Ulm News, 17.04.2015 11:18
Kulturnacht-Veranstalter halten an bewährtem Sponsor Airbus fest
Die Anmeldungen für die Kulturnacht 2015 laufen auf Hochtouren - und parallel auch die Diskussionen auf den verschiedensten Ebenen um die Sponsoringpartnerschaft mit Airbus Defence & Space. Das Orgateam und die Geschäftsstelle der Kulturnacht informieren in einem Schreiben an die Teilnehmer der diesjährigen Kulturnacht über die aktuelle Situation und die Hintergründe und bieten einen "konstruktiven Austausch" in der Debatte an.
Die Kulturnacht GbR wird von den Städten Ulm und Neu-Ulm getragen, die Geschäftsstelle liegt bei der Kulturabteilung der Stadt Ulm, das zugehörige Orgateam setzt sich aus ehrenamtlichen Vertretern der Freien Szene sowie Vertretern beider Kulturverwaltungen zusammen.
Die Kulturnacht wird "ausschließlich durch Eintrittseinnahmen, Anzeigenverkäufe und maßgeblich durch Sponsorengelder finanziert", die beiden Städte beteiligen sich durch die Bereitstellung von Arbeitskräften, heißt es in dem Schreiben an die Teilnehmer.
Die Einnahmen aus dem Verkauf von Anzeigen und Eintrittsbändern würden jährlich schwanken. Nur dank der langfristigen und zuverlässigen Unterstützung von Sponsoren könnten die Kosten für Druckwerke, die breitangelegten Marketingmaßnahmen und die zahlreichen Serviceleistungen zuverlässig gedeckt werden.
Im letzten Jahr gab es daher insgesamt neun Sponsoren, die Suche nach verlässlichen Partnern ist stets eine Herausforderung, um den finanziellen Rahmen der Großveranstaltung zu sichern. "Doch bei der Kulturnacht spielen die zahlreichen Kulturschaffenden aus Ulm und Neu-Ulm die Hauptrolle. Jahr für Jahr stellen sie ein facettenreiches und kreatives Programm für das Publikum aus nah und fern zusammen", informiert das Orga-team.
Kommerzielle Interessen stünden dabei nicht im Vordergrund, da sich mit einer Teilnahme bei der Kulturnacht selten Geld verdienen lässt. Dennoch sei für einige Künstlerinnen und Künstler die Kulturnacht eine der wenigen konstanten Einnahmequellen. Um wenigstens einen Teil der Programmkosten aufzufangen, erhalten alle Veranstaltenden nach der Kulturnacht eine Aufwandspauschale in Form einer Gewinnausschüttung. "Auch hierfür sind ausreichend Sponsorengelder wichtig."
Einer dieser Sponsoren ist Airbus Defence & Space, ein Unternehmen, das als eine der Nachfolgefirmen von AEG Telefunken auf eine über 50jährige Tradition am Standort Ulm zurück blicken kann. Der Konzern ist mit ca. 2.500 Arbeitsplätzen einer der größten Arbeitgeber und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Innovationsregion. Sowohl die Firmenleitung als auch die Belegschaft sind Teil der Ulmer Stadtgesellschaft. Als Sponsor gelte Airbus Defence & Space (bis 2014 Cassidian) seit Jahren als verlässlicher Partner bei den unterschiedlichsten Veranstaltungsformaten, im Kulturbereich u.a. beim Berblinger-Wettbewerb oder beim A-Cappella Award, so das Orga-Team.
Bei diesem Engagement geht es der Firmenleitung nicht um das Prestige in der Öffentlichkeit, sondern vielmehr darum, intern gegenüber der Belegschaft kulturelles und soziales Engagement am Standort Ulm zu zeigen. So sei Airbus Defence & Space nun bereits seit 2014 Sponsor der Kulturnacht. "Es gab bis vor wenigen Tagen nur vereinzelt offene Kritik".
In Einzelgesprächen mit Kritikern und auch in den zugehörigen Presseberichten im vergangenen Jahr habe sich sehr schnell die Komplexität des Themas herausgestellt. Als kurz vor der Kulturnacht 2014 publik wurde, dass das Unternehmen eventuell seinen Standort in Ulm aufgeben würde und damit 2.500 Arbeitsplätze in Gefahr gerieten, sei "der Aufschrei in der Öffentlichkeit groß" gewesen. Damals habe man die Frage
stellen müssen, die bis heute aktuell ist: Als Arbeitgeber ja, als Kultursponsor nein? Einfach sei die Antwort nicht.
Einfach sei auch die grundsätzliche Situation von Kulturfinanzierung nicht: Kultursponsoring liege in der Rangfolge hinter dem weitaus begehrteren Sportsponsoring zurück. Angesichts der Haushaltslage in den Kommunen steigt aber zugleich die Nachfrage nach Sponsoren. Und als Folge davon bündelten potenzielle Sponsoren mehr und mehr ihr jeweiliges Engagement.
