Ulm News, 25.05.2020 15:29
Coronavirus verstehen: Forschungsprojekte ergründen Eigenschaften und Ausbreitung von SARS-CoV-2
Mit zwei neuen Forschungsprojekten trägt das Institut für Molekulare Virologie der Ulmer Universitätsmedizin zu einem tieferen Verständnis der Eigenschaften und Ausbreitung des neuen Coronavirus (SARS-CoV-2) bei. Infolge des BMBF-Förderaufrufs zur Erforschung von COVID-19 im Zuge des Ausbruchs von SARS-CoV-2 haben Institutsdirektor Professor Frank Kirchhoff und Dr. Daniel Sauter insgesamt über 900 000 Euro eingeworben.
Im Projekt „Restrict SARS-CoV-2“ ergründen Forschende um Professor Frank Kirchhoff das Zusammenspiel verschiedener Coronaviren mit der körpereigenen Immunreaktion: Welchen Einfluss hat die Stimulierung der angeborenen Immunantwort und die Aktivierung von Entzündungsreaktionen auf die Vermehrung und Entwicklung von Coronaviren?
Tatsächlich unterscheiden sich verschiedene Coronaviren deutlich in ihrer Pathogenität, also in ihren krankmachenden Eigenschaften. Auswirkungen einer Infektion reichen von einer leichten Erkältung bis hin zu lebensbedrohlichen Lungenerkrankungen wie sie zum Beispiel der MERS-Erreger und in selteneren Fällen SARS-CoV-2 auslösen.
Diese unterschiedlichen Krankheitsverläufe lassen sich offenbar auf Eigenschaften der Viren und auf die Immunantwort des infizierten Wirts zurückführen.
Dementsprechend untersuchen die Forschenden sowohl die Fähigkeit von Coronaviren, die körpereigene Immunantwort zu manipulieren, als auch Verteidigungsmechanismen der Zielzellen.
„Einigen Coronaviren gelingt es zunächst, die Immunreaktion ihres Wirts so zu unterdrücken, dass sie sich ungestört vermehren können. Eine spätere, aufgrund der hohen Viruslast überschießende Abwehrreaktion des Infizierten kann dann allerdings zu schweren, mitunter tödlichen Krankheitsverläufen führen“, erklärt Professor Frank Kirchhoff.
Im Zentrum des Vorhabens stehen das aktuell grassierende Virus SARS-CoV-2, der SARS-Erreger, MERS-CoV und einige relativ harmlose Coronaviren, die Menschen oder Tiere befallen. Erstes Projektziel ist ein tieferes Verständnis der biologischen Grundlagen verschiedener Coronaviren. Welche Fähigkeiten ermöglichen es den Erregern, die antivirale Immunantwort ihres Wirts auszuschalten? Weshalb können einige Coronaviren die Artgrenze von Tier zum Menschen überspringen? Zudem soll erforscht werden, inwiefern sich SARS-CoV-2 im Verlauf der Pandemie an den Menschen anpasst. Vor allem aber will die Gruppe herausfinden, ob sich die körpereigene Immunantwort soweit modulieren lässt, dass eine zuverlässige Kontrolle von SARS-CoV-2 gelingt. Diese Erkenntnisse könnten den Grundstein für eine Immuntherapie gegen SARS-Coronaviren legen. Die Projektförderung von „Immunaktivierung und Hemmung von SARS-CoV-2“ (Restrict SARS-CoV-2) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beträgt über 542 000 Euro für 1,5 Jahre.
So genannte Spike-Proteine stehen im Mittelpunkt des Projekts „protACT“, eingeworben von Dr. Daniel Sauter. Diese Proteine in der Virushülle verschaffen Coronaviren Zutritt zur Zielzelle, in der sie sich vermehren. Allerdings muss dieser „Schlüssel“ zum neuen Wirt vorab aktiviert werden, indem er durch zelluläre Proteasen „geschnitten“ wird. Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 scheint hierbei im Vorteil gegenüber anderen Erregern zu sein. „Mit seiner polybasischen Schnittstelle für die häufige Protease Furin verfügt es sozusagen über einen Generalschlüssel. Dieser könnte die Ausbreitung des Virus erleichtern und seine krankmachenden Eigenschaften verstärken“, erklärt Daniel Sauter.
Die genaue Rolle von Furin und anderen Proteasen bei der Aktivierung des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 will er im neuen Projekt erforschen. Vor allem ein Vergleich zwischen verschiedenen Coronaviren – auch von Flederm&
amp; auml;usen und Schuppentieren – soll zeigen, welchen Einfluss eine polybasische Schnittstelle auf die Infektiosität hat. Dazu kommen Analysen von Mutationen, die im Verlauf der aktuellen COVID-19-Pandemie auftreten.
Projektziel sind zum einen neue Einblicke in die Aktivierung von SARS-CoV-2. Zudem hoffen die Forschenden um Sauter, neue therapeutische Angriffspunkte zu finden. Lässt sich durch die Hemmung von Furin der Vermehrungszyklus und somit die Ausbreitung des neuen Coronavirus hemmen? Die BMBF-Förderung des Vorhabens „Aktivierung und therapeutische Hemmung des SARS-CoV-2 Spike-Proteins“ (protACT) beläuft sich auf rund 367 000 Euro. Daniel Sauter kooperiert unter anderem mit Forschenden der Universitäten Tübingen und Tokio sowie des DPZ in Göttingen.
Die beiden neuen Forschungsvorhaben ergänzen das bereits am Ulmer Institut für Molekulare Virologie angesiedelte EU-Projekt Fight-nCoV, in dem antivirale Wirkstoffe gegen das neue Coronavirus erprobt werden. Darüber hinaus gilt der Leibniz-Preisträger Professor Frank Kirchhoff als führender Experte der HIV/AIDS-Pandemie. Dabei handelt es sich um die am besten erforschte Zoonose: Erkenntnisse zum Ursprung von HIV und zur Anpassung des Erregers an den Menschen sind auch für das Verständnis der Coronavirus-Pandemie relevant.





