Ulm News, 07.04.2015 10:46
Wettläufe gegen die Zeit
„Neue Ziele sind nur über neue Wege erreichbar“, wusste schon der Aphoristiker Ernst Ferstl. Ersteht mit dieser Erkenntnis nicht alleine da. Auch Neurochirurg Prof. Dr. Marc-Eric Halatsch, Leitender Oberarzt an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Ulm, verlässt – im Dienste der Wissenschaft – ausgetretene Pfade. Er ist Gründer eines Netzwerks aus ärztlichenKollegen und Forschern aus aller Welt, die sich dem Kampf gegen das Glioblastom verschrieben haben, einem äußerst aggressiven und bösartigen Hirntumor, der bis heute nicht heilbar ist und eine mittlere Überlebenszeit von durchschnittlich 14 Monaten zulässt.
Das Rezept von Prof. Halatsch und seinen Mitstreitern: Ein „CUSP9“ genannter Cocktail aus zugelassenen und langjährig erprobten Medikamenten und Substanzen, die in ihrem Zusammenwirken und nach ersten Analysen zu einem Absterben der Glioblastomzellen in Zellkulturen führen. „Unsere Studie befindet sich zurzeit noch in der Genehmigungsphase, sogenannte individuelle Heilversuche finden jedoch schon jetzt statt. Die ersten Ergebnisse im Rahmen unserer engmaschigen Überwachung sind dabei durchaus ermutigend“, sagt Professor Halatsch.
Der Neurochirurg gesteht gerne ein, dass ihm und seinen Mitstreitern angesichts des Cocktails auch Skepsis entgegenschlägt. Eigentlich kein Wunder, schließlich setzt sich CUSP9 aus Mitteln u.a. gegen Bluthochdruck, HIV, Rheuma, Malaria und Übelkeit zusammen. Hinzu kommen eine Substanz zum Alkoholentzug, ein Antimykotikum (Arzneimittel zur Behandlung von Pilzkrankheiten), ein Antidepressivum sowie ein Antibiotikum. Die Zusammensetzung des Cocktails sei natürlich nicht zufällig oder gar willkürlich entstanden, vielmehr seien umfangreiche Recherchen mit der Fragestellung vorausgegangen, welche bereits zugelassenen Substanzen gegen die tückischen Tumoren, die sich aus den Gliazellen des Hirns entwickeln, unter pharmakologischen Gesichtspunkten helfen könnten. „Mögliche Wechselwirkungen standen und stehen dabei stets im Mittelpunkt und sind mit Hilfe datenbankgestützter Analysetools erfasst und gewichtet worden“, erläutert der Ulmer Neurochirurg.
Wettlauf gegen die Zeit
Viel Überzeugungsarbeit ist natürlich weiterhin nötig, die jedoch langsam erste Früchte trägt, denn der hinter dem Cocktail stehende Therapieansatz gewinnt mehr und mehr Aufmerksamkeit. Aktuell kommt Professor Halatsch zusammen mit anderen renommierten Wissenschaftlern und Ärzten sowie Betroffenen in dem in England produzierten Film „Surviving Terminal Cancer“ (sinngemäß „Eine tödliche Krebsart überleben“) zu Wort, der u.a. die außergewöhnliche Lebensgeschichte des ehemaligen Psychologieprofessors Ben Williams aus Kalifornien aufgreift. Williams erkrankte 1995 an einem Glioblastom. Seine Ärzte gaben ihm nur noch wenige Monate zu leben. Der „kompromisslose Wissenschaftler“ entschloss sich jedoch damals, „wenigstens nicht ohne Kampf unterzugehen“ und für sich mittels eines Medikamentencocktails (der nicht dem aktuellen CUSP9 entsprach) eine neue Möglichkeit der Behandlung auszuprobieren. Ein Wettlauf gegen die Zeit begann … Heute, nach fast 20 Jahren des Überlebens, gilt Ben Williams Wissenschaftlern und Medizinern als einer der bemerkenswertesten „statistischen Ausreißer“. Der in englischer Sprache vorliegende Film ist im Internet kostenfrei unter http://www.survivingterminalcancer.com/ verfügbar.
Was genau beinhaltet eigentlich die nach wie vor essentielle Standardtherapie, die Neurochirurgen und Onkologen seit vielen Jahren nahezu unverändert zur Verfügung steht? „An erster Stelle steht die chirurgische Entfernung des betroffenen Hirngewebes. Das Tückische dabei ist jedoch, dass ein Glioblastom diffus infiltrierend und rasch wächst. Die Folge ist meist ein Wiederauftreten des Tumors innerhalb eines Jahres“, erläutert Professor Halatsch, der neben dem neurochirurgischen Eingriff zwei weitere Säulen der Behandlung nennt: Chemo- und Strahlentherapie. „Wir hoffen, dass unser IIAIGC-Netzwerk, die Abkürzung steht für ,International Initiative for Accelerated Improvement of Glioblastoma Care‘, in der Zukunft dazu beiträgt, eine weitere Behandlungsoption zur Verfügung zu haben“, so Halatsch abschließend.









Highlight
Weitere Topevents




31-jähriger Pedelec-Fahrer verunglückt tödlich
Ein 31-Jähriger stürzte bei Heidenheim von seinem Pedelec und kam dabei zu Tode. weiterlesen

Zwei Tote bei schwerem Unfall von Pedelec und Auto
Eine Pedelec-Fahrerin und ein Pkw-Insasse kommen bei einem schwerem Verkehrsunfall ums Leben. weiterlesen

Christopher Street Day 2025 zieht durch Ulm und Neu-Ulm
Am 21. Juni 2025 ist es soweit – unter dem Motto „KEINEN SCHRITT ZURÜCK“ geht der Christopher...weiterlesen

Motorradfahrerin verunglückt tödlich
Am Samstagnachmittag ereignete sich auf der Kreisstraße 7 zwischen Oberroth und Osterberg ein...weiterlesen

Spektakulärer Alb-Aufstieg: neue Tunnel und Riesenbrücken, aber auch neue Streuobstwiesen
Der neue spektakuläre Alb-Aufstieg mit Tunnel und Riesenbrücken hat noch einen schönen Nebeneffekt:...weiterlesen

Überschlag im Naherholungsgebiet - mysteriöser Autofund im Kiesental
Einen zerstörten Mercedes fanden Polizisten am Samstagabend im Naherholungsgebiet Kiesental zwischen...weiterlesen

Feuer vernichtet Lager des Theaters Ulm
Gegen halb drei Uhr morgens bemerkte ein Passant den Rauch, der aus der ehemaligen Paketposthalle neben...weiterlesen

Christopher Street Day: Diese Straßen werden gesperrt
Die Parade zum Christopher Street Day in Ulm und Neu-Ulm macht am Samstag auch einige Straßensperrungen...weiterlesen