Mesale Tolu aus Neu-Ulm drohen 15 Jahre Haft - Außenminster Gabriel: Türkei entfernt sich von Europa

 Die am 7. Juli geschriebene Anklageschrift gegen Mesale Tolu wurde vom Gericht  angenommen. Die Neu-Ulmerin soll gemeinsam mit weiteren 17 Personen, darunter mehrere Journalisten der Nachrichtenagentur ETHA, angeklagt werden, teilt der Ulmer Solidaritätskreis mit. Der Prozesstermin von Suat Corlu, Mesale Tolus Mann, ist  noch nicht bekannt. Suat Corlu ist seit dem 5. April im Gefängnis Silivri bei Istanbul.
Außenminister Sigmar Gabriel sagte am Montag bei seinem Besuch in Ulm, dass Deutschland die Gesprächskanäle mit der Regierung Erdogan offen halte und  gleichzeitig versucht werde, die Türkei mit wirtschaftlichem Druck zu einem Umdenken und anderen Umgang mit Journalisten und Oppositionellen zu bewegen. Grundsätzlich sei die Türkei unter Erdogan derzeit aber schwer zu erreichen, das heißt: Die türkische Regierung interessiert sich nicht sonderlich für die Hinweise und Bitten aus Deutschland. Gabriel sagte in seiner Rede auch, dass es auch eine Zeit nach Erdogan gebe und fast 50 Prozent der Türken gegen das Referendum gestimmt hätten, also gegen Erdogan seien. Diese Menschen in der Türkei müssten unterstützt werden. Allerdings machte der Außenminister auch keine Hoffnung, dass die derzeit neun in der Türkei inhaftierten Deutschen oder Deutsch-Türken, darunter die Journalisten Deniz Yüzel und Mesale Tolu in absehbarer Zeit wieder in Freiheit kommen.  
Die Türkei entferne sich leider immer mehr von Europo und den Werten Europas, sagte Sigmar Gabriel unter Beifall. "Nicht Europa entfernt sich von der Türkei, sondern die Türkei entfernt sich unter Erdogan immer weiter  von Europa."   
 Nach Informationen des Ulmer Solidaritätskreis wird ein Richter den Fall von Mesale Tolu am 22. August überprüfen und über das weitere Vorgehen entscheiden, beispielsweise darüber, ob die Deutsche vorübergehend auf freien Fuß gesetzt wird oder weiterhin in Haft bleibt.
 Die türkische Behörden werfen Mesale Tolu, „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und terroristische Propaganda“ vor. Begründet wird dies damit, dass Mesale Tolu an einer Trauerfeier eines kurdischen Kämpfers teilgenommen habe. Mesale Tolus Anwältin erklärt dies damit, dass die Neu-Ulmerin als Journalistin über das Begräbnis berichtet habe.
Den Vorwurf der Unterstützung oder Mitgliedschaft einer Terrorogranisation  müssen mittlerweile viele Journalisten, die sich nicht zensieren lassen, gefallen lassen. Auch die verhafteten HDP Co-Vorsitzenden, Abgeordnete, BürgermeisterInnen, AkademikerInnen, SchriftstellerInnen, ArbeiterInnen, GewerkschafterInnen, Arbeitslose etc. werden mit dem gleichen Vorwurf konfrontiert.
Mesale Tolu wurde am 30. April verhaftet, am 8. August ist sie dann 100 Tage in Haft. In dieser Zeit durfte sie nur drei Mal von einem Vertreter des deutsche  Konsulats besucht werden, zuletzt am 1. August. Mit der deutschen Staatsbürgerin ist auch ihr zweijähriger Sohn im Gefängnis.
Durch den seit dem 20. Juli 2016 andauernden Ausnahmezustand und die zahlreichen Dekrete wurden und werden massenhaft Menschen verhaftet, die als die Regierung Erdogan als Gegner eingestuft werden. Wer sich für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzt, kritische Worte sagt, seine Meinung über soziale Medien verbreitet oder kritische Berichte schreibt, ist gefä hrdet.  . Derzeit sind fa st 170 Journalisten, darunter auch die Deutsche Mesale Tolu und der deutsch-türkische Autor Deniz Yücel, inhaftiert. So viele, wie in keinem anderen Land der Erde.
Der Solidaritätskreis aus Ulm/Neu-Ulm  hat die wöchentlichen Aktionen wegen der Urlaubszeit für drei Wochen ausgesetzt und startet wieder am 25. August.