Ulm News, 09.05.2025 10:15
Kriminalität steigt teilweise drastisch - Staatsanwaltschaft Ulm muss mehr Delikte schultern - darunter drei Tötungsdelikte
Die Ulmer Staatsanwaltschaft musste sich im vergangenen Jahr um über 45 000 Strafverfahren kümmern, ein neuer Höchststand nach etwas über 42 000 Verfahren im Jahr 2023. Rund 90 Prozent der Verfahren enden mit einer Geldstrafe. Damit stellt sich die Region Ulm gegen den Landestrend mit zurückgehenden Zahlen bei den Straftaten.
Unser Korrespondent Thomas Heckmann berichtet über die Hintergründe.
Ein Fünftel davon sind Verkehrsstraftaten, doch auch knapp 3 000 Mal ging es um Körperverletzung und fast 4 000 Mal um Diebstahl oder Unterschlagung. „Die Zahlen sind durch die Decke gegangen“ fasste das der Leitende Oberstaatsanwalt Christof Lehr zusammen. Diese Entwicklung erfülle ihn mit Sorge. Doch es gibt auch erfreuliche Zahlen. Durch die neuen Cannabisgesetze gingen die Betäubungsmitteldelikte um ein Viertel zurück.
Es gab drei Tötungsdelikte, eines im März am Ulmer Eselsberg durch einen psychisch kranken Mann. Außerdem einen Überfall auf eine Bar in Göppingen mit einer Maschinenpistole, diese Tat steht wohl in Zusammenhang mit einem Bandenkrieg im Großraum Stuttgart.
Die dritte Tat ereignete sich ebenfalls im Bereich Göppingen, dabei soll eine Frau wegen ihres Hasses auf Männer einen Mann mit zahlreichen Messerstichen erstochen haben. Der Prozess gegen die Frau beginnt noch diesen Monat. Positiv merkte Lehr an, dass der Alb-Donau-Kreis weiterhin der sicherste Landkreis in ganz Baden-Württemberg ist und auch die Stadt Ulm im Durchschnitt der baden-württembergischen Großstädte liegt.
Herausragend ist ein aktuelles Verfahren, in dem zwei Serben vorgeworfen wird, mit 147 Kilogramm Kokain gehandelt zu haben. Sie sollen damit rund fünf Millionen Euro verdient haben. Insgesamt wird der Drogenmarkt von Kokain überschwemmt, nach der Wahrnehmung des Leitenden Oberstaatsanwalts wird Kokain „so eine Art Partydroge“.
Eine andere unerfreuliche Entwicklung ist zunehmende Bandenkriminalität, beispielsweise werden arbeitsteilig Ladendiebstähle durch nicht strafmündige Kinder begangen. Andere Bandenmitglieder kümmern sich dann um den Weiterverkauf, die Hintermänner bleiben im Dunkeln.
Auch bei den Schockanrufen bleiben die Fallzahlen sehr hoch und die Schadensummen sind beträchtlich, meist im fünfstelligen Bereich. Gerade ältere Menschen verlieren dabei oft ihre gesamte angesparte Altersvorsorge. Die Erste Staatsanwältin Ayfer Kaplan-Pirl sagte dazu ganz klar: „Es kommt niemals ein Staatsanwalt bei ihnen zuhause vorbei, um Wertsachen abzuholen!“ Sie riet dazu, am Besten einfach aufzulegen. Sollten Anrufe eingehen, dass beispielsweise ein naher Verwandter in Haft sitzt und Geld für eine Kaution benötigt, kann man einfach beim Verwandten zurückrufen, um festzustellen, ob die Geschichte stimmt. Anfang Dezember wurde an 276 Autos der Auspuff mit Bauschaum verstopft. Die Tatorte waren in Ulm, Neu-Ulm und im Alb-Donau-Kreis sowie in Berlin und Brandenburg. Bei Berlin fasste die Polizei vier Tatverdächtige die 17 bis 29 Jahre alt sind. Die Ulmer Staatsanwaltschaft führt das Verfahren zentral. Bei den Vernehmungen behauptete ein Beschuldigter, dass sie von einem russischstämmigen Serben im Auftrag eines russischen Geheimdienstes angeworben wurden, um die Bundestagswahl zu beeinflussen. Ihnen wurden pro Auspuff 100 Euro versprochen, doch bis zur Festnahme hatten sie nur wenige Tausend Euro erhalten.
Um Jugendliche nicht in eine kriminelle Karriere abrutschen zu lassen, gibt es in Ulm das „Haus des Jugendrechts“. Dort arbeiten Staatsanwaltschaft, Kriminalpolizei und die Jugendhilfe der Stadt Ulm Tür an Tür zusammen. Dort gibt es auch zweiwöchentlich eine kostenlose Rechtsberatung für Jugendliche durch Rechtsanwälte, die dann beispielsweise zu Handyverträgen beraten können. Christof Lehr war elf Jahre lang Leiter der Staatsanwaltschaft Ulm und geht Ende des Monats Mai mit 65 Jahren in Pension. Seine Nachfolge ist noch offen, auch die Position seines Stellvertreters ist noch vakant, Oberstaatsanwalt Peter Staudenmaier ging vor wenigen Wochen in Ruhestand.
Text/Fotos: Thomas Heckmann



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