Ulm News, 24.01.2015 12:00
Die Narrenfreiheit hat ihre Grenzen
„Ist doch Fasching!“, sagen junge Leute gerade in der fünften Jahreszeit, wenn sie meinen, etwas sei halb so wild oder mache gar nichts aus. Aber auch während des närrischen Treibens sollten sie nicht über die Stränge schlagen. Denn bei allem „Jubel, Trubel, Heiterkeit“ gilt: Die Gesetze und Rechtsbestimmungen werden auch dann nicht außer Kraft gesetzt. Der Neu-Ulmer Kreisjugendpfleger Reinhold Kwiedor will keine Spaßbremse sein, aber er weiß um seine Verantwortlichkeiten und Pflichten – auch im Fasching.
So ist er dieser Tage zusammen mit der Polizei viel unterwegs, um bei Bällen, Partys und Umzügen nach dem Rechten zu sehen. „Wir machen die Jugendschutzkontrollen nicht, weil wir die Jugendlichen schikanieren wollen, sondern zu deren Schutz und Wohlergeben“, erläutert Kwiedor. Natürlich, so räumt er ein, wollten das die Gesetzesbrecher, die erwischt werden, in aller Regel nicht wahrhaben. Ausflüchte, Ausreden oder gar Lügen hört der erfahrene Jugendamtsmitarbeiter allzu oft, wenn er zur Tat schreitet. „Alle Beteiligten einer öffentlichen Faschingsveranstaltung sind verpflichtet, das Jugendschutzgesetz zu beachten“, betont Kwiedor. Sei es der Wirt, der an Jugendliche unter 16 Jahren Alkohol ausschenkt; sei es der 18-Jährige, der Öffnungszeiten: Mo - Mi und Fr 7.30 - 12.30 Uhr und Do 7.30 - 17.30 Uhr und nach Vereinbarung an seinen 17-jährigen und damit minderjährigen Freund branntweinhaltige Getränke weiterreicht; sei es der Veranstalter einer Faschingsfete, der nicht dafür Sorge trägt, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren draußen bleiben; sei es der noch nicht Volljährige, der in der Öffentlichkeit raucht: Immer greift das Jugendschutzgesetz. Wer dagegen verstößt, dem drohen empfindliche Bußgelder. Reinhold Kwiedor nennt einige Beispiele: Für den vorschriftswidrig handelnden oder unterlassenden Veranstalter setzt es Strafen ab 500 Euro aufwärts. Wer mit Alkohol trickst, der ist schon mal 200 Euro oder mehr los sein. Und wer sich eine Zigarette ansteckt, aber noch keine 18 ist, dem geht es mit 100 bis 150 Euro an den Geldbeutel. Auch im Straßenfasching hat die Narrenfreiheit ihre Grenzen. Vor allem wer mit einem Motivwagen an Gaudiwürmern teilnimmt, muss einige einschlägige Vorschriften beachten. Der Fachbereich „Verkehr“ des Landratsamts hat dazu ein Merkblatt zusammengestellt. Demnach müssen alle eingesetzten Fahrzeuge (Zugmaschine und Anhänger) verkehrs- und betriebssicher sein sowie über eine amtliche Zulassung beziehungsweise über eine gültige Betriebserlaubnis verfügen. Die Faschingsaufbauten dürfen die Sicht des Fahrers nicht behindern und die Lenkung nicht beeinträchtigen. Außerdem muss das zulässige Gesamtgewicht des eingesetzten Fahrzeugs eingehalten werden. Diese technischen Voraussetzungen müssen vom TÜV oder einem anderen amtlich anerkannten Kfz-Sachverständigen abgenommen sein. Während des Faschingsumzugs ist Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben. Bei den An- und Abfahrten sind höchstens 25 Stundenkilometer (km/h) erlaubt. Auf dem Faschingswagen dürfen sich nur während des Umzugs Personen aufhalten. Auf der Ladefläche sind ausreichende Vorkehrungen zu treffen, damit die Jecken nicht herunterfallen oder sich verletzen. „Betreten verboten“ gilt dagegen für den Anhänger während der An- und Abfahrten. Der Sicherheit der Umzugsteilnehmer und Besucher sollen auch die Aufsichtspersonen dienen, die das Landratsamt für jeden Faschingswagen samt Besatzung vorschreibt. Zusätzlich müssen die rollenden Umzugsnu mmern an jeder Längsseite von „mindestens einer zuverlässigen Person“ begleitet werden. Diese Begleitpersonen dürfen nicht alkoholisiert sein und haben darauf zu achten, dass Zuschauer, insbesondere Kinder, nicht gefährdet werden, wenn sie zum Beispiel in die Menge geworfene Bonbons oder andere Süßigkeiten aufsammeln. Außer dem „Kamelle“-Regen ist es untersagt, von den Faschingsfahrzeugen aus Essen oder Getränke auszugeben. Die Maschkerer auf den Wagen unterliegen während des Umzugs zudem einem strikten Alkoholverbot. Sich stattdessen mit lauter Musik zuzudröhnen – auch das kann teuer kommen. Die Lautstärke, so informiert der Fachbereichsleiter „Verkehr“ im Landratsamt, Erich Sailer, „muss sich in einem für die Zuschauer erträglichen Maß halten. Wen Umzugsleitung, Ordner oder Polizei dazu auffordern, den Schallpegel zurückzudrehen, der hat dem Folge zu leisten.“ Die Vorschriften und Kontrollen greifen offenbar. Polizeihauptkommissar Arthur Schrapp von der PI Weißenhorn klopft auf Holz: „Ich bin jetzt 27 Jahre für Faschingsumzüge zuständig, und ich kann mich nicht erinnern, dass mal was Gravierendes passiert wäre.“ Dies liege auch an der ausnehmend guten Zusammenarbeit der Veranstalter mit Landratsamt, Kommunen, Feuerwehren und Polizei. Schrapp hofft, dass dies so bleibt und die Närrinnen und Narren sich weiter im Zaum halten. Der erfahrene Polizeibeamte ist sich sicher: „Um fröhlich zu sein, braucht es auch im Fasching keine Exzesse.“



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