Ulm News, 02.04.2014 10:34
Frühlingsgefühle im Feuchtbiotop
Er ist wieder da, der Frühling. Die Tage werden länger und die Temperaturen steigen. Es ist Paarungszeit. Es raschelt im ufernahen Schilf und plätschert hier und plätschert dort. Das kleine Feuchtbiotop im Botanischen Garten der Universität Ulm gleich hinter dem Bauerngarten ist um diese Zeit eine wahre Fundgrube für Amphibienfreunde. Als Erste besiedeln Grasfrösche und Erdkröten den Teich, später erscheinen auch Teichfrösche, Kleine Wasserfrösche, Berg- und Teichmolche.
Im Uniteich haben derzeit die Grasfrösche und Erdkröten nur Eines im Kopf: sich fortzupflanzen. Das führt im verzweifelten Kampf um Weibchen zu recht bizarren Szenen. „Die überzähligen Männchen stürzen sich auf alles, was von Größe und Form her passt. Auf andere unverpaarte Männchen, auf freie sowie „verpaarte“ Weibchen und auch auf die weiblichen Exemplare anderer Arten“, erklärt Dr. Karl Heinz Müller. Der promovierte Ökologe und Zoologe leitet an der Universität Ulm die Abteilung Forschung und Technologietransfer.
Die Grasfrösche (Rana temporaria) und Erdkröten (Bufo bufo) sind im Frühjahr die ersten im Laichgewässer. Besonders die stillen Gewässer in Waldesnähe oder in halboffenen Parklandschaften sind bei ihnen sehr beliebt. Beide Arten, sowohl die meist braun gefleckten, glatthäutigen Grasfrösche mit ihrem typischen hellen Bauch als auch die braunen Erdkröten, gut erkennbar an ihrer warzigen Haut und den Ohrdrüsen, legen auf dem Weg von ihren Winterquartieren zum Laichgewässer bis zu mehrere Kilometer zurück. Viele treffen bereits während den nächtlichen Wanderungen auf ihren Paarungspartner. „Und damit man sich nicht aus den Augen verliert, steigt das kleinere Männchen auf den Rücken des größeren Weibchens, klammert sich fest und lässt sich Huckepack zum Laichgewässer tragen“, so Müller. In dieser typischen Umklammerung, dem so genannten Amplexus, erfolgt später auch die Eiablage und die Besamung der Eier. In den Gewässern finden sich meist mehr Männchen als Weibchen ein, sodass ein Kampf um jedes Weibchen entbrennt. „Männchen im Amplexus können sich meist gut behaupten. Die Umklammerung ist so fest, dass sie auch den Angriffen der Konkurrenz im Wasser standhalten kann“, erläutert der Biologe. Mitunter klumpen sich so viele paarungswillige Junggesellen um ein Weibchen, dass dieses zu lange unter Wasser gedrückt wird und dabei ertrinkt.
Doch nicht jedes Männchen findet ein freies Weibchen. Versucht ein Krötenmännchen ein anderes Männchen zu begatten und steigt diesem auf den Rücken, gibt es lauthals Protest, um den lästigen Besteiger loszuwerden. „Viele können sich gar nicht vorstellen, wie viel Betrieb während der Paarungszeit in den Laichgewässern herrscht“, meint der gebürtige Ulmer. So bleibt auch der ein oder andere Besucher des botanischen Gartens überrascht von diesem Spektakel am Ufer des Teiches stehen. „Eigentlich sind ja auch Erdkröten und Grasfrösche dämmerungsaktiv, wenn man dieses Schauspiel an einem lauen Frühlingsnachmittag beobachtet hat, kann sich ungefähr vorstellen, was da am Abend los ist“, so Müller weiter.
Wenn sich die Paarstreitigkeiten gelegt haben und Ruhe eingekehrt ist im Gewässer, kommt es nachts zur Eiablage. Das Kröten-Weibchen laicht jede Menge Eier ab und der Kröterich, der dabei seine Kröte noch immer im Amplexus festhält, gibt sein Sperma hinzu. „Typisch für die Erdkröten sind die Schnürsenkel-dicken Laichschnüre, die sie oft um Pflanzenstängel winden“ erläutert Müller. Die Eiablage der Grasfrösche erfolgt ähnlich. Sie legen aber ihren Laich in Form großer Laichballen ab. Die abgelegten und befruchteten Eischnüre und -ballen quellen im Wasser auf und sind von der Wasseroberfläche aus gut sichtbar. Nun beginnt die Entwicklung der Kaulquappen. Die Elterntiere beider Arten ziehen sich anschließend wieder in ihre weit vom Teich entfernten Sommerquartiere zurück, wo sie später auch überwintern. „Übrigens stehen die Amphibien unter Schutz, die Entnahme und Störung von Laich und das Fangen von Kaulquappen ist daher nicht gestattet“, weist der Biologe hin. „Denn die Lurche, wie die Amphibien umgangssprachlich genannt werden, gehören zu den am stärksten vom Aussterben bedrohten Tieren. Wir sind daher sehr glücklich, dass unsere Feuchtbiotope bei den Kröten und Fröschen so beliebt sind“, freut sich die Kustodin des Botanischen Gartens der Universität Ulm Monika Gschneidner.





Highlight
Weitere Topevents
Keine Gaudi: das Ulmer Münster wird auf ewig den höchsten Kirchturm der Welt haben – mit einem Zusatz
Auch wenn die Sagrada Familia von Architekt und Künstler Antonio Gaudi sich anschickt, das Prädikat...weiterlesen
Festliches am Blaubeurer Ring in Ulm: vier Jahre Baustelle und Umleitung beginnen mit Musik und Streetfood
In das Schicksal der langjährigen Bausstelle kann man mit Tristesse gehen - oder mit einem Fest. So...weiterlesen
Neue Erkenntnisse im rätselhaften Todesfall Rafael Blumenstock auf dem Ulmer Münsterplatz
Ein neuer True-Crime-Podcast in der ARD-Audiothek beschäftigt sich unter dem Titel "Der Schrei" mit...weiterlesen
Grausame Tat: zahlreiche Bäume in Weißenhorn malträtiert - Zeugenaufruf
Der Polizei wurde angezeigt, dass im Stadtwald bei Emershofen in den letzten Jahren und Monaten wiederholt...weiterlesen
20 Durchsuchungen gleichzeitig in der Region Ulm durch die Polizei
Nach umfangreichen Ermittlungen hat die Kriminalpolizei am Mittwochmorgen 20 Wohnungen und Häuser...weiterlesen
Jetzt kommt wohl doch das grundlegende Beben bei den Spatzen nach der deftige 0:5-Heimniederlage
Der SSV Ulm befindet sich nach der 0:5-Heimniederlage gegen Hansa Rostock in einer handfesten Krise und...weiterlesen
Frau mit Schwert sorgt in Senden für Polizeieinsatz
Am Samstag kam es kurz vor ein Uhr mittags zu einem Großeinsatz der Polizei in Senden. Passanten hatten...weiterlesen
Sexuelle Belästigung im Café
In der Nacht von Samstag auf Sonntag kam es in einem Café in der Weißenhorner Innenstadt zu einer...weiterlesen









