Ulm News, 23.09.2010 17:24
Berliner Rapper schlägt Chefredakteur K.o.
Eine Plattenkritik mit Folgen: Nachdem Chefredakteur Marcus Staiger auf dem Musik-Portal Rap.de das neue Album des Berliner "Künstlers" Blokkmonsta als "fast unhörbar" verrissen hatte, bekam er überraschenden Besuch. Blokkmonsta fühlte sich "öffentlich als Trottel" abgestempelt und stellte den Autor in der Redaktion zur Rede. Zuerst wurde nur gepöbelt, dann schlug der Rapper den Kritiker kurzerhand K.o. "Die Faust kam so schnell. Ich habe sie gar nicht kommen sehen", sagt Staiger.
Seit der Gangsta-Rap Anfang der 2000er Jahre mit der Aggro-Berlin-Welle um Sido, Bushido und Co. nach Deutschland schwappte bzw. populär wurde, gehören gelegentliche Schlägereien auch hierzulande zur Hip-Hop-Szene dazu. Neu ist allerdings, dass nun auch Chefredakteure wegen nicht wohlwollender CD-Besprechungen aufgemischt werden. Dass ausgerechnet Blokkmonsta handgreiflich wurde, verwundert nicht. Der 27-Jährige posiert gern vermummt mit schwarzen Ski-Mützen mit Sehschlitz. Auf Promotion-Fotos streckt er die geballten Fäuste der Kamera entgegen. Vorbestraft ist er auch, allerdings wegen Volksverhetzung.
Diese Sätze wurden Staiger zum Verhängnis: "Leider macht die immer noch nicht besser gewordene Holzhammerreimtechnik von Blokkmonsta das Werk fast unhörbar. [...] So richtig geil ist das alles nicht, aber ich musste dann doch öfter mal lachen. Ob diese Wirkung allerdings beabsichtigt ist, weiß ich nicht und anstrengend war das Durchhören übrigens auch." Das sind schon die bösesten Passagen aus Staigers damit eher unspektakulärer Kritik. Doch anscheinend reicht dies mittlerweile schon aus, um sich in Berliner Gangsta-Rap-Kreisen ein blaues Auge einzufangen.
Am Dienstag um 14.30 Uhr sollen plötzlich "fünf oder sechs Menschen" im Büro von Rap.de gestanden haben, um Marcus Staiger wegen der negativen Besprechung zur Rede zu stellen. "Vor dem Haus in Berlin Kreuzberg eskalierte die Situation allerdings, als die Rapper einen Mitarbeiter der Redaktion angriffen. Während des darauf entstandenen Handgemenges schlug eine der Personen den Chefredakteur von Rap.de nieder, worauf dieser kurzzeitig K.o. ging", heißt es in einer Stellungnahme der Musikplattform.
Kurz nach dem Vorfall prahlte der Rapper Blokkmonsta via Twitter: "Grade vom Rap.de Büro wiedergekommen,wo ich Marcus Staiger mit einem Schlag Knock Out geschlagen habe wegen seiner netten, falschen Review :)".
Anzeige erstatten will Staiger jedoch nicht, obwohl er in der Aktion einen Angriff auf die Pressefreiheit sieht.: "Ich denke, dass wir als freie Presse ein Recht darauf haben, Satire einzusetzen und über gewisse Dinge Witze zu machen. Damit muss jeder klar kommen, der sein Werk einer gewissen Öffentlichkeit zur Schau stellt". Juristische Konsequenzen wolle er der Tat jedoch nicht folgen lassen: "Natürlich werde ich wegen eines Faustschlags nicht zur Polizei gehen, aber mundtot lassen wir uns durch eine solche Aktion auch nicht machen."
In einer Stellungnahme seines Labels Hirntot Records hieß es dann am Mittwoch, dass den Rapper nicht der Verriss an sich provozierte, sondern dass es dem Rap.de-Chef seiner Meinung nach nur darum gegangen sei, ihn "als Idioten abzustempeln".
Blokkmonstas Erklärungsversuch: "Ich wollte ihm meinen Standpunkt klarmachen. Ich scheiss doch auf negative Kritik, das ist nicht das Problem, aber ich finde es behindert, wenn Staiger, der ansonsten cool zu mir ist, mich öffentlich als Trottel hinstellen will. Staiger wollte das irgendwie nicht einsehen." Inzwischen habe der Rapper allerdings mit dem Chefredakteur telefoniert, "und die Sache ist für ihn genauso erledigt wie für mich."
In der Stellungnahme bestätigt Blokkmonsta allerdings auch wieder jene unfreiwillige Komik, die ihm Staiger unterstellt hatte. "Negative Kritik ist doch kein Problem, aber gerade wenn man sich persönlich kennt, muss sie trotzdem mit dem nötigen Respekt verfasst sein", schreibt er. Es sei der Ton der Review, der ihn gestört habe. Dass Sta
iger mit seiner Kritik nicht ganz daneben liegt, zeigt die Lyrik des Rappers, auf die der Autor hinweist:
"Gibt's Probleme – gibt es Bang, scharfe Waffe Magazin / in den Körper, dann verbrenn Überreste mit Benzin";
"Wir werden nie was vergessen, wir werden Blut regnen lassen / wir werden Körper zersetzen, wir wolln, dass uns alle hassen";
"Du bist am Jammern wie ein Hund, doch selbst mein Hund hat dickre Eier / ich schick Freier für ein Dreier, Hose runter, dann geht’s weiter."
Respekt! Der Faustschlag war eigentlich unnötig. Staiger dürfte das Anhören dieser Reime schon genug Schmerzen bereitet haben. Jan Henne/MEEDIA
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