Ulm News, 23.12.2022 09:50
Ulmer Stadtführerin Gaby Fischer stellt Hut, Horn und Hellebarde in die Ecke
Gaby Fischer stellt ihre Hellebarde in die Ecke und hängt ihr Horn an den Haken. Die beliebte Ulmer Touristenführerin zeigte am Mittwoch ein letztes Mal im Rahmen einer Nachtwächterführung ihren Gästen das nächtliche Ulm und wichtige Stationen im Fischerviertel. Ein letzter Gang durch die Altstadt mit ein bisschen Wehmut.
Bei ihrer letzten offiziellen Nachtwächter-Führung spazierte die 59-Jährige mit einer speziellen Gruppe durch die Altstadt: Ihr folgten an diesem Abend Freunde und langjährige Begleiterinnen und Begleiter, die sie persönlich eingeladen hatte. So war der letzte Gang von Gaby Fischer mit ihren Gästen durch das nächtliche Ulm vom Gerberhaus über den Weinhof, die Krone, das Schiefe Haus und auf der Stadtmauer über den Saumarkt zurück zum Wilden Mann eine recht spaßige und vergnügliche Angelegenheit. Dies auch, weil die versierte Stadtführerin zu jedem Haus mit einer Anekdote aufwarten konnte oder die vermüllten Gassen des mittelalterlichen Ulm so drastisch erklärte, dass die Gäste es fast riechen konnten.
Geschickt und unterhaltsam informierte sie auch nebenbei über den Ursprung zahlreicher Redewendungen. So hatte sie zu gängigen Redewendungen wie „etwas auf dem Kerbholz haben“, “die bessere Hälfte“, "Schlitzohr", „tuten und blasen“ oder auch „in den Seilen hängen“ stets eine witzige Geschichte parat.
Die letzte Nachtwächter-Führung unter Freunden endete in geselliger Runde bei Bier und Wein im „Wilden Mann“, wo die Stadtführerin, die in Spitzenzeiten bis zu sechs Nachtführungen pro Woche leitete, lachend die eine oder andere lustige oder leidvolle Geschichte zu den zahlreichen Führungen in den letzten 21 Jahren zum Besten gab. So berichtete sie schmunzelnd, dass sie vor einigen Jahren einem Gast aus Biberach, ausgerechnet einem Stadtführer von der Riss, mit ihrer Hellebarde einen Schmiss im Gesicht zugefügt hat oder - weniger erbaulich - von männlichen Gruppen, die schon angetrunken zur Führung kamen. Spätestens dann war es auch mit der Wehmut bei der 59-Jährigen vorbei.
Ab jetzt soll ihr Alltag etwas ruhiger werden, begehrt sind ihre Dienste dennoch. Denn reden, manchmal auch schwätzen, kann Gaby Fischer nach wie vor ausgezeichnet. Daher ist sie als Trauerrednerin gefragt und wird auch für Reden bei Hochzeiten gebucht. Wo sie eher ruhig bleibt, ist im Wald. Dort führt sie kleine Gruppen zum „Waldbaden“. Im weichen Moos zu liegen, den Wald zu riechen und zu hören und dazu vielleicht die eine oder andere Yoga-Übung zu machen, begeistere immer mehr Leute, berichtete Gaby Fischer nach ihrem letzten Rundgang. Bei diesen neuen Aufgaben und Angeboten ihrer „Rederei Fischer“ gehe es mehr in die Tiefe. Sie könne sie die Menschen, mit denen sie zu tun hat, noch besser kennenlernen.
Ohne Termindruck der Nachtführungen will sie das alles ausbauen und selbst etwas mehr zur Ruhe kommen. Ihre Hellebarde stellt sie nun in die Ecke, auch will sie nicht mehr ins Horn blasen und zu jeder halben Stunde tuten. Ab jetzt bleibt sie abends manchmal auf dem Sofa sitzen und führt ihre Gäste vermehrt in den ruhigen Wald. Doch auch Gaby Fischer geht nicht ganz. Ab und zu es schon sein, dass sie auch künftig Gäste durch Ulm führt. Dann aber ganz privat.
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