Ulm News, 08.03.2021 10:16
Digitale Besuche bei Renée Sintenis
Das Edwin Scharff Museum wird digitaler – und stellt neue Videos zur Sonder-ausstellung „Renée Sintenis. Pionierin der Bildhauerei“ ins Netz.
Die Corona-Einschränkungen verhindern leider weiterhin persönliche Museen- und Ausstellungsbesuche und die unmittelbare Begegnung mit Kunstwerken. Im Edwin Scharff Museum Neu-Ulm ist besonders die Sonderausstellung „Renée Sintenis. Pionierin der Bildhauerei“ vom erneuten Lockdown betroffen, da eine Verlängerung der Ausstellung über den 5. April 2021 hinaus nicht möglich ist. Daher lädt das Museum nun mit zwei neuen Videos zum digitalen Besuch der Sonderausstellung von zuhause aus ein und stellt Leben und Werk von Renée Sintenis im Netz vor. Und für die, die einen baldigen Besuch planen, machen die Filme Appetit auf das gesamte Werk.
Im ersten Video führt Museumsdirektorin Dr. Helga Gutbrod die Zuschauerinnen und Zuschauer persönlich durch die Ausstellung. Sie stellt dabei die Künstlerin als Pionierin der Bildhauerei in ihrer Entwicklung und mit ihren vielfältigen Hauptthemen vor.
Renée Sintenis (1888 – 1965) war Zeitgenossin von Edwin Scharff und gehörte zur ersten Generation von Bildhauerinnen, die sich in der damaligen männerdominierten Kunstwelt durchsetzen konnten und Erfolg hatten. Dies erreichte Sintenis allein durch die Qualität ihrer Werke, denn sie bemühte sich nicht um Aufträge, sondern arbeitete konsequent selbstbestimmt. Die großgewachsene Sintenis stellte mythologische Figuren, Sportler und Akte, vor allem aber Tiere in ihren kleinformatigen Plastiken dar. Sie wurde daher manchmal auch scherzhaft als „Riesin mit dem Kleintierzoo“ tituliert.
Die Sonderausstellung zeigt viele Beispiele dieser faustgroßen Arbeiten, von denen einige im Video genauer vorgestellt werden. Besonders die instinktiven Regungen von Tieren werden von Sintenis genauestens festgehalten und wirken dadurch besonders lebendig.
Aber auch Selbstbildnisse und Bildnisse von Freunden wie dem Dichter Joachim Ringelnatz (seine Büste ist ebenfalls Teil der Neu-Ulmer Ausstellung) beförderten die Bekanntheit der Künstlerin – genauso wie der von ihr geschaffene „Berlinale“-Bär, dessen Kopien bis heute den Preisträgerinnen und Preisträgern der Berliner Filmfestspiele verliehen werden (auch er ist in der Ausstellung zu sehen).
„Was ist der rote Faden, der sich durch das Werk von Renée Sintenis zieht?“, fragt Dr. Helga Gutbrod zum Ende ihrer informativen Online-Führung, und weist dann eindrücklich darauf hin, dass es besonders die Meisterschaft der Künstlerin ist, jedes Tier oder jede Person, die sie zeigt, durch ihre ganz eigene besondere Haltung und Bewegung zu charakterisieren.
In einem weiteren Video stellt Charlotte Thon, die wissenschaftliche Volontärin des Museums, die Plastik „Große Daphne“ von Renée Sintenis aus dem Jahr 1930 vor. Die – für Sintenis ungewöhnlich – fast lebensgroße Arbeit gilt als eines der Hauptwerke der Künstlerin.
Charlotte Thon erläutert zunächst den mythologischen Hintergrund der Geschichte von Daphne und Apoll aus Ovids „Metamorphosen“. Diese Geschichte wurde bereits vielfach in der bildenden Kunst gestaltet und interpretiert. Renée Sintenis konzentriert sich dabei ungewöhnlicherweise auf den Moment der Verwandlung Daphnes in einen Lorbeerbaum. Die Gestalt Daphnes wirkt dabei ruhig und in sich gekehrt. Charlotte Thon entdeckt in der Plastik „Große Daphne“ den Ausdruck einer „willensstarken Frau, die sich der Liebe und den Sehnsüchten eines Mannes entzieht, und allein ihren neuen Weg geht.“
Beide Videos, die von Nik Schölzel produziert wurden, sind noch bis zum Ende der Sonderausstellung am 5. April 2021 kostenfrei im Netz zu sehen. Sie befördern das Verständnis der Künstlerin Renée Sintenis und eröffnen den Betrachterinnen und Betrachtern interessante Sichtweisen auf ihr Werk.
Die Videos finden Sie auf der Website des Edwin Scharff Museums unter https://edwinscharffmuseum.de/exhibition/renee-sintenis-pionierin-der-bildhauerei/ sowie auf Instagram (@edwinscharffmuseum).



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