Ulm News, 12.12.2017 18:34
Südwestmetall-Arbeitgeber warnen "vor den überzogenen Forderungen der IG Metall"
Vor den nächsten Gesprächsrunden bei den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie warnen die Arbeitgeber vor den überzogenen Forderungen der IG Metall. „Die Möglichkeit für eine Arbeitszeitverkürzung ist überhaupt nicht gegeben. Wir gefährden unseren bislang gut funktionierenden Standort, wenn wir bei einem schon grassierenden Fachkräftemangel auf wertvolle Einsatzstunden der Mitarbeiter verzichten“, sagten Mitgliedsunternehmer des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall. Die Metall- und Elektroindustrie stehe vor großen Herausforderungen im technologischen Wandel, heißt es in einer Pressemitteilung des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie.
Hier gelte es zusammenzuarbeiten, schließlich betreffe die Digitalisierung jedes Unternehmen, und diese müssten neue Geschäftsmodelle, neue Arbeitsorganisationen und neue Wertschöpfungsketten entwickeln, heißt es weiter in der Südwestmetall-Presseerklärung. Dafür würden die Unternehmen viel Geld investieren müssen: in neue Techniken, in neue Maschinen, neue Abläufe, neue Wertschöpfungsstrukturen und in die Qualifizierung der Mitarbeiter. Zudem könne die angestrebte Regelung mit einem teilweisen Entgeltausgleich für bestimmte Beschäftigtengruppen (Beschäftigte mit Kindern, mit Pflegebedarf oder in Schichtarbeit) bei verkürzter Arbeitszeit wohl kaum als gerecht bezeichnet werden. Wenn eine Mutter ohne Tarifausgleich schon lange auf vier Tage zurückgeschraubt habe und nun ein männlicher Kollege ebenfalls von fünf auf vier Tage gehe und mehr Geld dafür bekäme, werde dies von der Belegschaft sicher nicht als gerecht empfunden werden, so die Metallarbeitgeber.
Auch die IG Metall-Forderung nach einer 6-prozentigen Entgelterhöhung sei bei weitem überzogen und brächte viele Unternehmen an den Rand der finanziellen Leistungsfähigkeit, heißt es in der Pressemittelung. Dann fehle erst recht die Luft für Investitionen, wie es hieß. Die M+E-Industrie der Region befinde sich auf einem soliden Wachstumskurs. Dies beträfe aber nicht alle Bereiche und schon gar nicht jeden Betrieb. Jüngste Veröffentlichungen in der Presse über einige Unternehmen der Region verdeutlichten, wie eng prosperierende Unternehmen und ein sehr wettbewerbsintensiver Weltmarkt mit geringen Gewinnmargen miteinander verbunden sind. So blieben den Betrieben der Metall- und Elektroindustrie im Durchschnitt 3,20 Euro pro 100 Euro Umsatz als Gewinn übrig.
Die Stimmen der Unternehmen:
Detlef Walther, Geschäftsführer, Liebherr-Hausgeräte GmbH in Ochsenhausen
„Die Forderung von sechs Prozent mehr Lohn zeigt, dass die IG Metall keinerlei Gespür für die teilweise sehr harte Wettbewerbssituation innerhalb der Metallindustrie und die wichtigsten Anliegen der Beschäftigten hat. Entgeltsteigerungen von sechs Prozent werden sich trotz aller internen Ausgleichsbemühungen der Unternehmen stark negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken - und damit massiv die Auslastung und Beschäftigung gefährden.
Auf Basis der bereits sehr guten Arbeits- und Entgeltbedingungen in der Metallindustrie setzt die IG Metall mit ihrer Extremforderung jetzt das Grundbedürfnis vieler Beschäftigter nach einer langfristigen Lebensplanung bei einem guten, verlässlichen Einkommen aufs Spiel. Diese Beschäftigten haben bereits den Wert eines sicheren Arbeitsplatzes in der Metallindustrie erkannt. Insbesondere in ländlich geprägten Regionen wissen sie, wie schwierig es ist Alternativen zu finden. Deshalb muss es unser gemeinsames Ziel sein, die im weltweiten Vergleich schon sehr guten Rahmenbedingungen zu verteidigen. Auch die Extremforderung nach weiteren Arbeitszeitabsenkungen ist kontraproduktiv und geht somit an den wahren Wünschen der Beschäftigten vorbei. Dafür brauchen wir als Unternehmen mehr Flexibilität, um im internationalen Wettbewerb weiter bestehen zu können.“
Markus Seifert, Geschäftsführer Spohn & Burkhardt GmbH & Co. KG in Blaubeuren
„Die enorm hohe und aus unserer Sicht weltfremde Tarifforderung einer 6-prozentigen Entgelterhöhung ist in unserem Kundensegment nicht umsetzbar. Speziell unsere Auslandskunden reagieren mit Unverständnis, da Erhöhungen dieser Dimensionen selbst im europäischen Bereich unbekannt sind.
