Ulm News, 11.03.2021 11:52
Motivationsschub aus dem Smartphone - Digitale Peergruppenberatung kann Älteren aus der Arbeitslosigkeit helfen
Beschreibung: Die digitale Peergruppenberatung hilft Älteren aus der Arbeitslosigkeit. Hierfür wurde eigens ein spezieller Messenger entwickelt
Fotograf: Andreas Obermeier / Universität Ulm
Für Arbeitslose ab dem 50. Lebensjahr ist die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit besonders hoch. Forscher und Forscherinnen aus dem Institut für Business Analytics der Universität Ulm haben nun in einer Studie zur digitalen Peergruppenberatung (DIGIPEG) untersucht, ob und wie soziale Medien älteren Menschen bei der Arbeitssuche helfen können.
Die Idee dahinter: Arbeitslose über 50 unterstützen sich hierbei gegenseitig – digital, anonym und freiwillig. Das Ergebnis des Projektes zeigte, dass digitale Peergruppen die Arbeitssuche signifikant verbessern; und zwar im Hinblick auf Bewerbungsaktivitäten, -fähigkeiten und den Bewerbungserfolg. Unterstützt wurde die Studie vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg mit über 195.000 Euro.
Wer mit 50+ seinen Job verliert, hat es in der Regel schwer, wieder in Arbeit zu kommen. Nicht nur die Arbeitssuche und die Situation an sich ist für die Betroffenen psychisch belastend, auch die finanziellen Folgen sind beträchtlich: steigt mit der Langzeitarbeitslosigkeit doch das Risiko für Altersarmut gravierend. Doch wie können ältere Arbeitslose wieder zurückfinden ins Arbeitsleben? Unterstützung hierzu kommt von Forscherinnen und Forschern der Universität Ulm: Der Wirtschaftswissenschaftler Professor Mathias Klier hat mit seinem Team am Institut für Business Analytics und der Bundesagentur für Arbeit eine digitale Peergruppenberatung für ältere Arbeitslose entwickelt. „Wir befassen uns in meiner Arbeitsgruppe mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien und suchen nach Wegen, wie diese einen Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft stiften können“, erklärt Mathias Klier, Inhaber der Péter-Horváth-Stiftungsprofessur für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt betriebswirtschaftliches Informationsmanagement. Die Forschungsgruppe hat nun einen Weg gefunden, wie sich solche digitalen Technologien im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sinnvoll einsetzen lassen. Dafür wurde eine digitale Peergruppenberatung (DIGIPEG) ins Leben gerufen und über zwei Jahre lang flächendeckend in Baden-Württemberg etabliert. Das vom Stuttgarter Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau geförderte Angebot ist freiwillig und richtet sich an Arbeitslose, die älter als fünfzig Jahre sind.
„Mithilfe eines eigens dafür entwickelten Messenger-Dienstes soll DIGIPEG ältere Arbeitslose – ergänzend zur analogen Beratung in den Arbeitsagenturen – persönlich unterstützen, motivieren und aktivieren und damit schließlich deren Chancen auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verbessern“, erklärt Klier. Die Betroffenen haben also nicht mehr nur die Möglichkeiten, sich vor Ort in einer 1-zu-1-Beratung mit einer Vermittlungsfachkraft der Agentur auszutauschen. DIGIPEG macht es insbesondere möglich, sich online mit anderen Betroffenen in Verbindung zu setzen. Zu dieser besonderen Peergruppe gehören andere Arbeitslose aus der Altersgruppe 50+, die vor den gleichen Herausforderungen stehen, die die gleichen Interessen haben und Ziele verfolgen. Moderiert wird die digitale Peergruppe durch eine Vermittlungsfachkraft der Agentur für Arbeit, die bei schwierigen Fragen mit Expertenwissen weiterhilft.
