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Ulm News, 09.11.2012 19:00

9. November 2012 von Thomas Kießling
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Professor Paul Kirchhof: Stabilität und Rechtssicherheit wären bei der Steuergesetzgebung nämlich schon wichtig


Wenn´s einer klar erkennt, offen sagt, dabei jeder für seine Vorschläge ist, warum setzt sie dann niemand um? Das fragten die Besucher im vollbesetzten Ludwig-Erhard-Saal in der IHK Ulm beim Regional Forum Wirtschaft. Zu Gast war Deutschlands bekanntester Staats-, Steuer- und Finanzjurist, Prof. Paul Kirchhof aus Heidelberg, der von 1987 bis 1999 auch Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war.

Wenn´s einer klar erkennt, offen sagt, dabei jeder für seine Vorschläge ist, warum setzt sie dann niemand um? Das fragten die Besucher im vollbesetzten Ludwig-Erhard-Saal in der IHK Ulm beim Regional Forum Wirtschaft. Zu Gast war Deutschlands bekanntester Staats-, Steuer- und Finanzjurist, Prof. Paul Kirchhof aus Heidelberg, der von 1987 bis 1999 auch Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war. „Mit den Vorschlägen von dem Professor aus Heidelberg da“, hatte ihn einst der damalige Bundeskanzler Schröder im Wahlkampf 2005 an den Rand gedrängt, doch was Professor Paul Kirchhof beständig zu Reformen des Steuer- und Finanzsystems sagt, klingt mehr als plausibel für die Besucher des Regional Forums Wirtschaft, einer grenzüberschreitenden Gemeinschaftsinitiative des Clubs der Industrie Ulm/Neu-Ulm, der Handwerkskammer Ulm, der IHK-Regionalversammlung Neu-Ulm, der IHK Ulm und Südwestmetall Ulm. „Es gibt 33.000 Paragraphen in der deutschen Steuergesetzgebung, Tendenz steigend und noch unübersichtlicher, als Unternehmer befinden Sie sich immer am Rande der Illegalität“, referierte Paul Kirchhof wortgewandt und bewusst süffisant, „wer alle Paragraphen kennen und danach handeln würde, wäre übermenschlich.“ Gemurmel im Saal. „Ich plädiere für 146 Paragraphen, und der Staat würde dabei genauso hohe Steuereinnahmen erhalten wie bislang“, fügt Kirchhof hinzu. „Stabilität und Rechtssicherheit wären bei der Steuergesetzgebung nämlich schon wichtig.“ Der Beifall ist ihm sicher. Das ist die Crux, derzeit nimmt der deutsche Staat über 600 Milliarden Euro an Steuern pro Jahr ein – ein Rekord - und es reicht immer noch nicht. Bund, Länder und Gemeinden gehen immer noch in die Neuverschuldung. „Nach EU-Richtlinien dürften wir das gar nicht, denn mittlerweile sind wir bei einer Staatsverschuldung von 82 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP), erlaubt wären nur 60 Prozent, unterm Strich sind das rund 2 Billionen Euro Schulden, umgerechnet 25.000 Euro für jeden Deutschen“, erläutert der gebürtige Osnabrücker, der seine Schulzeit in Karlsruhe verlebt hat. Sein Vater war dort Richter am Bundesgerichtshof. Gebeugtes Recht, verletztes Recht? Für die Europäische Union und für die EU-Währungsunion beschreibt Kirchhof die katastrophalen Folgen. „Neben der Staats- und Finanzkrise in Südeuropa versündigen wir uns an den nachfolgenden Generationen – beides geht schlichtweg nicht“, unterstreicht der 69-jährige Kirchhof. Wie sieht die Abhilfe aus? „Jeden Euro an gemachten Schulden muss der Staat sofort einsparen, indem er ihn an anderer Stelle weniger ausgibt“, sagt der Professor den anwesenden Unternehmern aus Handwerk und Industrie, „in ihren Betrieben können Sie auch nicht anders wirtschaften, sonst geht es in die Insolvenz.“ Weiterer Vorschlag: Alle Arbeitnehmer werden durchgängig mit 25 Prozent besteuert. Kirchhof sagt, das gelte für den Chef-Arzt genauso wie für die Krankenschwester. Für diesen Entwurf war Kirchhof vor ein paar Jahren vom Boulevard scharf kritisiert worden. „Das heißt nichts anderes, dass der Chef-Arzt bei einer Million Euro Jahreseinkommen 250.000 Euro an Steuern zahlt, die Krankenschwester bei 20.000 Euro mit einem gewissen Freibetrag 1.200 Euro – wo liegt da die Ungerechtigkeit, wenn man bedenkt, dass schon derzeit 10 Prozent der Gutverdiener 52 Prozent der Steuern einbringen?“ fragt Kirchhof. Und er traut sich zu, dass viele dem Chefarzt sogar zwei Millionen Euro an Einkommen wünschen würden, denn dann bekäme die Gemeinschaft 500.000 Euro an Steuern. Schon in seinen Eröffnungsworten hatte Thilo Butzbach, Vizepräsident der IHK Schwaben und Vorstand des Clubs der Industrie Ulm/Neu-Ulm, darauf hingewiesen, dass sich Deutschland bedrohlich verschuldet habe. „Wir gehen in dieselbe Richtung wie die südeuropäischen Staaten, wir sind nur noch nicht soweit“, mahnte er. Einen versöhnlichen Ausblick, den Kirchhof in einer angeregten Diskussion unter Leitung von IHK Ulm-Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle, setzte: „Sehe ich die jungen Menschen in den Jobs, wie sie arbeiten, sehe ich meine 400 Studenten, die bei mir in der Staatsrechts-Vorlesung an der Uni Heidelberg sitzen, die sind alle leistungsbereit und wollen etwas bewegen, das macht große Hoffnung“, sagt Paul Kirchhof. Er, wie Anton Gindele in seinem Schlusswort zur Veranstaltung, verwiesen darauf, dass kommendes Jahr Wahlen seien. Da dürfe jeder Kandidat gefragt werden, wie er seine Versprechungen finanzieren wolle. „Ohne plausible Gegenrechnung wird es nicht mehr lange gutgehen“, prophezeit Kirchhof.



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