Die Erhöhungen werden deshalb zu einer Reduktion unseres Rohertrags führen und vor allem den Druck zur Verlagerung der Produktion und Montage einfacher Baugruppen ins Ausland beschleunigen.
Die 28-Stunden-Thematik wird im Mittelstand kaum umsetzbar sein, da die fehlende Planungssicherheit und auch zeitweise Besetzung der Stelle oft nicht realisierbar ist. In den meisten Fällen kann dies nur zu Lasten der Kollegen gelöst werden, was sicher nicht Sinn der Sache sein kann.“
Mario Trunzer, Geschäftsführer, Liebherr-Werk Ehingen GmbH in Ehingen und Vorsitzender Südwestmetall Bezirksgruppe Ulm
„Mit der Forderung nach befristeter Teilzeit mit 28 Wochenstunden haben wir die meisten Probleme. Ein Geschäftsbetrieb ist mit einer solchen Regelung nicht vernünftig planbar. Die Umsetzungsprobleme müssen dann alle anderen Mitarbeiter ausbaden, die dieser Regelung nicht unterliegen. Letztlich leidet angesichts der Fachkräfteproblematik die Wettbewerbsfähigkeit darunter. Gründe dafür sind die hohe Kostenbelastung und die hohen Planungs- und Umsetzungsanstrengungen. Das wird selbst bei allerbester Planung nie reibungslos laufen. Unsere Wettbewerber würden sich darüber freuen.
Außerdem würde sich der auf die Stunde umgerechnete Lohn der Entgeltausgleichsberechtigten erhöhen. Das wäre sehr ungerecht gegenüber allen anderen Arbeitnehmern – vor allem jenen, die den ungeplanten Ausfall ausgleichen müssten und unseren bereits beschäftigten 160 Teilzeitbeschäftigten. Bei einer Fachkraftquote von 95 Prozent in unserem Betrieb und dem allgemeinen Fachkräftemangel ist es vollkommen illusorisch, dies durch eine Einstellung ausgleichen zu wollen. Der berechtigte Mitarbeiter diktiert quasi sein Anliegen einfach allen anderen, die es ausgleichen müssen. In den Teams würde Unfrieden entstehen. Wegfallende Ressourcen müssen von Kollegen kompensiert werden. Oder der Arbeitgeber stellt eine befristete Teilzeitkraft ein, die es angesichts des Fachkräftemangels nicht gibt und die erst wieder aufwendig eingearbeitet werden muss.“
Dr. Jan Stefan Roell, Vorstandsvorsitzender Zwick Roell AG in Ulm/Einsingen
„Wir brauchen viel planerischen Aufwand, um den heutigen Anspruch auf Teilzeit für unsere Mitarbeiter und den Betrieb gut umsetzen zu können. Ein Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit wird zusätzlichen Aufwand bedeuten, teilweise nicht machbar sein und uns firmenintern am Standort Deutschland weniger attraktiv machen.
Die Forderung der IG Metall, Teilzeitarbeit teilweise finanziell auszugleichen, ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt und nicht akzeptabel. Über unsere heutigen Sozialabgaben hinaus, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen, empfinden wir keine weitergehende Verpflichtung für häusliche Pflege, Erziehungsarbeit, etc.
Die 6-prozentige Lohnforderung in Verbindung mit der geringen Inflation ist aus unserer Sicht unangemessen und wirft uns im internationalen Wettbewerb zurück. Als Produktionsstandort werden wir auch in der Firmengruppe in Deutschland weniger wettbewerbsfähig.“
Dr.-Ing. Frank Boshoff, Vorstandsvorsitzender SHW AG in Bad Schussenried
„Wir sind ein Mehrschichtbetrieb, daher ist die Absenkung auf 28 Stunden für uns nicht organisierbar. Es müssten dafür extra Mitarbeiter bereitgehalten werden. Zudem müssten wir auch noch einen teilweisen Ausgleich für den geringeren Verdienst des Mitarbeiters bezahlen. Dies sind zusätzliche Personalkosten.