„Mir gefällt, dass wir in dieser schwierigen Situation nicht allein sind. Wir machen alle dasselbe durch. Wenn jemand mal einen schlechten Tag hat, dann sind wir da“, berichtet ein Teilnehmer. Seine etwa zwanzigköpfige Peergruppe war für ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar – und zwar über den Messenger, der von der Forschergruppe speziell für das Projekt entwickelt worden war. Zugleich ist der virtuelle Raum, über den sich die Männer und Frauen anonym austauschen, geschützt und nur mit Hilfe der entsprechenden Zugangsdaten zugänglich. Insgesamt boten bis zum Jahresende 15 Agenturen und 5 Jobcenter aus ganz Baden-Württemberg DIGIPEG als freiwilliges Angebot an. In dieser Zeit chatteten 471 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in 27 Peergruppen für jeweils 3 Monate miteinander.
Zur wissenschaftlichen Begleitung des Projektes wurde ein kontrolliertes Feldexperiment durchgeführt. Dafür wurden die Arbeitslosen aus der digitalen Peergruppenberatung mit einer gleich großen Kontrollgruppe verglichen, der dieses Angebot nicht zur Verfügung stand. Das Ergebnis der Feldstudie, die von Mitte Februar 2019 bis Ende Dezember 2020 lief: Die Männer und Frauen mit digitaler Peergruppenberatung steigerten ihre Bewerbungsaktivitäten signifikant und verbesserten ihre Bewerbungsfähigkeiten messbar. „Während der Corona-Krise kamen insbesondere Frauen nachweislich eher in Arbeit, wenn sie Teil einer digitalen Peergruppe waren“, ergänzt Maximilian Förster, Doktorand am Institut für Business Analytics, der am Projekt maßgeblich beteiligt war. Ein weiteres Resultat: Das digitale Format hat während der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen grundsätzlich an Bedeutung gewonnen: So wurde DIGIPEG in Zeiten von Corona noch intensiver genutzt, um untereinander und mit den jeweiligen Agenturen im Austausch zu bleiben. Die vielversprechenden Ergebnisse machen Mut. Die Bundesagentur der Arbeit will deshalb in Zukunft vermehrt auf das Thema Digitalisierung setzen und die digitale Peergruppenberatung bald in ganz Deutschland anbieten. „Das Projekt trifft mit seinem digitalen Ansatz den Nerv der Zeit und kann gerade auch in Zeiten des Corona-bedingtem ‚Social Distancing‘ soziale Unterstützung möglich machen und so einen hohen Mehrwert schaffen“, glauben die beiden Ulmer Forscher.
Highlight
Weitere Topevents
Ein neues Juwel für Ulm und ein architektonisches Denkmal für Einsteins Theorien
Heute Abend (Sonntag, 24. November 2024) war es so weit: Der weltbekannte Architekt Daniel Libeskind...weiterlesen
Drogerie Müller eröffnet edel in Budapest
Nach dreijähriger Bauzeit feiert der Handelskonzern Müller die Eröffnung seines neuen Flagshipstores...weiterlesen
Sportwagen schleudert gegen Betonmauer - und ein LKW in der Wiese
Noch ist unklar, warum ein Sportwagen am Donnerstagmittag in Nersingen gegen eine Betonmauer prallte, der...weiterlesen
Der 65-jähriger Vermisster ist nun aufgefunden worden
Die Öffentlichkeitsfahndung nach Herrn Heinz. S. aus Eislingen wird von der Polizei zurückgenommen....weiterlesen
Spannender Move beim Ausbau des Donaustadions – die Spatzen wollen die Arena kaufen
Vor dem mit Spannung erwarteten Heimspiel gegen Fürth kommt auch Bewegung in die Diskussion um den Aus-...weiterlesen
Teures Auto am Ulmer Eselsberg gestohlen
Unbekannte haben das Auto die vergangenen Tage am Ulmer Eselsberg gestohlen. weiterlesen
„Guten Morgen Berlin“ - die Spatzen spielen dort am Samstag – und 10.000 Uuulmer sind mit dabei
Egal wie und was – für solche Spiele in solchen Stadien sind die Ulmer Spatzen in die 2. Liga...weiterlesen
Weitere Wertschätzung fürs bi:braud von Alina Meissner-Bebrout - Tim Mälzer ist begeistert
In einem Podcast wird die Ulmer 1-Sterne-Köchin Alina Meissner-Bebrout in den Fokus gerückt. "Fiete...weiterlesen