Umso freudiger habe man im vergangenen Jahr den dreijährigen Sponsoringvertrag mit Airbus als bewährten Partner geschlossen. Die Entscheidung für den Sponsor hätten die "Verantwortlichen des Orgateams und der Geschäftsstelle der Kulturnacht gemeinschaftlich nach bestem Wissen und Gewissen getroffen". Nach wie vor stünden beide Partner zu diesem Vertrag. Dass diese Entscheidung in der Kulturszene beider Städte nun kontrovers diskutiert wird, sei nachvollziehbar und die Verantwortlichen der Kulturnacht wie auch der Partner Airbus stehen dem offen gegenüber.
Dass das Thema mittlerweile jedoch auch von politischen Akteuren als Plattform genutzt und damit die Kulturnacht instrumentalisiert werde, sei sehr kritisch zu sehen und für das Format der Kulturnacht als Auftakt in die Kultursaison beider Städte nicht förderlich.
"Wir nehmen die laufende Diskussion sehr ernst, halten aber eine Grundsatzdiskussion an sich und ganz konkret über eine Vertragsauflösung mit dem Partner zum jetzigen Stand für fehl am Platz. Sponsoring ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe", betonen die Organisatoren der Kulturnacht. "Airbus Defence & Space war und ist ein verlässlicher Partner, der zu seinen vertraglichen Pflichten steht. Wir stehen ebenso verlässlich und fair zu unseren vertraglichen Verpflichtungen".
Grundsätzlich verstehe und akzeptiere das Orgateam selbstverständlich und ausdrücklich die moralischen Bedenken einzelner Kulturschaffender und auch deren Entscheidung bei der Kulturnacht mitzuwirken oder nicht. Es liege nicht in der Absicht der Verantwortlichen, Menschen aufgrund ethischer und moralischer Bedenken von der Kulturnacht auszuschließen. Statt sich gegen die Kulturnacht zu entscheiden, könne jeder Kulturschaffende diese Plattform letztendlich auch nutzen, sich künstlerisch mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen.
Das Orgateam habe mittlerweile jedoch auch davon Kenntnis erlangt, dass von Seiten einzelner Kritiker Druck auf bereits angemeldete oder sich positiv äußernde Teilnehmer der Kulturnacht aufgebaut werde. "Dieser Druck wird von Seiten des Orgateams aufs Schärfste verurteilt."
Ob man in dem gesetzten Rahmen der Veranstaltung und unter den bekannten Bedingungen an der Kulturnacht 2015 teilnehmen möchte, ist die persönliche Entscheidung eines jeden Veranstalters und liege allein in dessen Ermessen - in einer Demokratie ist dies zu respektieren - von beiden "Seiten" in dieser Debatte.
Das Orgateam habe zudem Kenntnis erlangt, dass eine Gegen-Kulturnacht in Planung sei. "Es gab bereits in den vergangenen Jahren immer wieder sogenannte "Trittbrettfahrer", die von der Kulturnacht profitieren wollten, ohne jedoch offizieller Teilnehmer zu sein. Zum Schutz des Formats, aber insbesondere der offiziellen Teilnehmer wie auch der Besucher wurden derartige Veranstalter stets auf die Folgen und
das unlautere Verhalten hingewiesen."
Auf Basis der aktuellen Diskussion sei dieses Verhalten noch kritischer zu beurteilen: Die "inoffiziellen" Veranstalter würden die umfangreichen Marketingmaßnahmen, die durch eben die umstrittenen Sponsoringgelder gefahren werden, bewusst für sich ausnutzen, kritisieren die Veranstalter. Sie schadeten damit ihren eigenen "Kollegen", die Teil der Kulturnacht sind. Dieses Vorgehen sei unlauter – und auf Basis der herrschenden Diskussion irritierend und inkonsequent.
Gerne biete das Orgateam wie auch der Sponsoringpartner an, nach der diesjährigen Kulturnacht in einen offenen Austausch zu gehen - sicherlich wäre auch eine Grundsatzdiskussion zum Thema "Woher kommen die Gelder für die Kultur?" interessant.
Trotz all dieser Diskussionen hoffe das Orga-team, dass die Teilnehmer weiterhin dem Format der Kulturnacht treu bleiben und man konstruktiv, im offenen und respektvollen Austausch miteinander den weiteren Weg hin zur nunmehr 15. Kulturnacht gehe, heißt es abschließend in dem Schreiben an die bisher angemeldeten Teilnehmer der Kulturnacht 2015. Die Anmeldefrist läuft noch bis 26. April.
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