Die Forderung nach 6-prozentiger Entgeltsteigerung ist für den Standort Deutschland ein wesentlicher Nachteil. Wir haben begonnen, zukünftige Aufträge vermehrt in Osteuropa produzieren zu lassen. Abhängig vom Ausgang der Verhandlungen werden wir ein größeres Volumen außerhalb Deutschlands produzieren müssen.“
Arno Dalheimer, Geschäftsführer Liebherr-Mischtechnik GmbH, Bad Schussenried
„Wir stehen im starken Wettbewerb mit Unternehmen und Produkten, die in Ländern mit niedrigeren Produktionskosten hergestellt werden. Zusätzliche Kosten und geringere Arbeitszeiten reduzieren unsere Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität.
Unser Unternehmen ist nicht so groß, dass alle Funktionen mehr- und vielfach besetzt sind. Vertretungen müssen mit dünner Personaldecke und oft aus anderen Aufgabenbereichen abgedeckt werden.
Die Stundenausfälle und deren Auswirkungen zu kompensieren wird zusätzliche Kosten durch indirekte Auswirkungen verursachen. Aufgaben werden durch Vertretung nicht so gut gemacht. Es wird Mehrbelastung für Vertretung durch Kollegen mit sich bringen. Durch unsere wirtschaftlich angespannte Situation wird die Vertretung in der Regel durch die Mehrleistung der Kollegen erfolgen und nicht mit Zusatzeinstellungen. Diese Mehrleistung und die dadurch entstehende Mehrbelastung wiegen teilweise schwerer als die Entlastung und der Nutzen bei der Reduzierung.
Die Firma versucht bereits ohne tarifliche Regelungen auf persönliche Belange der Belegschaft einzugehen und benötigt dafür keine starren Regularien.
Die 6-prozentige Entgeltforderung verstärkt die Auswirkungen und Entscheidungen zur Mehrbelastung der Kollegen umso mehr. Zusätzlich wird sich die Ungleichbehandlung negativ auswirken.
Die wirtschaftliche Situation wird sich verschärfen. Unsere Wettbewerbsfähigkeit ist in Gefahr. Die Make or Buy-Entscheidungen bei einfachen Arbeitsabläufen wird zusätzliche Verlagerungen ins Ausland nach sich ziehen.“
Thorsten Kirchmayer, Geschäftsführer der Heidelberg Manufacturing Deutschland GmbH in Amstetten
„Der Spielraum für Lohnerhöhungen ist sehr begrenzt. Darum würden sich Personalkostensteigerungen von sechs Prozent deutlich negativ auf die zukünftige Beschäftigungssituation auswirken und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Amstetten zunehmend schwächen. Unser Unternehmen braucht jetzt das Geld, um in die Digitalisierung der Produktion und in den Ausbau unseres Industriekundengeschäfts zu investieren.
Eine hohe zeitliche Flexibilität der Mitarbeiter unter besonderer Berücksichtigung betrieblicher und privater Belange, ist bei uns gelebter Alltag. Es bedarf dazu aus unserer Sicht keine zusätzlichen finanziellen Anreize. Vor allem keine, die Teilzeitkräfte gegenüber vollschichtig arbeitenden Mitarbeitern bevorzugen würden.“
Detlef Czypulovski, Geschäftsführer Silit-Werke GmbH & Co. KG in Riedlingen
„Die beabsichtigte Flexibilisierung in Richtung 28 Stunden nach Mitarbeiterwunsch stellt zusätzliche Anforderungen an die Personaldisposition und -beschaffung, genau diese entfallenden Kapazitäten passgenau aufzufüllen. Bei getakteter Fertigung stellt das eine noch zusätzlich gesteigerte Herausforderung dar. Die Herstellung der Haushaltwarenprodukte wird sich in unserem Falle weiter verteuern und damit zu einem Wettbewerbsnachteil im internationalen Markt führen.
Die sozial gewollte Ungleichbehandlung von Mitarbeitern wird partiell zu Unzufriedenheit in der Belegschaft führen, vor allem bei denen, die aus welchen Gründen auch immer die Reduzierung der Arbeitszeit nicht in Anspruch nehmen können oder wollen, oder bereits in Teilzeit arbeiten. Beispielsweise ist heutzutage die Ganztags-Kinderbetreuung politisch gewollt und teilweise schon umgesetzt, so dass die Forderung der IG Metall eigentlich zum falschen Zeitpunkt, bzw. zu spät kommt.“
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