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Ulm News, 28.05.2025 15:30

28. May 2025 von Thomas Kießling
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Mordende Männerhasserin oder versuchte Serienmörderin


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Lizenz: © copyright

Fotograf: Thomas Heckmann

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Mord wirft die Staatsanwaltschaft der 26-jährigen Anna-Maria W. vor. Die junge Frau hat gestanden, im Oktober vergangenen Jahres einen 46-jährigen Mann in Göppingen getötet zu haben. Unklar bleibt das Tatmotiv, denn mal gibt sie an Männer zu hassen und ein anderes Mal wollte sie als Serienmörderin berühmt werden.

Ein erschüttender Bericht zum Prozessauftakt von unserem Reporter Thomas Heckmann - mit der Vorsicht vor der Beschreibung von Gewalt und sexistischen Handlungen. 

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen startete heute (27. Mai 2025) der Prozess vor dem Ulmer Landgericht, alle Zuhörer mussten eine Sicherheitsschleuse passieren. Auch die Angeklagte wurde mit Hand- und Fußfesseln in den Saal geführt. In der Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft der jungen Frau vor, dass sie auf einer Internetplattform einen Mann zufällig ausgewählt hat, um ihn umzubringen. Dem arglosen Mann hat sie ihm Fetisch-Sex versprochen, dazu trafen sie sich in einer Göppinger Wohnung im ersten Stock eines Zweifamilienhauses.

Nach einer gemeinsamen Zigarette zog sich der Mann nackt aus und setzte sich auf einen Stuhl im Wohnzimmer. Wie vereinbart fesselte ihn die Frau mit einem mitgebrachten Seil an den Stuhl und setzte ihm eine Augenmaske auf. Während der Mann den Sex erwartete, ging Anna-Maria W. in die Küche, rauchte nochmals, nahm ein Küchenmesser, steckte sich ihre AirPods in die Ohren und schaltete die Musik ein. Im Wohnzimmer zog sie ein Seil um den Hals des ahnungslosen Mannes zu. Der Mann wehrte sich heftig, versuchte aufzustehen und kippte mitsamt dem Stuhl vornüber auf das Sofa. Die Angeklagte stach dann insgesamt 27-mal mit dem Küchenmesser zu. Das muss mit großer Gewalt geschehen sein, denn die Spurensicherer der Polizei fanden selbst an der Wohnzimmer-Decke Blutspritzer.

Anschließend versuchte sie ihre blutverschmierte Kleidung im Bad zu reinigen und Fingerabdrücke zu verwischen. Anschließend nahm sie das Smartphone des Opfers, eine Strickjacke, zehn Euro aus dem Geldbeutel des Opfers. Während der Mann im Todeskampf noch röchelte, machte sie mit ihrem Smartphone Fotos und Videos, bevor sie dann die Wohnung verließ und zur nächsten Bushaltestelle lief. Die Polizistin, die sie nach der Festnahme zwei Tage später befragt hat, sagte vor Gericht: „Sowas habe ich in meiner langjährigen Erfahrung noch nicht erlebt“. Vor Gericht machte die Frau keinerlei Angaben zu ihrer Person oder zur Tat, doch sie hatte sich im Januar umfangreich gegenüber einer psychiatrischen Sachverständigen. Da sie nach eigenen Angaben Männer hasst, bestand sie auf einer weiblichen Sachverständigen. Ihre Verteidigerin engagierte dazu die renommierte forensische Psychiaterin Dr. Nahlah Saimeh aus Düsseldorf. Neben ihrer forensischen Tätigkeit hat Saimeh mehrere Bücher geschrieben mit Titeln wie „Grausame Frauen: Schockierende Fälle“ oder „Jeder kann zum Mörder werden“.

Rund zwei Stunden dauerte der ausführliche Vortrag von Saimeh, der in der Kindheit der Angeklagten begann. Demnach wuchs sie mit einer spanischen Mutter und einem deutschen Vater auf. Als sich die Eltern trennten, wurde sie immer wieder hin und her geschoben. Die Schule verließ sie ohne Abschluss und auch eine angefangene Ausbildung brach sie schnell wieder ab. Immer wieder hatte sie Beziehungen, die aber nur selten länger als ein Jahr hielten. Dabei wurde sie zweimal Mutter, den Sohn und die Tochter gab sie zur Adoption frei. Geld zum Leben verdiente sie als Zustellerin und als Bedienung in einer Pizzeria. Schließlich arbeitete sie einige Wochen in einem Bordell als Prostituierte, um danach auch gelegentlich Geld durch Prostitution zu verdienen. Verhütet hat sie dabei nie. In dieser Zeit häufte sie 15 000 Euro Schulden an und versuchte sich mit Betrügereien, weswegen noch ein weiteres Strafverfahren gegen sie läuft.

Um dem Motiv für die Tötung des Mannes näher zu kommen, wurde sie auch zu ihren Erfahrungen mit Männern befragt. So berichtete sie von einer Vergewaltigung durch einen damaligen Partner, bei dem beide alkoholisiert waren.

Auch sprach sie von einem Klaps auf den Po in der Schule als 12-Jährige und von Prügel durch den Vater, doch Anzeige hatte sie nie erstattet. Damit begründete sie Männerhass. Doch dann schwenkte die Angeklagte plötzlich um und erzählte von ihrer Vorliebe für die Fernsehserie „Medical Detectives“. Sie hatte dann Fantasien entwickelt, zur Serienmörderin entwickelt. Serienmörder seien berühmt, doch es gibt so wenige Serienmörderinnen. Außerdem habe sie ja bisher sonst nichts in ihrem Leben erreicht oder zu Ende gebracht. „Es ging mir nicht um Gewalt, es ging mir nicht um das Triumphgefühl. Es ging nicht ums Quälen, ich wollte einfach töten“, bekannte die junge Frau.

Schwierig war dabei für sie, dass sie keine Stichwunden erzeugen wollte, da sie Blut eklig findet. Dazu recherchierte sie im Internet nach geeigneten anderen Tötungsmethoden. Ursprünglich wollte sie den Mann erwürgen. Zu ihren Empfindungen während der Tat sagte die Angeklagte: „Mitleid hatte ich auch nicht […] obwohl er ganz lieb war“ und dann erklärte sie der Sachverständigen „Die Tat lief ja nicht wie geplant.“ Im Vorfeld gab es offenbar eine spontane Planänderung. Anna-Maria W. war bereits am Vortag mit einem anderen Mann verabredet, sie wollte ursprünglich ihn töten. Der Mann entkam der Täterin nur, weil er wegen einer Corona-Erkrankung das Date kurzfristig absagen musste.

Das Gericht muss in sechs Verhandlungstagen, die bis Mitte Juli 2025 terminiert sind, herausfinden, ob es sich wirklich um Mord handelt. Dazu ist die Frage zu klären, ob es sich bei der Tat um Heimtücke oder niedere Beweggründe handelt. Oder möglicherweise um Hass auf Männer oder den Wunsch nach Aufmerksamkeit. Neben der lebenslangen Haft ist auch zu prüfen, ob die Frau möglicherweise in einem psychiatrischem Krankenhaus untergebracht werden muss.

Text/Fotos: Thomas Heckmann



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