Ulm News, 21.07.2019 08:00
Dr. Jan Stefan Roell: Die Herausforderungen sind Fachkräfte, Digitalisierung und wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Dr. Jan Stefan Roell, Geschäftsführer der Zwick GmbH & Co. KG, ist im Juli vergangenen Jahres zum Präsidenten der IHK Ulm gewählt worden. „Den Umbruch gemeinsam schaffen“, so lautete das Motto des IHK-Präsidenten für die fünfjährige Amtsperiode. Ralf Grimminger sprach für mit Dr. Jan Stefan Roell über die ersten zwölf Monate, Ziele und Aufgaben sowie mögliche Krisenherde.
Sie sind IHK-Präsident seit genau einem Jahr. Wie sind diese ersten zwölf Monate für Sie verlaufen? Können Sie drei wichtige Ziele benennen, die Sie als IHK-Präsident angehen, bearbeiten und auch erreichen wollen?
Dr. Jan Stefan Roell: Im zurückliegenden Jahr haben wir viele Meilensteine bewältigt und sind auf einem guten Weg. Im Rahmen regelmäßiger Sitzungen der Vollversammlung sowie der Gremien- und Fachausschüsse und in Zusammenarbeit mit dem Hauptamt arbeiten wir mit Hochdruck daran, unsere definierten Handlungsfelder und Aufgaben zu lösen und für die Belange unserer Mitglieder und damit auch der Gesellschaft einzutreten. Dies sind die Herausforderungen Fachkräfte, Digitalisierung und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, um die wichtigsten zu nennen. Von deren Bewältigung hängt unsere weitere wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich ab. Deshalb habe ich meine Präsidentschaft unter das Motto gestellt „Gemeinsam den Umbruch schaffen“.
Sie sind seit vielen Jahren auch erfolgreicher Unternehmer in der Region. Was prägt die Betriebe in der IHK-Region Ulm? Was zeichnet sie aus?
Dr. Jan Stefan Roell: Unsere Region ist vor allem durch einen starken Mittelstand geprägt. Viele der Firmen sind dabei familiengeführt und die Entscheidungsträger leben hier vor Ort. Die Standortverbundenheit ist daher in einem Maße ausgeprägt, wie es nur in ganz wenigen anderen Regionen der Fall ist. Hinzu kommt eine hohe Innovationsfähigkeit. Nicht umsonst haben wir zahlreiche Weltmarktführer und Hidden Champions in unseren Reihen.
Hat sich die Struktur der Unternehmen in der IHK-Region Ulm im Laufe der Jahre gewandelt?
Dr. Jan Stefan Roell: Auch bei uns hat der Dienstleistungssektor an Bedeutung gewonnen. Gerade die Logistikbranche hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Heute sind wir ein richtiger Logistik-Hotspot. Hinzu kommt ein nach wie vor weit überdurchschnittlicher Industriebereich. Mit der Biopharmabranche kam dabei ein noch recht junger und sehr dynamischer Sektor dazu.
Sind die Unternehmen in der Region weniger anfällig für wirtschaftliche oder politische Krisen?
Dr. Jan Stefan Roell: Ein guter Branchenmix sorgt zusammen mit der schon angesprochenen mittelständischen Struktur und zahlreichen Entscheidungsträgern vor Ort zweifelfrei für eine gesunde Robustheit. Zudem herrscht bei uns auch nicht das typische Stadt-Land-Gefälle, wie es in vielen anderen Regionen vorzufinden ist. Vielmehr haben wir auch zwei sehr wirtschaftsstarke Landkreise. Dies gilt gerade für den Landkreis Biberach. Unser Erfolg fußt somit insgesamt auf einer breiten Basis. Dennoch: Auch wir sind nicht resistent gegen Störfeuer von außen.
Sehen Sie mögliche Krisen oder Krisenherde auf die regionalen Unternehmen zukommen?
Dr. Jan Stefan Roell: Als industriegeprägte und innovative Region sind unsere Unternehmen stark auf den Weltmärkten vertreten. Daher bereitet uns der zunehmende Protektionismus große Sorgen. Sollte sich diese Spirale weiter drehen, wird das auch unmittelbare Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft haben. Hinzu kommt das Thema Fachkräfte. Denn die Kehrseite der niedrigsten Arbeitslosenquote Deutschlands ist, dass in unserer Region auch mehr und mehr die Fachkräfte fehlen.
Die IHK Ulm vertritt 44 000 Mitgliedsbetriebe in Ulm, im Alb-Donau-Kreis und im Landkreis Biberach. Lässt sich diese Zahl noch steigern?
