Ulm News, 15.04.2025 09:45
Ein Mahnmal wider das Vergessen – vor dem Humboldt und Keppler wird erinnert an den hingerichteten Zwangsarbeiter François Joseph Weiss
Es sind nur noch wenige Tage bis zum Einmarsch der alliierten Truppen in Ulm und des Endes des 2. Weltkriegs, und dennoch wird ein französischer Zwangsarbeiter in Ulm aus nichtigen Gründen von der deutschen NS-Justiz zum Tode verurteilt und hingerichtet. Genau dort wurde nun ein Mahnmal für den Elsässer errichtet.
Es ist ein Gedenken an den wenige Tage vor Kriegsende im Alter von 25 Jahren hingerichteten französischen Zwangsarbeiter François Joseph Weiss. Vor den Ulmer Kepler- und Humboldt-Gymnasium wurde das Mahnmal an der Ecke Kepler-/Schaffnerstraße – vormals Charlottenplatz – errichtet.
Unter den RednerInnen war die Ulmer Kultur- und Sozialbürgermeisterin Iris Mann und der französische Generalkonsuls Gaël de Maisonneuve. Dem Gedenkakt wohnte der aus Mulhouse stammende Großneffe des Hingerichteten, Sébastien Hestin, als Vertreter der Familie bei. Sein Großvater war der Bruder von François Joseph Weiss. „In unserer Familie wurde nicht viel über die Geschichte gesprochen – viel zu wenig“, so Hestin, „deshalb bin ich sehr dankbar für die historische Aufarbeitung und meiner Einladung zur Einweihung des Mahnmals.“
François Joseph Weiss hinterließ in seiner Heimat seine Frau Juliette, damals 21) und zwei kleine Kinder – den 2-jährigen Sohn Jacques und die 15 Monate alte Tochter Gérara. Er hatte zusammen mit weiteren Zwangsarbeitern und einigen Deutschen von einem zerbombten Güterzug Waren – in seinem Fall ein paar Filzstiefel – stibitzt oder organisiert, wie man damals sagte, halt um durchzukommen durch die armselige und grausame Zeit. Weiss wurde aber von zwei übereifrigen Jugendlichen denunziert. Diese bezahlten dies nach Einmarsch der französischen Truppen offenbar selbst mit ihrem Leben (siehe unten „Rache für gelynchte Franzosen“).
Ebenfalls anwesend bei der Einweihung des Mahnmals war die Ulmerin Regina Kunze, eine der letzten noch lebenden Augenzeug*innen dieses tragischen Vorgangs, denn Weiss wurde eben an dem Ort, wo das Mahnmal errichtet worden ist, an einem Ahornbaum aufgeknöpft und hing laut Regina Kunze dort einen Tag lang. Sie legte an seinem Grab auf dem neuen Friedhof ein Bund Schneeglöckchen nieder. „Er hatte hier ja niemanden“, sagte sie betroffen.
Die Gestaltung des eigentlich sehr grazilen Mahnmals erfolgte nach einem Schüler*innen-Entwurf von Ecrin Nur Karakas und Mehmet Efe Serpin (Kepler Gymnasium Ulm). Den Gedenkakt der Einweihung begleiteten gemeinsam die Chöre von Kepler- und Humboldt-Gymnasium. Beim Gedenkakt gab der Historiker Dr. Andreas Lörcher einen Überblick über seine Forschungsergebnisse zu diesem NS-Verbrechen, die er 2013 in der Zeitschrift des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben veröffentlicht hat. Das nahe am authentischen Ort des Verbrechens platzierte Denkmal soll die Erinnerung an dieses NS-Verbrechen wachhalten und künftige Generationen zu Toleranz und Humanität, zur Wahrung unserer im Grundgesetz verankerten Grundrechte und zum Einstehen für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung anhalten. Die beiden Gymnasien wollen das Mahnmal künftig in ihren Geschichts- und Sozialkundeunterricht einbinden.
https://stadtarchiv.ulm.de/projekte
Unter anderen sind umfassende und weiterführende Artikel und Quellen vermerkt, unter anderem zu dem Richter, der damals das Todesurteil verhängte: Dr. Friedrich Grub konnte nach dem Krieg seine Karriere in der deutschen Justiz fortsetzen. Es steht dazu der Artikel: „Dr. Grub oder: Die Kontinuität in der Ulmer Justiz“ oder „Rache für gelynchte Franzosen“ – Zwei Söflinger Jugendliche am 27. April 1945 in einem Hinterhof getötet – Die Buben hatten einen Zwangsarbeiter denunziert, der Schuhe gestohlen hatte“
Und warum die Heilmeyersteige vor fünf Jahren in Eselsbergsteiger umbenannt wurde, nein: werden musste.
ulm-news meint
Nie wieder gilt es zu vergessen, welch Gräueltaten sich damals unter dem NS-Regime ereignet haben – welch Leid und Opfer Diktaturen und Kriege fordern. Wider das Vergessen geht weit über unsere Zeit hinaus – und ist derzeit doch so aktuell wie seit dem 2. Welt-Krieg nicht mehr.








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