Ulm News, 25.07.2010 10:28
Social Web prophezeite Loveparade-Tragödie - Tweet: "In meinen Augen ist das ne Falle"
Bei einer Massenpanik auf der Loveparade in Duisburg sind 19 Menschen gestorben. Wie bei jedem Großereignis waren auch diesmal unter den rund 1,4 Mio. Besuchern viele, die via Twitter & Co. live über die Katastrophe berichteten. Dabei hat diesmal das Social Web nicht nur die ersten Bilder vom dem Drama gezeigt. Einige Web-Kommentatoren hatten die Tragödie bereits Tage zuvor vorhergesagt.
Denn als das Nachrichtenportal DerWesten einen Artikel über das Gelände veröffentlichte, ahnten Ortskundige das Unheil im Voraus.
Genau dieses Szenario ist zum Teil eingetreten. Nur, dass wesentlich mehr Menschen auf dem Gelände waren. Ein paar Stunden nach dem ersten Kommentar fügt "Klotsche" hinzu: "sehe ich das richtig, dass die versuchen 1 Million Menschen über die 1-spurige! TUNNELSTRAßE! Karl-Lehr-Straße mit zwischendurch 2 kleinen Trampelpfaden hoch zum Veranstaltungsgelände zu führen? Also in meinen Augen ist das ne Falle.“ Weiter schreibt er: „Ich seh schon Tote wenn nach der Abschlusskundgebung Alle auf einmal über diese mickrige Straße das Gelände verlassen wollen.“
Zwei Tage später sollte sich sein Posting bewahrheiten. Genau in dem Tunnel an der Karl-Lehr-Straße kam es tatsächlich zur Massenpanik.
Ein erstes Bild von dem Tunnel verbreitet Notarzt24h bereits gegen 18.00 Uhr. Mittlerweile ist das Bild wieder gelöscht. Es hatte jedoch erhebliche Ähnlichkeiten mit den Bildern des WAZ-Fotografen Peter Malzbender. Zu dem Zeitpunkt, als die Bilder bei Twitter online gingen, wurden die meisten Medien von der Katastrophe noch völlig überrascht. Die Deutsche Presseagentur meldete um 17:56 Uhr, dass es bei einer "Massenpanik" mindestens zehn Tote gegeben habe. Danach passierte auf etlichen Portalen minutenlang nichts. Selbst Spiegel Online oder RP Online brauchten verhältnismäßig lange, um einen ersten verständlichen Text über das Drama auf ihre Seiten zu bringen. Wie diese beriefen sich viele Medien immer wieder auf den WDR, der offenbar in großer Mannstärke vor Ort war.
Am Abend zeichnete sich immer mehr ab, dass die Entscheidung der Organisatoren, die Veranstaltung trotz des Tunnel-Dramas praktisch unbeirrt fortlaufen zu lassen, immer mehr für Unverständnis und Kopfschütteln sorgte. Selbst im ARD-Brennpunkt, der um 20:15 Uhr und damit 3,5 Stunden nach der Katastrophe ausgestrahlt wurde, waren bei einer Live-Schalte noch immer die wummernden Techno-Beats zu hören und zehntausende Feiernde zu sehen. Gleichzeitig gab es einen ersten jämmerlichen O-Ton des Duisburger Ordnungsdezernenten, der geradezu zynisch behauptete die Opfer seien deshalb zu Tode gekommen, weil sie die Tunnelwände hinauf geklettert und dann herunter gefallen seien. Schon angesichts der Tatsache, dass der Tunnel halb rund ist war dies schwer vorstellbar und selbst im Fall des Falles nur durch eine Panikreaktion erklärbar. Für die nächsten Tage haben die Ermittlungsbehörden Nachforschungen in alle Richtungen angekündigt.
Hazeldean postete ein Fotovergleich des Berliner
und des Duisburger Veranstaltungsgelände.
Auch bei YouTube hat das Ereignis Spuren hinterlassen. Ein erstes Video soll beispielsweise kurz vor der Massenpanik entstanden sein.
Im Bezug auf das mittlerweile gelöschte Twitter-Foto fragt sich der Sevenload-Gründer Ibrahim Evsan: „Verstehe nicht, wie die Leute hier auf den ‚Gefällt mir’ Button drücken #LoveParade #Tunnel - tweetphoto.com/34645289“.
Update (25.07, 04:26 Uhr):
Wie schnell sich Nachrichten mittlerweile im Social Web verbreiten können und wie rasch eine Information eine massive Reichweite aufbauen kann, zeigt gerade der Branchendienst DWDL. Um 17.08 Uhr (Samstag) postete Chefredakteur Thomas Lückerath ein Twitpic des „Klotsche“-Kommentars. Bis 4:20 Uhr am folgenden Morgen hatten fast 54.000 Nutzer das Bild angesehen.
ax/ga Meedia
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