Dr. Jan Stefan Roell: Bei der Gründungsdynamik ist unsere Region ausnahmsweise einmal nicht die Spitze im Süden. Hier liegen wir eher im Mittelfeld und können uns also noch verbessern. Gleichzeitig ist aber auch die Anzahl der Betriebsaufgaben relativ gering. Die Unternehmen in der Region weisen also eine hohe Nachhaltigkeit und Marktbeständigkeit auf. In Summe hat der Unternehmensbestand in den letzten Jahren daher dennoch weit überdurchschnittlich zugenommen. Ich rechne auch in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anstieg.
Den Unternehmen in der Region geht es gut. Benötigen die Unternehmen dann noch eine IHK? Warum muss/soll ein Unternehmen auch ein IHK-Mitglied sein?
Dr. Jan Stefan Roell: Wirtschaftliches Wohlergehen ist keine Selbstverständlichkeit, sondern die Folge unseres gemeinsamen Engagements. Die IHK Ulm als die regionale Selbstverwaltungsorganisation der Wirtschaft stellt sich dieser Herausforderung. Selbstverwaltung ersetzt Staatsverwaltung. Unternehmertum leistet insofern einen wichtigen Beitrag für das Wohlergehen der Region. Als IHK stemmen wir gemeinsam Verantwortung in Haupt- und Ehrenamt mit der Erfüllung wichtiger Kernaufgaben wie z. B. der Aus- und Weiterbildung, aber auch mit Dienstleistungen, Beratungen und Informationen für die Unternehmen. Das Prinzip ist: Betroffene werden zu Beteiligten und gestalten Freiheit und Zukunft.
Was sind die wichtigsten Aufgaben und Herausforderungen für die IHK und die Mitgliedsbetriebe in naher Zukunft?
Dr. Jan Stefan Roell: Ich greife die eingangs erwähnten drei zentralen Herausforderungen auf, um aufzuzeigen, wie und wo wir als IHK aktiv sind und künftig sein werden:
Thema Fachkräfte: Wir setzen uns mit überzeugenden Instrumenten, detaillierter Informationen und kompakten Angeboten für eine qualifizierte Wirtschafts-, Berufs- und Studienorientierung ein, um die Entscheidungen der jungen Leute auf eine sichere Grundlage zu stellen. Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell und bietet die besten Karrierechancen. Das wird aber leider oft nicht so erkannt. Natürlich sind aber auch Akademiker gefragt – hier arbeiten wir zusammen mit den Hochschulen und Universitäten, um Exzellenz zu sichern und gemeinsam den Standort zu stärken.
Thema Digitalisierung: In einer konzentrierten Aktion entwickeln wir die Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung weiter, zum Beispiel auf den Gebieten der Datensicherung, Big Data and Analytics. Dafür investieren wir Engagement und Geld, um so noch größere Durchdringung zu erreichen. Mit dem neu gegründeten Digitalisierungszentrum ziehen wir zusammen mit Partnern aus Stadt, Landkreis, Handwerkskammer und Hochschule an einem Strang und bringen die Region digital voran.
Bei den politischen Rahmenbedingungen ist Europa zurzeit im Fokus. Europa ist alternativlos, wenn wir antidemokratischen Entwicklungen entgegenwirken und künftig auf der Weltbühne eine starke Rolle spielen wollen. Als Wirtschaftsorganisation setzen wir uns mit der Zukunft der EU und des Welthandels aktiv auseinander. Mit unserem Dachverband DIHK haben wir hierbei eine starke Stimme auf deutscher und europäischer Ebene, die wir angesichts der aktuellen Entwicklungen noch stärker zu Gehör bringen.
Ihr Vorgänger Dr. Peter Kulitz und IHK-Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle haben sich stets öffentlichkeitswirksam zu lokal- oder großpolitischen Themen geäußert. Wie politisch sehen Sie ihr Präsidentenamt?
Dr. Jan Stefan Roell: Im konstruktiv-kritischen Dialog mit Politik, Verwaltung und Medien sehe ich die Chance, die Voraussetzungen für unternehmerisches Handeln kontinuierlich zu verbessern und damit die Grundlagen zu schaffen für Wachstum und Beschäftigung in unserer Region und einer weiteren, möglichst positiven Entwicklung für die Menschen.
Was wünschen Sie sich für die nächsten vier Jahre Ihrer Amtszeit?
Dr. Jan Stefan Roell: Für dieses Jahr wünsche ich mir eine erfolgreiche Reise der Vollversammlung nach Brüssel und hoffe, dass es uns gelingt, unsere Forderungen und Wünsche den Europapolitikern präzise vorzustellen. Dann wünsche ich mir einen guten Wechsel im Hauptamt von Herrn Sälzle zu Herrn Deinhard. Die nächsten Jahre werden gekennzeichnet sein von Bemühungen, die Infrastruktur und Rahmenbedingungen für die regionale Wirtschaft zu verbessern, die Digitalisierung zu unterstützen und voranzutreiben sowie Aus- und Weiterbildung mit allen IHK-Möglichkeiten zu forcieren. Zusammengefasst: den Umbruch gemeinsam zu schaffen.
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