Ulm News, 21.11.2010 15:01
Peter Zwey: Die Not der Zeitungsverleger
Die Not der Zeitungsverleger muss enorm sein. Das Zeitungssterben deprimiert sie offenbar so arg, dass sie Kosten reduzieren. Wo immer es geht, Stellen und Spesen einsparen, wo dies auf seriöse Art sittlich gar nicht mehr vertretbar ist. Der Anzeigenmarkt schwindet dahin, die Jungen lesen schon lange keine Zeitung mehr.
Sie sind ganz zu facebook und anderen Internetanbietern abgezogen, die Alten, die traditionsgemäß noch wie versessen auf Vereinsnachrichten und die Todesanzeigen sind, sterben naturgemäß und kontinuerlich aus.
Es ist ein Jammer, wie lange werden sich die Lokalblätter noch über Wasser halten können? Die Qualitätssicherung geht doch schon lange baden. Den wichtigsten Mann, den Reporter, hat man schon vor Jahren abgeschafft. Zu teuer!!- Auch den gelernten Redakteur ersetzt man immer häufiger mit schreibenden Hausfrauen, Schülern und Rentnern, die für Gotteslohn arbeiten.
Kurz: Der tägliche Blick ins Lokalblatt fällt immer noch trostloser aus. Das Abbild des Realen, das vermutlich immer noch intendiert ist, kann kaum mehr erkannt werden. Die so gennnate Realität erfährt eine dilettantische Simulation. Da helfen auch die täglichen Konterfeis des Oberbürgermeisters und seiner Getreuen aus Verwaltung und Stadtrat nicht mehr allzuviel.
Was bleibt? Die markigen Kommentare der letzten Haudegen der Redaktion und ein paar Agenturmeldungen. Der Rest ist Gerücht und Erinnerung an eine Berichterstattung, die es früher einmal gab.
Passiert etwas Neues, schickt man niemand mehr in die kleine Welt hinaus, sondern bittet um einen eigenen Bericht oder zur Pressekonferenz ins Verlagshaus, wo man mitnotiert, was die Betroffenen und Interessenten zu sagen haben.
Die Objektivität, von der im kalten Krieg noch viel die Rede war, ist nicht mehr zu bezahlen, die Subjektivität freilich ist zu anspruchsvoll, als dass sie von geborenen Laien interessant zu beschreiben wäre.
So geschah es jüngst, als eine üble Keilerei zwischen 100 Türken mit so genanntem Migrationshintergrund und einer zunächst in spärlicher Besetzung angetretenen Polizei vor einer Neu Ulmer Disko stattfand.
Mehrere Polizisten wurden mitten in der Nacht schwer verletzt, Naziparolen wie „Heil Hitler“ hatte man schrill und laut gegen die Ordnungskräfte gebrüllt. Es muss heftig hergegangen sein. Doch das Blatt wusste (wie immer) nichts Genaues.
Bei der Polizei sagte man nur, man müsse erst die Ermittlungen abwarten. Auch Tage nach dem Auftrieb bekam die Journalistin nichts über den Fall heraus. Also fragte sie den türkischen Diskobetreiber, der aus verständlicher Angst vor seinem aggressiven Klientel oder dem Ordnungsamt nichts bestätigen, alles nur verneinen wollte, da eigentlich nur der Polizei Schuld an allem zu geben sei.
Die 100 Türken hätten gar nichts geschrieen und seien ganz friedlich zu ihren Autos gegangen, als die Polizei urplötzlich einen schrecklichen Krieg gegen seine Disko-Kunden angefangen hätten.
Tja, also wieder einmal wie in Stuttgart war die Polizei der einzige Übeltäter. Der Leser fragte sich, wie kam es zu den schweren Verletzungen einiger Polizisten? Aber der Leser ist doch auch selbst schuld. Warum lässt er sich eine solch parteiische Berichterstattung von jungen Redakteuren schon so lange gefallen und bezahlt dafür auch noch die überteuerten Abonnementgebühren, Monat für Monat?
„Fragen des lesenden Arbeiters“ (B.Brecht) der ebenfalls schon im Begriff ist das Medium zu wechseln und sich ganz dem Internet mit seinen Blogs und Portalen zuzuwenden. Die Zeitungsverleger aber verdienen unser Mitleid, wenn sie jetzt zur Stunde abermals ihren Rechenstift spitzen müssen, um nach weiteren Kostenk&a
mp;u uml;rzungen zu schielen. Es muss ihnen schlecht gehen.
Ihre Blätter welken dahin, der Leser aber schimpft nur und hilft ihnen weder mit Kritik noch mit solidarischer Empathie. Der Leser ist ein anspruchshafter Konsument, der nur fordert, selbst aber faul in seinem Sessel hockt und gutes Futter für seine Meinungsbildung erwartet.
Wie soll unter diesen dekadenten Umständen das Zeitungssterben verhindert werden? Die Requiem-Chöre üben jetzt schon das dies irae für das baldige Begräbnis. Doch unter Bäumen, hört man, steigt eine Bomben-Stimmung.
Mehr Texte von Peter Zwey auf www.donaufalter.de







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