Ulm News, 13.04.2021 16:00
Ernst Prost: LIQUI MOLY ist erfolgreich mit "Inkompetenzkompensationskompetenz"
Der Ulmer Schmierstoffhersteller hat mitten in der Krise das beste Monatsergebnis seiner Firmengeschichte vorgelegt. Trotz vieler Probleme, wie Geschäftsführer Ernst Prost, der von "Inkompetenzkompensationskompetenz" spricht.
"Ausreden höre ich jeden Tag genug. Leider vermehrt von unseren Zulieferern. Damit sind wir schon beim ersten Mühlstein, der uns um den Hals hängt: Rohstoffknappheit landauf, landab. Unsere Vorratstanks sind leer. Wir leben von der Hand in den Mund und wringen jeden Tropfen Öl aus unseren Leitungen, um überhaupt lieferfähig zu bleiben", berichtet LIQUI MOLY-Geschäftsführer Ernst Prost. Force Majeur – höhere Gewalt – so schalle es dem Einkauf entgegen, wenn nach Lieferterminen gefragt werde. "Wo wir ansonsten mit 5.000 t Schiffsladungen von der Nordsee bis zu unserer Fabrik im Saarhafen zu Dillingen fahren, tuckern wir heute mit 30 t LKW über die Landstraßen und Autobahnen. Unrentabel, teuer und gar nicht umweltfreundlich. Rohstoffe, Verpackungsmaterialien, Kanister und Fässer, Verschlüsse, Kartons und Folien. Es fehlt hinten und vorne. Für manchen war der Lockdown offensichtlich ein Knockdown . . . ", kritisiert Prost.
Werkserweiterungen und Reparaturen würden auf die lange Bank geschoben, weil Handwerksbetriebe und Montagefirmen auch nur noch über Mangel an Ersatzteilen und Materialien klagen. "Was ist da los? Dieser Knick im Versorgungsschlauch ist doch nicht auf die paar Schiffe, die ein paar Tage im Suezkanal festhingen, zurückzuführen. Ich glaube eher, dass die eine oder andere Firma immer noch lieber auf dem Sofa rumhängt, dem Home-Office frönt und Kurzarbeitergeld bezieht, um Kosten zu sparen, anstatt die Ärmel hochzukrempeln", vermutet der erfolgreiche Geschäftsführer, der auch wahre Kostenexplosionen bemängelt: "Eine Preis-Explosion hat unsere Ertragskraft erschüttert – zwischen 10 Prozent und 20 Prozent Preiserhöhungen unserer Vorlieferanten „ab morgen“ sind keine Seltenheit. Wir rechnen mit satten 20 Millionen Euro Mehrkosten, aufs laufende Jahr gesehen, allein für unsere Materialbezüge in der Fabrik", so Prost.
Zwei Drittel des Geschäftes macht LIQUI MOLY im Ausland mit circa 150 Ländern. Laut Prost fehlen aber Container. Da würden alle an eine Krise denken. Dabei sei alles ausgebucht und belegt auf hoher See zwischen Asien und Europa. "Kaufen bis die Schwarte kracht. So herum stimmt es eher. Teilweise warten wir wochen- und monatelang, bis wir wieder Frachtmöglichkeiten für unser Exportgeschäft nach Übersee – egal in welche Himmelsrichtung – zugeteilt bekommen".
Laut Prost kommt vorn nur spärlich etwas rein und hinten geht es nur zögerlich raus. Deswegen arbeitet LIQUI MOLY im Drei-Schicht-Betrieb, "um trotz widriger Umstände unsere Ziele zu erreichen, auf der Erfolgsspur zu bleiben und um uns nicht unterkriegen zu lassen". „Die Schwäche unseres Gegners ist unsere Stärke,“ betont Prost. Man sei eben nicht nur im Sport, sondern auch in der Wirtschaft immer nur so gut, wie es der Gegner, die Konkurrenz, zulässt. "Aber im Moment sind wir nur so gut, wie es unsere Vorlieferanten durch zuverlässige Warenversorgung ermöglichen. Das hätte ich auch nicht gedacht, dass so etwas noch einmal passieren könnte. Man bläst zum Angriff und der Nachschub stockt. Aber solange wir in Ulm oder in Saarlouis keine Ölquellen entdecken, müssen wir uns halt mit den Gegebenheiten herumschlagen und damit fertig werden", so der LIQUI MOLY-Chef, der abschließend ergänzt: "Wir nennen das Inkompetenzkompensationskompetenz".



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