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Ulm News, 08.05.2018 12:27

8. Mai 2018 von Thomas Kießling
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Wenig Neues! Müde Inszenierung zum Thema „Freie Meinungsäußerung - Alles nur Theater"


Mit durchwachsenem Erfolg ist am Montagabend im Theater Ulm das Stück „Die Reinwaschung des Walter F.“ mit dem sperrigen Untertitel „Freie Meinungsäußerung - Alles nur Theater - Wer definiert die Begriffe? Eine Provokation!“" aufgeführt worden. An dem ambitionierten Mitmachstück beteiligten sich auch etwa 80 Zuschauer mit Sprachbeiträgen. 

Die Aufführung, inszeniert vom scheidenden Theaterintendanten Andreas von Studnitz, scheiterte an Inhalt und Handlung. Das Stück bot keine neuen Gedanken, Wendungen oder Anregungen. Die Aufführung krankte vor allem  daran, dass die Hauptrollen nicht oder nur mit Nebendarstellern besetzt waren. Walter Feucht, umstrittener Kolumnist des Stadtmagazins Spazz, um den und um dessen Texte im Zusammenhang mit Meinungsfreiheit diskutiert werden sollte, fehlte ebenso, wie die meisten seiner elf prominenten Freunde und Unterstützer aus Ulm und Neu-Ulm, die ihm vor einigen Wochen medienwirksam mit einem "Positionspapier" zur Seite gesprungen waren. 
Zur Einführung erläuterte die Leitende Schauspieldramaturgin Nilufar K. Münzing die Vorgeschichte mit Zeitstrahl und zog sogar einen Vergleich der umstrittenen Kolumnen von Walter Feucht mit den durchdachten, meist schlüssigen Thesen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer zur Flüchtlingsthematik. In dem angegriffenen Meinungsartikel von Walter Feucht ging es um „Maghrebgebildete“ oder „„vom Johannestrieb getriebenenen Junghengste“ zum Thema Kölner Silvesternacht. Walter Feucht hatte sich nach Protesten von 38 Organisationen in Ulm und Neu-Ulm auf das Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Die Organisationen hatten den KSM-Verlag, der den Spazz herausgibt, darauf hingewiesen, dass die Kolumnen mit Angst- und Hassformulierungen durchsetzt seien und systematisch und beständig mit unbelegten Behauptungen operiert werde. 
Der Einstieg begann mit einem zähen Monolog von Intendant Andreas von Studnitz, der Walter Feucht als Menschenfreund, echten Ulmer, Gönner und Kulturfreund darstellte. Auch Arthur Castro, Migranten-Kind und Regisseur des von Feucht gesponserten Rocktheaters „Rock of Ages“, das im Sommer vom Theater Ulm aufgeführt wird, betonte, dass der erfolgreiche Unternehmer, Sport- und Kulturförderer alles andere als ein Rassist sei und schlug vor, die Texte einfach nicht ganz so ernst zu interpretieren. Das Publikum staunte und raunte. Wird Ungehöriges oder Gefährliches weniger ungehörig oder gefährlich, wenn es ein netter und guter Kerl tut oder sagt? Nein.  

Pep ins Spiel brachte die Musikerin Ariane Müller, einzige Frau neben fünf Diskutanten, als überzeugende Gegenspielerin. Sie begegnete in kurzen, klaren Sätzen den wortreichen Lobeshymnen der Theaterherren. Sie erklärte, dass sie bereits Walter Feuchts Beiträge zur „me too“-Debatte im Spazz als unmöglich und sexistisch empfunden und darauf hin ihre Mitarbeit beim Stadtmagazin eingestellt habe. Der Unternehmer dürfe das alles gerne schreiben, er müsse dann aber auch mit dem Gegenwind und den Protesten klar kommen. Vom Theater Ulm hätte sie sich eine Distanzierung von den Aussagen Feuchts gewünscht, sagte sie zum Intendanten gewandt.
Etwas unklar war der Auftritt von Michael Köstner, seit Januar Geschäftsführer des KSM-Verlags, der den Spazz herausbringt. Der Verlag gab seinem Kolumnisten öffentlich stets volle Rückendeckung. Köstner, der noch seine Rolle finden muss, räumte ein, dass die Kolumnen von Walter Feucht  "rote Linien" verletzen würden. Diese Linie sei bei ihm aber noch nicht überschritten. Im Verlauf des Abends kündi gte er an, dass die Kolumnen korrigiert würden und dass künftig verschiedene Kolumnisten mit verschiedenen Themen und Ansichten zur Wort kommen sollten. Chefredakt eur Ulrich Becker wies darauf hin, dass die Diskussion um Inhalt und Qualität der Feucht’schen Kolumnen nichts mit Gefährdung von Meinungsfreiheit zu tun habe. "Man kann hier alles sagen, es geht darum, wie man es sagt. Und die Regierung handelt. Es passiert doch viel. Das Innenministerium plant Maßnahmen, die vor zwei Jahren undenkbar waren“. Über die handwerkliche Qualität der Kolumnen sagte der Journalist: „Mit feiner Klinge erreicht man meist mehr als mit dem Holzhammer“.
Auf dem Podium war alles gesagt, jetzt wurde das Publikum mit ein bezogen.
Doch auch in diesem Teil bot die Aufführung Aufgewärmtes und zähe Wiederholungen, vielfach schon zu lesen in den Leserbriefspalten.
Die Einen sahen in den Kolumnen lediglich sprachliche „Zuspitzungen“, forderten Meinungsfreiheit auch für solch derbe Ausdrücke und Unterstellungen ein und feierten den Hobbyschreiber für das, was er geschrieben hat im Sinne von „Das muss mal gesagt werden“.  Das wurde praktischerweise verbunden mit dem Begriff Lügenpresse (allerdings feiner ausgedrückt), die angeblich falsche Zahlen und Ereignisse transportiere. Dies wies wiederum Chefredakteur Becker umgehend zurück.  
Im Gegenzug traten Mitspieler aus dem Publikum ins Rampenlicht, die vom KSM-Verlag mehr Kontrolle seines Kolumnisten forderten. Appelliert wurde zudem an die Verantwortung des Schreibers, den viele achten und der deshalb auch ein Vorbild sei. Landtagsabgeordneter Jürgen Filius, der selbst wie Hilde Mattheis, Martin Rivoir oder Markus Kienle schon mehrmals frontal und persönlich in den Spazz-Kolumnen angegriffen wurde, erklärte den Anwesenden schließlich schlüssig den Begriff der Volksverhetzung.
Das ambitionierte, zähe Mitmachstück mit Überlänge ließ das Publikum etwas ratlos zurück. Deshalb kann das Sprechtheater mit seinen vielen wiederhoenden Momenten nach mehrmonatiger Aufführung ohne Probleme abgesetzt werden. Es wird niemandem fehlen, weil der Anspruch, die Kritik an den Auslassungen von Walter Feucht mit einer Einschränkung der Meinungsfreiheit in Zusammenhang zu bringen, viel zu hoch gehängt war und von Theatermann Volkmar Clauß mit "Das kann doch nicht euer Ernst sein" kommentiert wurde. . Die Theaterbesucher können sich auf den Sommer und „Rock of Ages“ freuen. Ein brillantes Stück mit wenig Text zum Abfeiern und Spaß habe n. 

Text: Ralf Grimminger



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