Highlight
Weitere Topevents




Bald geht es los: Neubau der Adenauerbrücke Ulm / Neu-Ulm - starke Nerven sind gefordert
Am Montag, 17. März 2025 sollen die Bauarbeiten nun beginnen - dann wird die alte Adenauerbrück...weiterlesen

„Aktenzeichen XY … ungelöst: Cold Cases“ - ein dubioser und trauriger Fall aus der Nähe Ulms
In der Spezial-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst: Cold Cases“ wird am 5. März 2025 ein Fall aus...weiterlesen

Nur die Feuerwehr kann die Unfallopfer befreien
Zwei Verletzte forderte ein schwerer Verkehrsunfall am Freitagnachmittag auf der Pfuhler Heerstraße. weiterlesen

Nach Wohnungsbrand 16 Wohnungen unbewohnbar - 5 Menschen ins Krankenhaus - Stadt Neu-Ulm stellt Notunterkunft
53 Bewohner müssen das Haus verlassen Fünf Bewohner im Krankenhaus - Stadt Neu-Ulm stellt...weiterlesen

Vom eigenen Auto eingeklemmt - Frau stirbt auf tragische Weise noch an der Unfallstelle
Am Montag verstarb eine 70-Jährige noch an der Unfallstelle in Eislingen. weiterlesen

Kein Glanzlicht der Woche: nächste Baustelle in Ulm - nächster Stau - Gleissanierung in der Wagnerstraße beginnt mit Trouble
Die Sperrung der Wagnerstraße in Richtung Söflingen seit dem Freitagmorgen hat trotz Ankündigung viele...weiterlesen

Hoppala – der plötzliche Trainerwechsel bei den Spatzen hatte wohl noch einen anderen Grund
Plötzlich steht des Geschäftsführers Begründung von dieser Woche in einem ganz anderen Licht: „Der...weiterlesen

Ulmer Donaustadion wird aufwendig saniert und heißt dann "ulm-news-Arena"
Tschuldigung - das passiert schon mal, wenn man an einem Rosenmontag eine PK (Pressekonferenz) abhält....weiterlesen