kann.“
Die letzten eineinhalb Jahre sei es aufgrund von Corona und Maßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsregeln nicht leicht gewesen, den Menschen wirklich nahe zu kommen. „Die Corona-Zeit hat mich gewissermaßen angefochten, weil alles, was mit Nähe und Vertrauen schaffen zu tun hat, reduziert und unmöglich gemacht wurde“, bedauert Bohnet. „Ich hoffe sehr, dass bald wieder mehr Begegnung möglich sein wird.“
Gerade in der Zeit, als keine Besucher zu ihren Angehörigen ins Krankenhaus kommen durften, sei es wichtig gewesen, als Stellvertreter bei den Kranken zu sein. „Es war eine Beruhigung für Angehörige, dass jemand da ist“, sagt Pfarrer Bohnet. Er erhielt in dieser Zeit auch mehr Anrufe, ob er nach Angehörigen sehen könne.
Und im RKU waren auch in der Corona-Zeit die Seelsorger nicht ausgeschlossen und durften zu den Patienten. Wie wichtig die Seelsorge in einer Klinik ist, beschreibt Bohnet mit einer Anekdote: Einmal habe er eine Stationsleitung gefragt, ob jemand Bedarf habe. Die Stationsleitung habe kurz aufgesehen und gemeint: Ja, alle. Dass klerikale Ratschläge dabei weniger gefragt si
nd, als ein vertrauensvolles Gespräch, hat Pfarrer Bohnet bei seinen Besuchen am Krankenbett erlebt. Einmal erklärte ein Patient, er wolle ausdrücklich keinen Pfarrer sehen. Günter Bohnet besuchte den Mann trotzdem – er käme schließlich als Mensch, der sich für ihn und seine Situation interessiere. Das Gespräch mit dem Seelsorger habe dem Patienten letzten Endes gutgetan, berichtet Bohnet lächelnd: „Beim Verlassen des Krankenzimmers meinte der Patient: Sie dürfen gerne wiederkommen.“
Auch viele sterbende Patienten hat Pfarrer Bohnet begleitet. Er erinnert sich an einen älteren Mann, der kein Gespräch mehr wollte. Nur schweigen. „Und dann durfte ich seine Hand halten und wir haben 20 Minuten lang geschwiegen“, sagt Bohnet. Das sei schwer für ihn gewesen. „Es ist schwierig zu sehen, wenn man Menschen leiden sieht und man ihnen nicht so helfen kann, wie man will.“
Die Konfession habe bei seiner Arbeit in den wenigsten Fällen eine Rolle gespielt. Religion habe viel mit Tradition zu tun. Aber in den meisten Fällen wollten die Patienten reden und gehört werden – egal, ob mit einem evangelischen oder katholischen Seelsorger. Mit seiner katholischen Seelsorger-Kollegin habe er auch immer ein sehr enges und freundschaftliches Verhältnis gepflegt. Auch Mitarbeiter haben immer wieder Rat bei Pfarrer Bohnet gesucht, wenn es etwa um hohe Arbeitsbelastung oder Schwierigkeiten am Arbeitsplatz ging. Zu vielen hat der Seelsorger über die Jahre hin ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut.
Mit seiner Entscheidung, Pfarrer und Seelsorger zu werden, ist Günter Bohnet sehr zufrieden. „Ich bin durchaus auch ein kirchenkritischer Mensch“, sagt er, „aber ich habe mich hier immer am richtigen Ort gefühlt.“
Zum 1. August tritt Pfarrer Günter Bohnet in den Ruhestand. Seine Nachfolgerin in der evangelischen Seelsorge im RKU wird ab 1. November 2021 Pfarrerin Daniela Jäkle antreten.
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